Bundesrat legt kein Veto gegen Indexierung der Familienbeihilfe ein

Novellen zum Familienlastenausgleichsgesetz passieren Länderkammer

Wien (PK) – Die Indexierung der Familienbeihilfe ist endgültig auf
Schiene. Der Bundesrat legte in seiner heutigen Sitzung keinen
Einspruch gegen die vom Nationalrat beschlossene Novellierung des
Familienlastenausgleichsgesetzes (FLAG) ein. Damit ist fix, dass
sowohl die Familienbeihilfe als auch der Kinderabsetzbetrag ab Anfang
2019 an das Preisniveau des Landes angepasst werden, in dem die
Kinder leben. Vor allem Beschäftigte aus ost- und südosteuropäischen
EU-Ländern müssen mit Leistungskürzungen rechnen. Auch eine zweite
FLAG-Novelle hat die Länderkammer passiert: Sie stellt sicher, dass
erheblich behinderte Menschen, die einen eigenen Haushalt führen,
weiterhin erhöhte Familienbeihilfe erhalten.

Während sich ÖVP und FPÖ von der Indexierung der Familienbeihilfe
mehr Fairness erwarten, ist die Opposition skeptisch. Sie hält die
Gesetzesnovelle nicht nur für EU-rechtswidrig, sondern fürchtet auch,
dass weniger ausländische Pflegekräfte nach Österreich kommen werden,
wie etwa die steirische SPÖ-Bundesrätin Elisabeth Grossmann und der
oberösterreichische Bundesrat David Stögmüller von den Grünen
erklärten. Ein Drittel der 24-Stunden-Betreuerinnen habe Kinder und
werde künftig mit weniger Geld nach Hause gehen, gab Stögmüller zu
bedenken. Er warf den Koalitionsparteien vor, populistische Politik
auf dem Rücken von Menschen zu machen, die sich nicht wehren können.
Von der Kürzung der Familienbeihilfe werden ihm zufolge vor allem
Beschäftigte im Niedriglohnsektor betroffen sein, zudem rechnet er
mit weitaus geringeren Einsparungen als erwartet sowie einem hohen
Verwaltungsaufwand.

Auch SPÖ-Bundesrätin Grossmann machte geltend, dass die Menschen, die
aufgrund des dringenden Bedarfs nach Österreich geholt werden, etwa
Handwerker, Pflegekräfte und IT-Fachkräfte, wertvolle Arbeit leisten.
Die Regierungsparteien würden den Neidkomplex schüren, um politisches
Kleingeld zu wechseln, kritisierte sie. Zudem treibe die Regierung
Österreich sehenden Auges in ein EU-Vertragsverletzungsverfahren. Das
Gesetz zeige, wie antieuropäisch die Regierung handle, hielt
Stögmüller dazu fest.

Laut Familienministerium werden von der Indexierung der
Familienbeihilfe rund 132.000 Kinder betroffen sein. Das bringe
Einsparungen von mehr als 100 Mio. €, die für andere
Familienleistungen in Österreich zur Verfügung stehen werden, hob
demgegenüber Bundesrätin Elisabeth Mattersberger (ÖVP/T) hervor. Da
die Lebenshaltungskosten in den EU-Ländern sehr unterschiedlich sind,
ist für sie eine Indexierung nur „fair und gerecht“. Das sehen auch
die niederösterreichische ÖVP-Bundesrätin Sandra Kern, die Salzburger
FPÖ-Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser und der Wiener FPÖ-Bundesrat
Georg Schuster so. Durch die Indexierung vermeide man eine
Benachteiligung österreichischer Kinder, sagte Steiner-Wieser.
Niemand verstehe, dass mittlerweile bereits 250 Mio. €
Familienbeihilfe exportiert würden, ergänzte Schuster. „Da läuft
etwas falsch.“

Einem EU-Vertragsverletzungsverfahren sehen die Koalitionsparteien
gelassen entgegen. Es gebe gute Argumente dafür, dass die Indexierung
der Familienbeihilfe EU-konform sei, bekräftigte Mattersberger.
Schließlich werde die Leistungshöhe nicht von der Staatsangehörigkeit
sondern vom Wohnort abhängen. Zudem sei die Familienbeihilfe kein
Lohnbestandteil, sondern eine spezifische Sozialleistung. Auch einen
Pflegenotstand erwartet Mattersberger nicht, seien doch fast drei
Viertel aller ausländischen Pflegerinnen in Österreich über 50.
Schuster sprach in diesem Zusammenhang von einem durchschaubaren
Ablenkungsmanöver der Opposition. Von ÖVP-Bundesrätin Kern gab es
außerdem ausdrückliches Lob für die Regierung, heikle Themen nicht
nur anzusprechen, sondern auch anzupacken.

Verteidigt wurde die Indexierung der Familienbeihilfe auch von
Familienministerin Juliane Bogner-Strauß. Trotz der vorgesehenen
Kürzungen sei die von Österreich gezahlte Familienbeihilfe immer noch
viel höher als jene in den Heimatländern der Beschäftigten, betonte
sie. Allgemein stolz ist die Ministerin darauf, dass Österreich 10%
des Bundesbudgets für Familien ausgibt, sie hält die Leistungen für
sehr treffsicher.

Erhöhte Familienbeihilfe: Politik reagiert auf Urteil des
Verwaltungsgerichtshofs

Anlass für die zweite vom Bundesrat gebilligte Novelle zum
Familienlastenausgleichsgesetz ist ein Urteil des
Verwaltungsgerichtshofs. Durch eine gesetzliche Präzisierung soll
verhindert werden, dass behinderte Menschen bzw. ihre Eltern bei
Vorliegen bestimmter Voraussetzungen den geltenden Anspruch auf
erhöhte Familienbeihilfe verlieren. Das betrifft etwa erheblich
behinderte Personen, die in einem eigenen Haushalt leben und
Mindestsicherung beziehen.

Die Politik habe auf „das unerwartete Urteil“ des
Verwaltungsgerichtshofs rasch reagiert, unterstrich die
oberösterreichische FPÖ-Bundesrätin Rosa Ecker. Familien mit
behinderten Kindern würden die erhöhte Familienbeihilfe dringend
benötigen. Auch Familienministerin Juliane Bogner-Strauß wies auf die
umgehende Gesetzeskorrektur im Sinne der Betroffenen hin. Der Status
quo werde beibehalten, kein Behinderter mit Eigenbezug werde künftig
weniger als bisher bekommen, versicherte sie.

Auch von Seiten der Opposition wurden die Bemühungen der
Regierungsparteien um eine rasche Gesetzesreparatur grundsätzlich
anerkannt. Stögmüller und die Wiener SPÖ-Bundesrätin Daniela
Gruber-Pruner kritisierten allerdings die späte Einbindung von
Behindertenorganisationen. Zudem äußerte Gruber-Pruner die
Befürchtung, dass die Gesetzesreparatur unzureichend ist, und wies
auf anhaltende Rechtsunsicherheit bei Behindertenorganisationen und
Betroffenen hin.

Die Bemerkung von Familienministerin Bogner-Strauß, wonach die SPÖ
diese Unsicherheit schüre, veranlasste den Wiener SPÖ-Bundesrat
Reinhardt Todt, seine ursprüngliche Unterschrift unter einen
gemeinsam mit den Koalitionsparteien eingebrachten
Entschließungsantrag zurückzuziehen. Die Familienministerin wird
darin aufgefordert, die Behindertenorganisationen in die Formulierung
des geplanten Erlasses zur reparierten Gesetzesbestimmung
einzubeziehen und per laufendem Monitoring genau zu beobachten, ob es
in Einzelfällen nicht doch zu Verschlechterungen komme. Todt verbat
sich ausdrücklich „Polemik von der Regierungsbank“ und meinte
überdies, dass das Monitoring wohl überflüssig sei, wenn ohnehin
„alles erledigt ist“, wie die Ministerin behaupte.

Als wichtig wurde das Monitoring hingegen von Stögmüller bewertet.
Der Entschließungsantrag wurde schließlich vom Bundesrat mehrheitlich
angenommen. (Fortsetzung Bundesrat) gs

———————————————————————

Pressedienst der Parlamentsdirektion
Parlamentskorrespondenz
Tel. +43 1 40110/2272
pressedienst@parlament.gv.at
http://www.parlament.gv.at
www.facebook.com/OeParl
www.twitter.com/oeparl

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender