
Gleichbehandlungsanwaltschaft nun auch in Regionalbüros vertreten
Nationalrat nimmt Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft einhellig zur Kenntnis
Wien (PK) – Für die Gleichbehandlungsanwaltschaft wurde mit der
sogenannten Regionalisierung ab Juli 2017 eine wesentliche Forderung
zur institutionellen Weiterentwicklung erfüllt. Das hält der
Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft für 2016 und 2017
über die Gleichbehandlungskommission und die
Gleichbehandlungsanwaltschaft unter anderem fest, der heute vom
Nationalrat einhellig zur Kenntnis genommen wurde. Von
Diskriminierungsfällen über Rechtsauskünfte bis hin zu
Informationsarbeit und Medienanfragen sind laut Bericht für die
Anwaltschaft in den beiden Jahren zusammen über 6.130 Aktivitäten
zusammengekommen. Mit der Regionalisierung bietet die Anwaltschaft
nun auch in den Regionalbüros Beratung und Unterstützung zu allen
Diskriminierungsgründen an, womit der Zugang zum Recht verbessert und
die Stärkung der regionalen Position verwirklicht worden sei. Bei der
Gleichbehandlungskommission gibt es laut Bericht im Verfahrensablauf
eine Neuerung in Form von vorbereitenden Sitzungen, um die
Möglichkeit eines Vergleichs zu geben. Der Bericht wurde im
Nationalrat einhellig zur Kenntnis genommen.
Gleichbehandlung – und noch viel zu tun
Barbara Krenn (ÖVP) bedankte sich eingangs für die Ehre, nunmehr die
Funktion der neuen Frauensprecherin der ÖVP zu übernehmen. Der
Bericht zeige deutlich, dass es noch vieles zu tun gibt. Es geht ihr
etwa um einen respektvollen Umgang in der Gesellschaft, so seien alle
gefordert, gegen Gewalt in der Sprache aufzutreten, aber auch Frauen
die bestmögliche Bildung zu ermöglichen. Krenn appellierte auch an
Frauen selbst, dem eigenen Geschlecht gegenüber nicht im Weg zu
stehen. Gudrun Kugler (ÖVP) äußerte zum Thema Levelling-up, es gebe
Gründe, davon Abstand zu nehmen. Aus ihrer Sicht sei diese Maßnahme
kein Gleichstellungs- sondern ein Privilegierungsgesetz, Tendenz- und
Nischenunternehmungen würden dadurch verunmöglicht.
Jeder Mensch müsse ohne Angst verschieden sein können, zitierte
Angelika Kuss-Bergner (ÖVP) Theodor W. Adorno, es sei wichtig, dem
Raum geben zu können. Ansätze wie der Antrag zur Anrechnung von
Karenzzeiten bis 24 Monate gehen in die richtige Richtung, so
Kuss-Bergner, und etwa auch das automatische Pensionssplitting sollte
wieder breit diskutiert werden. Beim Kopftuchverbot sei sie froh über
die klare Haltung der Regierung. Aus Sicht von Maria Großbauer (ÖVP)
geht in die Geschichte ein, was mit der #metoo-Debatte in Bewegung
gebracht wurde. Erschreckend sei oft der Umgang damit, wenn eine
Täter-Opfer-Umkehr stattfinde. Vor allem auch im Kulturbereich sieht
sie lange schon ein großes #meetoo-Problem und ermutigte alle
Betroffenen, sich an eine der hochprofessionellen Einrichtungen in
Österreich zu wenden. Den Aspekt Hass im Netz sprach etwa Claudia
Plakolm (ÖVP) an. Hier brauche es dringend Maßnahmen. „Das Internet
kann und darf kein rechtsfreier Raum sein“, so Plakolm, die lobend
eine entsprechende Taskforce dazu hervorstrich. Carmen
Jeitler-Cincelli (ÖVP) betonte anlässlich ihres Abschieds aus dem
Gleichbehandlungsausschuss ihre wesentlichen Standpunkte.
Frauenpolitik sei auch Standort- und damit Wirtschaftspolitik, Frauen
zu unterstützen, sei unverzichtbar. Gleichbehandlung müsse
Empowerment bedeuten.
Seitens der FPÖ freute sich etwa Carmen Schimanek, dass der Bericht
jetzt auch im Plenum behandelt wird. Er zeige auch, welch große
Bedeutung Verfahren in dieser Form für Betroffene haben. Hinsichtlich
Karenzzeitanrechnung sei ihr genau der Weg über die Sozialpartner
wichtig, wenn es aber nicht zur Einigung komme, würde eine
gesetzliche Regelung angestrebt. Andrea Michaela Schartel (FPÖ)
richtete an die SPÖ den Vorwurf, nicht alle – etwa Menschen aus
Richtung FPÖ – gleich zu behandeln. Außerdem zeigte sie sich
verärgert darüber, dass die SPÖ genau jene Kultur hereinlassen wolle,
die Frauen diskriminiere. Sandra Wassermann (FPÖ) lobte die Regierung
dafür, dass der Gender Pay Gap gesunken sei. Der
Gleichbehandlungsanwaltschaft sei sie auch insofern dankbar, weil sie
mehr Bewusstsein für diese Themen in der Öffentlichkeit schaffe.
Von der Lohnschere, die sich langsam, aber viel zu langsam schließe,
sprach Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Sowohl durch Fälle bei der
Gleichbehandlungsanwaltschaft, als auch bei der Kommission zeigen
sich die Diskriminierungen in der Arbeitswelt, wie sie hervorhob. Das
betreffe aber mittlerweile auch immer mehr Männer, etwa hinsichtlich
Väterkarenz. Nicht warten möchte Heinisch-Hosek auf die
Kollektivvertragsverhandlungen zur Anrechnung der Karenzzeiten und
forderte einmal mehr eine entsprechende gesetzliche Regelung. Mario
Lindner (SPÖ) appellierte an die Frauenministerin, sich für
Ressourcen für die Gleichbehandlungseinrichtungen einzusetzen.
Bezeichnend ist aus seiner Sicht die Rednerinnenliste der heutigen
Debatte zu diesem Thema, die fast nur aus Frauen bestehe –
Gleichbehandlungspolitik sei immer Frauen- und Männerpolitik, so
Lindner. Er sprach sich auch dafür aus, das Levelling-up „endlich“
umzusetzen.
Sabine Schatz (SPÖ) unterstrich, es gebe insgesamt noch viel zu tun.
Aus ihrer Sicht wäre es im Hinblick auf die immer noch bestehende
ungleiche Bezahlung dringend notwendig, echte Einkommenstransparenz
in Betrieben in der Privatwirtschaft zu schaffen, wie das die SPÖ
fordere. Verena Nussbaum (SPÖ) warf auf, dass von sexueller
Belästigung vorwiegend Frauen betroffen seien. Auch sie verwies auf
die Notwendigkeit personeller Aufstockung bei der Anwaltschaft und
warf der Regierung vor, den Druck auf Frauen etwa durch den
12-Strunden-Tag noch zu vergrößern. In der Kopftuchfrage gebe es
solche, die sichtbar und solche, die unsichtbar seien, betonte Selma
Yildirim (SPÖ) und forderte in diesem Zusammenhang, keine
doppelmoralischen Vorstellungen an den Tag zu legen. Es gelte,
entschieden gegen Machtmissbrauch aufzutreten. Darüber hinaus setze
sich die SPÖ mit einem Antrag für Personalaufstockung in den
Regionalbüros der Anwaltschaft ein.
Claudia Gamon (NEOS) kritisierte hinsichtlich der Anrechnung von
Karenzzeiten, die Regierung würde hier die Verantwortung an die
Sozialpartner delegieren. Unabhängig davon werde die Maßnahme auch
keine Veränderung für Frauen am Arbeitsmarkt bringen. Eine
„Zurück-an-den-Herd-Ideologie“ der Regierung trage dazu bei, dass
nicht die richtigen Schritte etwa in Richtung Eigenpension von Frauen
und deren Selbstbestimmungsmöglichkeit gesetzt würden. Auch Gamon
sprach sich für die personelle Ausstattung gerade auch der
Anwaltschaft in den Bundesländern aus.
Letzterem schloss sich Stephanie Cox (JETZT) an. Die Anwaltschaft sei
in Österreich eine der wichtigsten Anlaufstellen für von
Diskriminierung Betroffene, plädierte sie für ausreichende personelle
und finanzielle Ausstattung der Einrichtung. Insgesamt sprach sie von
einem „Aushungern“ des Systems, das betreffe auch andere
Anlaufstellen wie etwa den Klagsverband, und appellierte an die
Frauenministerin, dass das nicht sein dürfe. Die Finanzierung für
Diskriminierungsschutz müsse sichergestellt werden, so Cox.
Diskriminierung und Hass würden immer deutlicher sichtbar, betonte
Martha Bißmann (o.F.) und lud dazu ein, ihren Antrag für besseren
Schutz gegen sexistische Cyberbelästigung im Justizausschuss zu
unterstützen.
Bogner-Strauß: Gleichbehandlung geht uns alle an
Gleichbehandlung geht uns alle an, wandte sich Frauenministerin
Juliane Bogner-Strauß im Hinblick auf die fast nur weiblich besetzte
RednerInnenliste zum Tagesordnungspunkt auch an alle Männer. Dass es
leider immer noch die Lohnschere zwischen Männern und Frauen gebe,
sei zum Teil auch strukturell bedingt, etwa hinsichtlich emotionaler
Aspekte bei der Entscheidung für Teilzeitarbeit. Auch gegen
Altersarmut, die vor allem bei Frauen sichtbar sei, gelte es ebenso
anzugehen. Die Anrechnung von Karenzzeiten bis zu 24 Monaten werde
auch gesetzlich angedacht, so die Frauenministerin, und zwar falls
die Sozialpartnerverhandlungen keine Ergebnisse bringen würden.
Explizit dankte sie der Anwaltschaft und Kommission für deren Arbeit,
auch im Sinne der Bewusstseinsbildung.
Anliegen der Gleichbehandlungsanwaltschaft, neue vorbereitende
Sitzungen bei der Gleichbehandlungskommission
Anliegen aus dem Privatwirtschafts-Gleichbehandlungsbericht 2016 und
2017 seitens der Gleichbehandlungsanwaltschaft umfassen etwa nach wie
vor das sogenannte Levelling-up im Hinblick auf gleichen Schutz
betroffener Personen bei Diskriminierung auf Grund aller
Diskriminierungsgründe (Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit,
Religion, Weltanschauung, Alter und sexuelle Orientierung) in allen
Bereichen des Gleichbehandlungsgesetzes. Aus Sicht der Anwaltschaft
sollte einerseits auch ihre Mitwirkungsmöglichkeit bei
Gerichtsverfahren, etwa in Form von Verbandsklagen, andererseits ihre
Mittel für Öffentlichkeitsarbeit – auch im Bereich Social Media was
z.B. Betroffene unter 25 Jahren anbelangt – ausgebaut werden können.
Das Interesse an gleichbehandlungsrechtlichen Themen wie die
#metoo-Debatte oder gesellschaftspolitische Probleme im Zusammenhang
mit Flucht und Migration hat laut Bericht die Arbeit der
Gleichbehandlungsanwaltschaft im Zeitraum 2016 bis 2017 öffentlich
stärker bewusst gemacht. Außerdem weist die Anwaltschaft auf die
Erfordernis von budgetären und personellen Ressourcen hin, etwa
hinsichtlich Regionalisierung, Informations- und
Öffentlichkeitsarbeit sowie zur Durchführung unabhängiger
sozialwissenschaftlicher Untersuchungen.
Darüber hinaus werden in dem Bericht die Tätigkeiten der drei Senate
der Gleichbehandlungskommission in den beiden Jahren ausgeführt. So
wurden an Senat I insgesamt 133 Anträge, an Senat II 61 Anträge
eingebracht. Senat III hat 28 Verfahren eingeleitet. Im Bericht wird
etwa auf eine Neuerung im Verfahren in Form von vorbereitenden
Sitzungen bei einigen Fällen hingewiesen, um die Möglichkeit eines
Vergleichs zu geben. (Fortsetzung Nationalrat) mbu
———————————————————————
Pressedienst der Parlamentsdirektion
Parlamentskorrespondenz
Tel. +43 1 40110/2272
pressedienst@parlament.gv.at
http://www.parlament.gv.at
www.facebook.com/OeParl
www.twitter.com/oeparl
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender