Digitale Revolution in der Augenheilkunde: Künstliche Intelligenz und Big Data für noch bessere Diagnostik und Therapie
Advanced Retinal Therapy-Kongress „ART 2018“ am 1.12. in Wien
Wien (OTS) – „Genau vor einem Jahr haben wir hier darüber gesprochen,
dass es künftig möglich sein wird, mit einem automatischen, digitalen
Netzhaut-Screening und ohne Hilfe des Augenarztes Diabetes am Auge zu
diagnostizieren – zwölf Monate später sind wir an der MedUni Wien
mittendrin in dieser digitalen Revolution.“ Mit diesen Worten
eröffnete Ursula Schmidt-Erfurth, Leiterin der Universitätsklinik für
Augenheilkunde und Optometrie der MedUni Wien, die heutige
Pressekonferenz zum am 1. Dezember stattfindenden
ART-2018-Fachkongress zu neuen Entwicklungen in der
Netzhaut-Therapie. Eine der neuesten Errungenschaften ist das
automatische Diabetes-Screening, das an der MedUni Wien seit kurzem
eingesetzt wird.
„Die PatientInnen strömen zu uns in die Universitätsklinik, um
sich dieser Untersuchung der Netzhaut zu unterziehen, mit der man
diabetische Veränderungen innerhalb von wenigen Minuten und ohne
Eingriff erkennen kann“, berichtet Schmidt-Erfurth. Grundsätzlich
lassen sich alle Stadien der diabetischen Netzhauterkrankung mit
dieser Methode erkennen – dabei werden hochauflösend binnen Sekunden
digitale Netzhautbilder mit zwei Millionen Pixel aufgenommen und
analysiert – erkennen, aber Big Data macht noch mehr möglich: Weitere
50 andere Erkrankungen könne man heutzutage bereits auf diese Weise
diagnostizieren. Diabetes ist da erst der Anfang. Und die MedUni Wien
wirkt weltweit an führender Position bei dieser digitalen Revolution
mit.
An der Universitätsklinik für Innere Medizin II, in der Klinischen
Abteilung für Kardiologie unter der Leitung von Christian
Hengstenberg, wird etwa daran gearbeitet, mit Hilfe dieser digitalen
Netzhautanalyse in Zukunft auch kardiovaskuläre Erkrankungen
frühzeitig diagnostizieren zu können.
„Diese Artificial Intelligence-Medizin ist ‚super human‘, besser
als der Mensch“, betont Schmidt-Erfurth. „Die Algorithmen sind
genauer und schneller. Das, was hier analysiert wird, kann der
Experte mit freiem Auge nicht mehr erkennen.“ Und dennoch sei das
Bekenntnis zu Big Data und zu künstlicher Intelligenz kein Plädoyer
für eine Medizin ohne Arzt, wie es manche Experten bereits für eine
baldige Zukunft propagieren. „Was wir wollen, ist der Super-Arzt bzw.
die Super-Ärztin, der bzw. die mit Hilfe der gewonnenen
High-Tech-Erkenntnisse die richtigen, individuellen therapeutischen
Entscheidungen für den Betroffenen trifft, ganz im Sinn der
Präzisionsmedizin, und die PatientInnen nicht alleine lässt.“
Aber nicht nur bei der Diagnose von Erkrankungen bringen künstliche
Intelligenz und Big Data sowie virtuelle Realitäten bessere
Ergebnisse. „Wir operieren auch jetzt schon mit Unterstützung von
Artificial Intelligence digitalisiert. Dabei wird jene Stelle im
Auge, an der der Eingriff erfolgt, virtuell und präzise auf einen
Riesenbildschirm projiziert – und der Chirurg führt seine Operation
bei perfekter Sicht sozusagen ‚am Bildschirm‘ durch, während er
natürlich mit dem Skalpell am Menschen operiert.“
Zwtl.: Mit künstlicher Intelligenz zur personalisierten & präzisen
Therapie
„Deep-Learning ist eine neue Methode der künstlichen Intelligenz,
die 2012 zum ersten Mal einen Durchbruch in der automatischen
Bilderkennung geschafft hat. Schon seit 2013 entwickeln wir an der
Medizinischen Universität Wien KI-Methoden, die in wenigen Minuten
verschiedene Strukturen der Netzhaut aus einem dreidimensionalen Bild
extrahieren. Andere KI-Methoden analysieren die Veränderung dieser
Strukturen über die Zeit. Aus Kenntnis der Krankheitsverläufe
tausender PatientInnen lernen unsere KI-Methoden den Verlauf für
jeden neuen Patienten individuell vorherzusagen. In der Zukunft
werden solche Anwendungen von KI als Decision-Support-Systeme dienen,
die Augenärzten helfen können, für jeden Patienten eine
personalisierte Therapie zu planen“, erklärt Amir Sadeghipour von der
Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie der MedUni Wien
die technischen Möglichkeiten.
Martin Hülsmann, Kardiologe an der MedUni Wien bzw. im AKH Wien,
arbeitet seit vielen Jahren in klinischen Studien mit den
Netzhautexperten zusammen. Ihn interessiert, wie die Algorithmen
anhand von Gefäßveränderungen an der Netzhaut ohne jede invasive
Intervention eine genaue Beurteilung der Herz- und Kreislaufsituation
liefern können: „Hypertonus, Diabetes und sogar das Risiko, in
Zukunft einen Herz- oder Hirninfarkt zu erleiden, kann individuell
und präzise bestimmt werden. Damit bietet diese Technologie einen
wesentlichen Beitrag zur Diagnose von kardiovaskulären Erkrankungen
und das lange bevor das gefürchtete Ereignis überhaupt eintritt. Dies
ist die Sicherheit, die wir uns für Tausende von Patienten auch in
der täglichen Routine wünschen. Sie erlaubt personalisierte
Präzisionsmedizin, die kostengünstig, schnell und nicht belastend ist
und dazu noch die höchste Qualität gewährleistet.“
Zwtl.: Fachkongress ART (Advanced Retinal Therapy)
ART Vienna 2018, Samstag, 1. Dezember, Van Swieten Saal der
Medizinischen Universität, Van Swieten-Gasse 1 a, 1090 Wien. Infos:
[www.artvienna.eu] (http://www.artvienna.eu). Der Schwerpunkt des
Fachkongresses für Advanced Retinal Therapy (ART) liegt auf
Innovationen und neuen Entwicklungen bei der Therapie von
Netzhauterkrankungen. Rund 190 Millionen Menschen weltweit leiden an
der altersbedingten Makula-Degeneration (AMD), rund 170 Millionen
haben eine diabetische Netzhauterkrankung, Dunkelziffer und Tendenz
steigend.
Medizinische Universität Wien
Mag. Johannes Angerer
Leiter Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
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