Arbeitsklima Index Tourismus – Getrübte Stimmung unter Beschäftigten
vida-Tusch: „Jobs im Tourismus brauchen endlich gleiche Arbeitsbedingungen wie in anderen Branchen“
Wien (OTS/ÖGB) – Der Tourismus in Österreich ist eine beeindruckende
Erfolgsgeschichte. In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der
Touristen um über 40 Prozent auf 43 Millionen gewachsen, die Zahl der
Nächtigungen liegt mittlerweile jenseits der 144 Millionen, ein Plus
von über 20 Prozent gegenüber 2006. Während jährlich neue Rekorde
aufgestellt werden und die Branche jubelt, hält sich die Begeisterung
bei den Beschäftigten im Hotel- und Gastgewerbe in Grenzen.
Nach einem Zwischenhoch im vergangenen Jahr ist die
Jobzufriedenheit 2018 erneut gesunken. Innerhalb der Branche zeigt
sich, dass die Mitarbeiterzufriedenheit in der Hotellerie deutlich
höher als in der Gastronomie ist. Das belegen heute vorgelegte Daten
einer durchgeführten Sonderauswertung des Arbeitsklima Index,
präsentiert von Gewerkschaft vida, AK Wien und IFES. Teilgenommen an
der anschließenden Diskussion haben ÖHV-Präsidentin Michaela
Reitterer, Georg Michenthaler von IFES und Berend Tusch, Vorsitzender
des Fachbereichs Tourismus in der Gewerkschaft vida.
Stress und körperliche Belastungen
Verglichen mit anderen Branchen setzen den Beschäftigten im
Tourismus vor allem hohe körperliche Belastungen und Stress zu. In
beiden Kategorien sind die Werte wieder nach oben geklettert. „Dieser
Anstieg muss in allen Betrieben die Alarmglocken schrillen lassen. Es
bedeutet nämlich, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weit
über dem Limit arbeiten. Das geht auf Dauer einfach nicht“, so Tusch.
Die körperlich sehr anstrengende Arbeit braucht Ruhephasen und
Entspannung. „Kaum eine andere Branche als der Tourismus hat jetzt
bereits eine so hohe Zahl an gesundheitsschädlichen Beeinflussungen,
mit der per Gesetz verordneten Kürzung der Ruhezeiten bei geteilten
Diensten kommt noch eine weitere hinzu“, ist der Gewerkschafter
überzeugt.
Teils chronische Unterbesetzung
Als besonders herausfordernd empfinden die Beschäftigten im
Tourismus den Zeitstress. „Übersetzt heißt das nicht anderes, als
dass es viel zu wenig Personal gibt. Es hilft nichts, wenn sich die
Branche jedes Jahr über neue Rekorde freut, aber gleichzeitig die
Belastung für jeden einzelnen Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin
immer größer wird“, sagt der vida-Gewerkschafter. Es ist keine Frage,
„dass eine hohe Auslastung der Betriebe für das wirtschaftliche
Überleben notwendig ist. Nachhaltig führt das jedoch nur dann zum
Erfolg, wenn auch die Personaldecke entsprechend vorhanden ist“,
steht für den vida-Gewerkschafter fest. Werden betriebliche
Auslastung und die personelle Situation vor Ort nicht aufeinander
abgestimmt, resultiert das in unzufriedene Gäste und demotivierte
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
Gute Work-Life-Balance schaffen
Erstmals hat das IFES-Institut auch die „Vereinbarkeit von Beruf
und Familie im Tourismus“ erhoben. „Wie befürchtet, lassen sich Beruf
und Privatleben für viele schlecht unter einen Hut bringen. Fast ein
Drittel sagt, es geht sehr schlecht. In anderen Branchen sind es
deutlich weniger. Das Hotel- und Gastgewerbe ist nach wie vor eher
familienfeindlich“, folgert der vida-Gewerkschafter. Der Wert der
Unvereinbarkeit steigt bei jungen Menschen zwischen 15 bis 29 Jahren
noch einmal an. „Das ist die Zeit der Familiengründung oder
Familienplanung. Zeit, die man gerne unterwegs mit Freunden
verbringt. Hier entpuppt sich der Tourismus als große Belastung für
die Beschäftigten“, so Tusch. Der Arbeitsklima Index beweist, dass es
ein Gebot der Stunde ist, „dass wir die Work-Life-Balance endlich in
den Griff bekommen. Wenn nicht, braucht sich niemand wundern, wenn
der durchschnittliche Tourismusbeschäftigte der Branche den Rücken
zukehrt. Der Tourismus muss wieder ein Magnet für Beschäftigte
werden“, fordert Tusch.
Zufriedenheit sichert wirtschaftlichen Erfolg
Um mehr Menschen für die Branche zu begeistern bzw. in der Branche
zu halten, müssten die Arbeitsbedingungen „endlich spürbar besser
werden”, steht für den Gewerkschafter fest. „Wir brauchen Modelle für
Über-30-Jährige. Gelingt es nicht, die Schere zwischen Beruf und
Freizeitplanung auch im heimischen Tourismus zu schließen, bekommen
wir in Zukunft ein riesiges Problem. Es wird dann auch immer
schwieriger, Beschäftigte zu finden, die wir brauchen, um diese hohe
Wertschöpfung des Tourismus, die für unser Land und unser Budget so
wichtig ist, halten zu können.“ Auch die Regierung ist gefordert,
„endlich für und nicht gegen die Beschäftigten zu agieren. Was
derzeit passiert – Stichwort: das neue Arbeitszeitgesetz – ist aktive
Mitarbeiter-Abschreckungspolitik. Wir brauchen keine
Billigarbeitskräfte aus dem Ausland, sondern Bedingungen, die Branche
für heimische Arbeitskräfte und den Nachwuchs wieder interessant
machen“, so Tusch.
Abschließend bedankt sich Tusch bei der Arbeiterkammer
Oberösterreich und dem IFES Institut: „Seit über 20 Jahren liefert
die AK OÖ verlässliche Daten zur Befindlichkeit der Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer. Zum bereits 14. Mal gibt es eine Sonderauswertung
für den Bereich Tourismus. Mit diesem fundierten Stimmungsbild über
die Branche und den Arbeitsalltag wissen wir ganz genau, wo die
Beschäftigten der Schuh drückt, und die vorgelegten Daten untermauern
unsere Forderungen nach einer stetigen Verbesserung des
Kollektivvertrages.“
Fotos der Veranstaltung auf Anfrage.
Die gesamte Auswertung des AI Tourismus auch auf
[www.vida.at/tourismus] (http://www.vida.at/tourismus)
Gewerkschaft vida/Öffentlichkeitsarbeit
Mag. Peter Leinfellner
Tel.: 01 53444 79-267 bzw. 0650 36 36 399
E-Mail: peter.leinfellner@vida.at
Internet: www.vida.at
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