Österreichische Banken profitieren von sehr gutem Umfeld, aber Risiken mehren sich

Präsentation des 36. Financial Stability Report der OeNB

Wien (OTS) – Im ersten Halbjahr 2018 haben die österreichischen
Banken weiterhin vom sehr guten wirtschaftlichen Umfeld profitiert,
das von einer starken Kreditnachfrage und der Auflösung von
Risikovorsorgen geprägt war. Das Wachstum der Kredite an private
Haushalte wurde weiterhin zu einem großen Teil von
Immobilienfinanzierungen getragen. Die internationalen
Rahmenbedingungen waren nach wie vor günstig, allerdings machten sich
vermehrt Unsicherheiten bemerkbar. In diesem Umfeld hat das
Finanzmarktstabilitätsgremium ein wichtiges makroprudenzielles Thema
adressiert und seine Erwartungshaltung zu nachhaltigen
Immobilienkreditvergabestandards konkretisiert.

Die ökonomischen Rahmenbedingungen der europäischen Finanzmärkte
gestalteten sich im zweiten Halbjahr 2018 angesichts einer –
wenngleich abgeschwächten – Fortsetzung des Wirtschaftsaufschwungs
günstig. Diesen standen vermehrte politische Unsicherheiten
gegenüber, insbesondere die anhaltende Verunsicherung über Italiens
fiskalpolitischen Kurs beeinflusste in den letzten Monaten die
europäischen Finanzmärkte. „Der daraus resultierende Anstieg der
italienischen Staatsanleihenrenditen übertrug sich aber nur in sehr
geringem Umfang auf andere Euroraumländer“, sagte Gouverneur Ewald
Nowotny anlässlich der Präsentation der 36. Ausgabe des Financial
Stability Report der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB).

Das jährliche Kreditwachstum österreichischer Banken an
nichtfinanzielle Unternehmen beschleunigte sich im September 2018 auf
6,2%. Diese Kreditdynamik reflektiert zum einen die Expansion der
Unternehmensinvestitionen, zum anderen wurde sie stark vom
Grundstücks- und Wohnungswesen getragen, auf das nahezu die Hälfte
der gesamten Kreditausweitung entfiel. Zudem bildeten Bankkredite
vielfach ein Substitut für andere Formen der
Fremdkapitalfinanzierung. Die gesamte Fremdkapitalaufnahme der
Unternehmen war in den vier Quartalen bis Mitte 2018 um ein Sechstel
niedriger als in den vier Quartalen davor. Das Kreditwachstum führte
daher nicht zu einer Ausweitung der Unternehmensverschuldung.

Der Anstieg der Bankkredite an private Haushalte erreichte im
September 2018 3,6% p. a. und wurde weiterhin zu einem großen Teil
von Immobilienfinanzierungen getragen. Die Anteile der
Fremdwährungskredite und der variabel verzinsten Kredite an den
Krediten an private Haushalte gingen weiter zurück, wenngleich beide
im europäischen Vergleich immer noch hoch sind. Die
Geldvermögensbildung der privaten Haushalte stieg im ersten Halbjahr
2018 um 22%. Weiterhin hatten die privaten Haushalte eine starke
Präferenz für hochliquide Bankeinlagen, während sie per saldo
Kapitalmarktinstrumente (Anleihen, Investmentfondsanteile, Aktien)
verkauften.

Aufgrund weiterer Verbesserungen der Kreditqualität im ersten
Halbjahr 2018 konnten die österreichischen Banken ihre Gewinne auf
EUR 3,6 Milliarden steigern, davon entfielen knapp die Hälfte auf
ihre Tochterbanken in CESEE. „Nachdem die gute Profitabilität auf
konjunkturbedingten Auflösungen von Risikovorsorgen beruht, sind die
Banken angehalten, ihre Kosteneffizienz zu verbessern, um ihre
Profitabilität auch für den Fall eines möglichen Abschwungs
nachhaltig zu sichern“, führte Vize-Gouverneur Andreas Ittner aus. Da
eine starke Kapitalisierung zentrale Voraussetzung für die
Finanzmarktstabilität ist, mahnte die Aufsicht bereits anlässlich der
Publikation der Stresstestergebnisse, dass die Großbanken bei der
Stärkung der Kapitalbasis nicht nachlassen sollen.

Die makroprudenzielle Aufsicht hat in den letzten Jahren, unter
anderem durch den Einsatz von Kapitalpuffern, zur Reduktion
systemischer Risiken beigetragen. Die systemischen Risiken aus der
Finanzierung von privaten Wohnimmobilien sind zwar begrenzt,
allerdings ist bei einzelnen Banken eine Tendenz zur Aufweichung von
Vergabestandards erkennbar. Im September hat sich das
Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) deshalb entschlossen, seine
Erwartungshaltung bezüglich nachhaltiger
Immobilienkreditvergabe¬standards zu konkretisieren und sich dabei an
den Empfehlungen der OeNB zu orientieren. Als nachhaltig erachtet das
FMSG ein Mindestmaß an Eigenmitteln der Kreditnehmer (Richtwert:
20%), eine Begrenzung des Schuldendienstes (Richtwert: nicht mehr als
30% bis 40% des Nettoeinkommens eines Haushalts), sowie
Kreditlaufzeiten, die nicht unverhältnismäßig lang ausfallen
(Laufzeiten über 35 Jahren nur in Ausnahmefällen).

Die Banken haben in den letzten Jahren vom kräftigen wirtschaftlichen
Aufschwung profitiert. Da sich jedoch nach der Hochkonjunkturphase
für die kommenden Jahre eine Wachstums-verlangsamung abzeichnet,
sollten sie ihre Risikotragfähigkeit weiter ausbauen und genügend
Handlungsspielraum für eine potenzielle Abkühlungsphase schaffen. Die
OeNB empfiehlt den Banken im Lichte der genannten Entwicklungen und
im Hinblick auf die Stärkung der Finanzmarktstabilität,

die Sicherung einer nachhaltigen Profitabilität durch weitere Effizienzsteigerungen, um eine weitere Erhöhung der Kapitalisierung sowie Investitionen in Informationstechnologie zu ermöglichen,ndie Orientierung an der Erwartungshaltung des Finanzmarktstabilitätsgremiums im Hinblick auf nachhaltige Kreditvergabestandards bei der Immobilienfinanzierung,neine weitere Reduktion der notleidenden Kredite, vor allem in CESEE sowiendie weitere Einhaltung der aufsichtlichen Mindeststandards zu Fremdwährungs- und Tilgungsträgerkrediten sowie des Nachhaltigkeitspakets.nDer halbjährlich in englischer Sprache erscheinende Financial
Stability Report der OeNB analysiert finanzmarktstabilitätsrelevante
Entwicklungen in Österreich und im internationalen Umfeld sowie
Spezialthemen im Zusammenhang mit der Finanzmarktstabilität.

Weitere Informationen dazu finden Sie unter:
http://www.oenb.at/Publikationen/Finanzmarkt/Finanzmarktstabilitaetsb
ericht.html

Oesterreichische Nationalbank
Dr. Christian Gutlederer
Pressesprecher
(+43-1) 404 20-6900
christian.gutlederer@oenb.at
www.oenb.at

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