TIROLER TAGESZEITUNG: Leitartikel vom 3. April 2018 von Peter Nindler – Weltmeister?

Wien (OTS) – Drei Weltmeisterschaften sind auch für ein Sportland wie Tirol zu viel. Gleichzeitig werden im Trubel dieser Events die tatsächlichen Probleme des Tiroler Sports überdeckt. Und da geht es wie bei den Titelkämpfen nur um das Eine: ums Geld.

Tirol ist ein Sportland. So hat es die schwarz-grüne Landesregierung erneut in ihrem Koalitionsprogramm festgelegt. Ein sportlicher Ansatz, der in der Breite auch gelebt wird. Doch ein Blick hinter die Fassaden eröffnet so etwas wie Problemzonen. Aber es hat sich nicht zu viel Speck angesammelt, im Gegenteil. Für die großen sportlichen Ziele fehlt schlichtweg der Zaster. Und vielleicht überfordert sich das Sportland mit drei Weltmeisterschaften in sechs Monaten, für die immerhin 32 Millionen Euro aufgebracht werden müssen? Wobei die Kletter-WM mit 2,3 Mio. Euro sicherlich das finanzielle Leichtgewicht unter den drei Titelkämpfen ist.
Letztlich kreisen die Veranstalter, wie es lokale Vereine ebenfalls tun, stets um dieselben Sponsoren, die Großen werden allerdings immer seltener. Außerdem ist eine Rad-WM keine Fußball-Weltmeisterschaft, die Nordische WM kein Formel-1-Rennen. Ohne die öffentliche Hand geht gar nichts mehr, trotzdem muss sie zum Schluss oft wieder die Lücken füllen. Weil erhoffte Geldgeber ausfallen. So gesehen überdribbelt sich Tirol wohl mit den drei Top-Events. Denn bei der Rad-WM steht der Sport derzeit im Abseits. Hauptsächlich wird über Finanzen oder ein mögliches Verkehrschaos geredet, weil offensichtlich Geld für die Bewerbung und die Information vor Ort fehlt.
Großveranstaltungen sollten vor allem nachhaltig wirken, bestes Negativbeispiel ist die Fußball-EURO 2008. Der Tiroler Fußball kommt nicht aus dem Jammertal heraus, zuletzt kritisierte der Obmann von Wacker Innsbruck, Gerhard Stocker, die fehlende Infrastruktur. Aus seiner Sicht muss Tirol nur eine Frage beantworten: Wollen wir Profifußball direkt vor unserer Haustüre oder nicht? Was er verschweigt: Es ist ein öffentlich bzw. über öffentliche Unternehmen finanzierter Sport. Trotz guter wirtschaftlicher Zahlen und Vorzeigebetrieben: Spitzen- oder Profi­sport ist ohne (in-)direkte Millionen vom Land nicht möglich. Auch die kleinen (Amateur-)Vereine benötigen jede öffentliche Unterstützung wie einen Bissen Brot. Deshalb sollte der Tiroler Sport nicht immer um den heißen Brei herumreden. Aus, basta.
Veranstaltungen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass nicht nur die Politik die wahren Herausforderungen im Sport umschifft, sondern die Sportfunktionäre in den drei Dachverbändern – Warum benötigt es eigentlich drei? – sich ebenfalls darüber hinwegturnen. Tirol ist ein Sportland. Also weg von den Überschriften, von zu vielen Weltmeisterschaften, und hin zu einem klar strukturierten und finanzierten Sport- und Entwicklungskonzept.

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