EU-Klima- und Energiestrategie 2050: Ankündigungspolitik hilft nicht im Kampf gegen Klimaerwärmung
WKÖ-Schwarzer: Wirtschaftswachstum, Wohlstand und Nachhaltigkeit sind kein Widerspruch. Europa muss mit seinem technologischen Wissen als Innovator punkten
Wien (OTS) – Kurz vor der Weltklimakonferenz in Kattowitz in Polen
überlegt die Europäische Union wieder einmal, Zielfestlegungen zu
verschärfen. Das Europäische Parlament hat sich bereits dafür
ausgesprochen, das CO2-Reduktionsziel von 40 auf 55 %
hinaufzuschrauben. „Dieser Vorschlag ist kontraproduktiv. Die
Wirtschaft braucht Stabilität. Während derzeit an der Umsetzung der
aktuell gültigen Ziele gearbeitet wird, sollten nicht wieder neue
vorgeschlagen werden“, zeigte sich Stephan Schwarzer, Leiter der
Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik der Wirtschaftskammer
Österreich (WKÖ), bei einem Pressegespräch heute, Mittwoch, in
Brüssel besorgt: „Da die Industrie – gemeinsam mit der
Energiewirtschaft – den größten Teil zur Zielerreichung beitragen
muss, würde sie wegen der höheren Ziele in vielen Fällen in Europa
ihre Zelte abbrechen müssen, sprich, energieintensive Produktionen
ins Ausland verlagern.“
Zwtl.: Weltweit einheitlicher CO2-Preis als Leitinstrument
Der aktuelle CO2-Preis hat durch verschiedene
Verknappungsmaßnahmen deutlich angezogen und die 20 Euro-Schwelle
überschritten. Damit werden der europäischen Industrie Aufwendungen
in Milliardenhöhe aufgebürdet. Das Carbon Leakage Instrumentarium –
ein Mechanismus, der die Auslagerung von CO2-Emissionen durch die
Abwanderung von Industrie verhindert – reicht für diese Situation
nicht aus und ist daher zu erweitern. „Wir fordern deshalb eine
europaweit verbindliche Rückerstattung der indirekten CO2-Kosten, die
im Strompreis enthalten sind“, so Schwarzer.
Wenn die EU dem Weltklima etwas Gutes tun will, dann muss sie aus
Sicht der WKÖ eine weltweite CO2-Bepreisung fordern. Darauf sollten
sich alle Staaten, die das Klimaabkommen von Paris unterzeichnet
haben, am leichtesten einigen können – denn dann gibt es keine
Verlierer. Jede Produktion wird gleichbehandelt und hat den gleichen
Anreiz, CO2-Emissionen einzusparen. Geographisches Ausweichen ist
nicht mehr möglich, Technologiefortschritte werden mit sofortiger
Kostenersparnis belohnt.
Zwtl.: Europäische Kompetenzen sind zu erhalten und zu stärken
Entscheidend ist, dass die EU Wege aufzeigt, wie Wohlstand und
Wachstum mit viel geringerer Kohlenstoffintensität verknüpft werden
können. Die Rolle der EU und Österreichs ist es, an vorderster Front
Technologien und Systemlösungen zu entwickeln, die den Weg zu einer
weltweiten nachhaltigeren Energiewirtschaft weisen. „Saisonale
Speicher, der Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft, leistungsfähige
Stromleitungen – alles das ist zwar heute noch Zukunftsmusik, bis
2030 sollten aber nennenswerte Fortschritte möglich sein“, blickt der
WKÖ-Umweltexperte in die Zukunft. Ökostrom sei jedenfalls definitiv
nicht allein im Stande, ein nachhaltiges Energiesystem zu
gewährleisten.
Zwtl.: Österreich drohen Strafen in der Höhe mehrerer Milliarden
Euro
Wie rasch Kraftmeierei zum Bumerang werden kann, zeigt sich am
Beispiel Deutschlands, das sich bis 2020 ein autonomes Klimaziel von
minus 40 % gesetzt hat, und nun sogar das niedriger angesetzte
Unionsziel nicht erreicht. „Die in der Politik weitverbreitete
Vorstellung, dass sich ambitionierte Ziele von selbst erfüllen, ist
naiv und am Ende des Tages für die Steuerzahler wegen
Sanktionszahlungen in Milliardenhöhe unzumutbar“, warnt Schwarzer.
„Für das Kyoto-Ziel zahlte Österreich bereits eine halbe Milliarde
Euro. Für die 2020er-Jahre könnten sich die zu leistenden Zahlungen –
je nach Ausmaß der Lücke – auf das Fünf- bis Zehnfache aufsummieren.“
Von Ankündigungen hat das Weltklima nichts, auch wenn sie noch so
hochgesteckt sind. Was zählt, sind Umsetzungen. Jedem ist klar, dass
der Klimavertrag mit den heute vorhandenen Instrumenten nicht zu
erfüllen ist. Die Aufgabe Europas und Österreichs besteht darin
vorzuleben, wie ein nachhaltiges Energiesystem funktionieren kann,
ohne dass Energiekosten explodieren und die Wirtschaftskraft verloren
geht. „Die Mega-Herausforderung Klimawandel kann nur bewältigt
werden, wenn potente Schrittmacher den Umstieg auf nicht-fossile
Energien als logische Weiterentwicklung und Verbesserung des Status
quo für alle attraktiv machen“, fordert Schwarzer abschließend.
(PWK794/FA)
WKÖ-Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik
Univ. Doz. Dr. Mag. Stephan Schwarzer
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