FH Campus Wien: Zukunftsgespräche über Empathie, Kooperation und Moral
Wien (OTS) – Empathie begünstige prosoziales Verhalten und
Kooperation, aber wir könnten auch ohne Empathie kooperieren, sagt
die Philosophin Monika Betzler von der Ludwig-Maximilians-Universität
München. Sie war am 15. November zu Gast an der FH Campus Wien und
sprach bei den Zukunftsgesprächen über die Fähigkeit zur Empathie im
Spannungsfeld zwischen Konflikt und Kooperation. Gemeinsam mit Sabine
Schweiger und Manuel Koschuch, beide FH Campus Wien, diskutierte sie
anschließend über den Wert von Empathie, den Einfluss und die
Auswirkungen neuer Technologien auf unsere Fähigkeit zur Empathie und
über die Grenzen von Empathie.
„Wir sollten unsere Fähigkeit zur Empathie kultivieren, aber auch
begrenzen. Dazu müssen wir verstehen lernen, inwiefern Empathie im
praktischen Alltag wertvoll ist“, empfiehlt Monika Betzler. Empathie
ist die mentale Fähigkeit, die Perspektive anderer einzunehmen und
ihre Erfahrungen aus ihrer Sicht nachzufühlen. Mit Moral habe das
nicht zwangsläufig etwas zu tun, sagte Betzler in ihrer Keynote,
denn: „Empathie ist eine Fähigkeit, die nicht notwenigerweise
moralisch sein muss!“ Man könne durchaus Empathie mit Gefühlen haben,
die keineswegs moralisch seien.
Zwtl.: Wertvolle Empathie
Es ist die Funktion von Empathie, eine Beziehung zwischen zwei
oder mehr Personen herzustellen. Sie ermöglicht insofern prosoziales
Verhalten und Kooperation, wir können allerdings auch ohne Empathie
kooperieren. „Kooperation kann bisweilen moralisch gefordert sein.
Wir kooperieren dann, ohne etwas dabei zu fühlen“, so die
Philosophin.
Empathie führt jedoch nicht immer zu wertvollen Beziehungen. „Sie
kann manipulativ eingesetzt oder nicht angemessen gefühlt werden, sie
kann ungenau sein oder gänzlich fehlen“, sagt Betzler. Empathie sei
daher nur in dem Maß wertvoll, in dem sie eine wertvolle Beziehung
zwischen den Beteiligten schaffe. Daher gebe es manchmal Gründe für
Empathie und manchmal Gründe, sie zu begrenzen.
Zwtl.: Empathie im praktischen Alltag
Empathie spiele in der Gesundheits- und Krankenpflege eine
zentrale Rolle, sagt Sabine Schweiger: „Bei uns stehen der Mensch und
die Beziehung zu Menschen im Mittelpunkt unseres Tuns. Je geringer in
einer pflegerischen Beziehung die Autonomie des oder der Betreuten
ist, umso wichtiger wird die Empathie“, so die Lehrgangsleiterin im
Department Angewandte Pflegewissenschaft an der FH Campus Wien. Und
wenn Empathie eine Definition von Nähe und Distanz ist, dann sei es
in einer erfüllten pflegerischen Beziehung ganz wichtig, auch die
Grenzen von Empathie zu erkennen, wahrzunehmen und zu reflektieren.
Alles andere würde zu einer psychischen Überforderung führen.
„Zweifelsohne spielt Empathie auch in der Technik eine wichtige
Rolle. Ich muss mich in der IT-Security durchaus in andere einfühlen
können. Entweder in den Hacker oder in den User – je nachdem, woran
ich gerade arbeite“, sagt Manuel Koschuch. Er lehrt und forscht im
Kompetenzzentrum für IT-Security an der FH Campus Wien.
Zwtl.: Technik und Empathie
Insgesamt empathieloser würde unsere Gesellschaft zwar (noch)
nicht, aber die fortschreitende Technologisierung und das dislozierte
Kommunizieren könnten sich auf unsere Fähigkeit zur Empathie
auswirken. Darin waren sich die Diskutant*innen einig. „Sofern der
technologische Fortschritt dazu führt, dass wir zunehmend mehr mit
Maschinen als mit Menschen zu tun haben, besteht zumindest eine
gewisse Gefahr, dass wir unsere Fähigkeit zur Empathie weniger
trainieren und deshalb auch weniger in der Lage sind, anderen
nachzufühlen“, ist Monika Betzler überzeugt. Dies würde zu einer
emotionalen Verarmung unseres Miteinanders führen und Konflikten Tür
und Tor öffnen.
Für Manuel Koschuch ermöglichen Technologien Verhaltensweisen, die in
persönlichen Beziehungen so nicht oder nur bedingt angewendet würden:
„Insofern wird Empathielosigkeit begünstigt, aber die Technik per se
macht nichts aus Menschen, was nicht in ihnen drinsteckt.“ Und Sabine
Schweiger sieht in der Technologisierung und im Einsatz von Maschinen
in der Gesundheits- und Krankenpflege immer nur eine Ergänzung,
niemals einen Ersatz für das menschliche Miteinander.
[Fotoalbum zur Veranstaltung
] (https://www.ots.at/redirect/flickr9)
Zwtl.: Zukunftsgespräche
Die Zukunftsgespräche sind eine Veranstaltungsreihe der FH Campus
Wien. Namhafte Forscher*innen und Expert*innen diskutieren zwei Mal
jährlich über aktuelle Themen und künftige Herausforderungen in
Gesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Die
Zukunftsgespräche, die immer im Mai und November stattfinden, stehen
jedes Jahr unter einem neuen thematischen Motto. Das Generalthema der
Zukunftsgespräche in 2018 hieß „Konflikt und Kooperation“. 2019
stehen die Zukunftsgespräche ganz im Zeichen von „Veränderung“.
[Nachberichte und Videos zu den Zukunftsgesprächen
] (https://www.ots.at/redirect/fh-campuswien7)
Zeitgenössische Kunst
Die FH Campus Wien präsentiert im Rahmen der Zukunftsgespräche
alljährlich auch eine Ausstellung zeitgenössischer Künstler*innen,
die sich in ihren Arbeiten mit dem jeweiligen Generalthema
auseinandergesetzt haben. In der aktuellen Ausstellung „Konflikt –
Konkurrenz – Kooperation“ sind die Werke von neun Künstler*innen aus
sieben Nationen zu sehen: Franz Braun (AT), Faika Ceren Çağlar (TUR),
Barbara Gwerder (CH), Miye Lee (KOR), Achim Schroeteler (DE),
Daniella Tuzzi (CH), Azadeh Vaziri (IRN), Andreas Weber (CH) und
Oksana Zmiyevska (UKR). Sie wurden in einem Open Call aus mehr als 40
Einreichungen von einer KuratorInnen-Jury ausgewählt. Die Ausstellung
läuft noch bis April 2019.
Zwtl.: FH Campus Wien
Mit mehr als 6.500 Studierenden ist die FH Campus Wien die größte
Fachhochschule Österreichs. In den Departments Angewandte
Pflegewissenschaft, Applied Life Sciences, Bauen und Gestalten,
Gesundheitswissenschaften, Public Sector, Soziales und Technik steht
ein Angebot von 61 Bachelor- und Masterstudiengängen sowie
Masterlehrgängen in berufsbegleitender und Vollzeit-Form zur Auswahl.
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