„Ich will zu meinen Eltern!“

Kinder zerrissen zwischen Familie, Fremdunterbringung und Föderalismus

Österreich (OTS) – Am Welttag der Kinderrechte fordern die
Österreichischen Kinderschutzzentren: Auch Kinder, die
fremduntergebracht sind, brauchen einen angemessenen und förderlichen
Kontakt zu ihren Eltern.

„Bei uns war es die letzten Monate wirklich schlimm. Ständig hat
es gekracht und wir hatten solche Angst, was als nächstes passiert.
Sie haben sich angeschrien, Türen geknallt und sie haben sich immer
öfter auch geschlagen. Bis wir es nicht mehr ausgehalten und es in
der Schule erzählt haben. Dann ging alles sehr schnell. Sie haben
gesagt, dass wir nicht zu Hause bleiben können und in einer
Wohngemeinschaft leben werden. Dabei wollten wir gar nicht weg von
daheim – wir wollten nur, dass es aufhört.“

Kinder haben das Recht auf Schutz vor jeder Form von Gewalt, auf
Schutz vor Misshandlung und Vernachlässigung

Ist der Schutz von Kindern/Jugendlichen in der Familie nicht
gewährleistet – sei es, weil sie direkter Gewalt ausgesetzt sind oder
gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen den Erwachsenen miterleben
müssen – so ist von Seiten der Kinder und Jugendhilfe eine
Gefährdungsabklärung zu machen und es sind Maßnahmen zu ihrem Schutz
zu setzen.

Derzeit gewährleistet ein einheitliches Bundes-Kinder und
Jugendhilfegesetz einen für alle Bundesländer einheitlichen Rahmen,
wie Gefährdungseinschätzungen abzulaufen haben. Bereits jetzt können
aber die gesetzten Maßnahmen aufgrund der Ländergesetze von
Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich sein und reichen
beispielsweise von Anti-Aggressionstrainings für die Eltern, über
Paarberatung, Familienintensivbetreuung, therapeutischen Angebote für
Eltern und Kindern bis zur Fremdunterbringung der Kinder.

Fremdunterbringung nach direkter oder indirekter Gewalt Gewalt
oder aus anderen Gründen schützt Kinder, ist aber gleichzeitig meist
eine große Belastung. Kinder/Jugendliche verlieren von einem Moment
auf den anderen wichtige Bezugspersonen und ihr vertrautes Umfeld.
Sie sind in Sicherheit, sehnen sich aber oft nach ihren Eltern und
ihrem Zuhause, beginnen diese zu idealisieren und bereuen es oft,
sich jemandem anvertraut zu haben.

„Plötzlich ging alles so schnell und nun leben wir in einer
Wohngemeinschaft mit anderen Kindern. Es ist ganz nett hier, aber ich
vermisse mein Zuhause und meine Mama. Hätte ich bloß nichts gesagt“.

Fremdunterbringung ist der letzte Ausweg, wenn andere Maßnahmen
nicht greifen oder eine unmittelbare Gefährdung für das Kind besteht.
MitarbeiterInnen in Wohngemeinschaften oder Pflegeeltern leisten
Enormes, um beziehungsverletzten Kindern/Jugendlichen ein sicheres
Zuhause zu geben. Trotzdem sind Kinder/Jugendliche oft zerrissen
zwischen ihrer Familie und der Fremdunterbringung. Sie fühlen sich,
als würden sie ihre Eltern verraten, wenn sie sich in der
Wohngemeinschaft oder Pflegefamilie wohl fühlen. Besonders schlimm
ist es für Kinder, wenn sie nicht wissen oder verstehen können, warum
sie von ihren Eltern weg mussten.

Die Österreichischen Kinderschutzzentren sehen einen großen Bedarf
an Unterstützungsangeboten für betroffene Kinder und auch für ihre
Herkunftsfamilien (Eltern, Geschwister). Insbesondere, wenn Kinder
wieder rückgeführt werden sollen, ist es notwendig, die Eltern zur
Mitarbeit zu gewinnen und mit ihnen intensiv daran zu arbeiten, wie
die Bedingungen für das Kind verbessert werden können.

Kindern/Jugendlichen hilft es, wenn zwischen ihren Familien und
den MitarbeiterInnen der Fremdunterbringungseinrichtung ein Klima der
gegenseitigen Wertschätzung und Transparenz herrscht, wenn es klare
Vereinbarungen gibt, Handlungsschritte nachvollziehbar sind und
Loyalitätskonflikte berücksichtigt werden. Das bedeutet auch, dass
Kinder/Jugendliche zusätzlich zu ihren Eltern und
BezugsbetreuerInnen/Pflegeeltern neutrale Ansprechpersonen brauchen,
denen sie sich anvertrauen können.

Kinderschutzzentren bieten österreichweit Kindern/Jugendlichen und
ihren Bezugspersonen Unterstützung und stellen in der Beratung einen
Raum zur Verfügung, wo Loyalitätskonflikte, widersprüchliche Gefühle,
Ängste, Bedürfnisse und Ambivalenzen Platz haben.

Die Österreichischen Kinderschutzzentren fordern anlässlich des
Welttages der Kinderrechte den Ausbau einheitlicher bundesweiter
Standards im Kinderschutz und mehr Ressourcen für die Elternarbeit
von fremduntergebrachten Kindern und Jugendlichen – zum Wohl der
Kinder.

DIE ÖSTERREICHISCHEN KINDERSCHUTZZENTREN
Bundesverband Österreichischer Kinderschutzzentren
Martina Wolf
martina.wolf@oe-kinderschutzzentren.at
0043 660 181 78 41
www.oe-kinderschutzzentren.at

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