WWF: Neues Sondergesetz soll Umweltschutz aushebeln
Großprojekte werden einseitig privilegiert – Fairer Ausgleich der Interessen gefährdet – Durchboxen geht auf Kosten von Mensch, Umwelt und Natur
Wien (OTS) – “Anstatt Umweltprüfungen nachhaltig zu verbessern,
agiert die Bundesregierung mit dem Presslufthammer. Große Bauprojekte
werden mit einem kritischen Sondergesetz privilegiert, während der
Umweltschutz auf allen Ebenen ausgebremst werden soll. Das gefährdet
den fairen Ausgleich der Interessen und macht es in Zukunft noch
schwieriger, konkrete Verbesserungen für Mensch und Natur zu
erreichen“, sagt Hanna Simons, Leiterin Natur- und Umweltschutz beim
WWF Österreich, anlässlich des heute vorgelegten zweiten Entwurfes
für das umstrittene Standort-Entwicklungsgesetz.
Um Großbauten durchzuboxen, schafft Wirtschaftsministerin
Margarete Schramböck eine undurchsichtige bürokratische
Parallelstruktur. Sobald ein Projekt standortrelevant ist, soll eine
neue „lex specialis“ laut APA bisher geltende Umwelt- und
Verfahrensgesetze aushebeln. Indirektes Ziel ist es, Druck auf die
prüfenden Behörden zu machen und die Umweltverträglichkeitsprüfung
(UVP) zu entwerten. „Wer schnellere Verfahren will, muss dafür auch
mehr öffentliche Akzeptanz und Vertrauen schaffen. Mit Drüberfahren
und Durchboxen wird das nicht gelingen“, kritisiert Simons.
Der WWF kündigt eine detaillierte rechtliche Prüfung des neuen
Gesetzes an und erneuert seine Vorschläge für bessere UVP-Verfahren.
„Statt der einseitigen Klientelpolitik der Wirtschaftsministerin
braucht es praxistaugliche Reformen, die an den Ursachen von
Problemen ansetzen. Die Projektbetreiber dürfen nicht aus ihrer
Verantwortung entlassen werden, von Beginn an vollständige Unterlagen
vorzulegen. Gerade das würde Verfahren wirklich beschleunigen, wie
auch die Zahlen des offiziellen UVP-Berichts belegen“, bekräftigt
Simons die WWF-Position.
Besonders wichtige Punkte sind: Die UVP-Behörden benötigen mehr
Amtssachverständige und eine höhere Qualität bei den Einreichungen.
Eine überfällige Föderalismusreform müsste für eine einheitliche
Vollziehung und bessere Kooperation der unterschiedlichen Stellen
sorgen. Parallel dazu benötigt es gute Materiengesetze und eine
naturverträgliche Energiewende, damit Klimaschutz nicht für
umweltschädliche Megaprojekte missbraucht wird. Generell sollten
Politik und Verwaltung enger mit der Zivilgesellschaft
zusammenarbeiten, um Konflikte frühzeitig zu entschärfen.
Durchpeitschen ist auch demokratiepolitisch bedenklich
Den ersten Entwurf von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck
hatten etliche Fachleute als völlig verpfuscht und neuen Tiefpunkt
der Umweltgesetzgebung bewertet. „Dass der zweite offensichtlich
massiv veränderte Gesetzestext jetzt ohne echte Begutachtung durchs
Parlament gepeitscht werden soll, ist auch demokratiepolitisch
bedenklich. Während große Konzerne bereits Stimmung dafür machen,
wird die Öffentlichkeit bis zuletzt im Dunkeln gelassen“, sagt Hanna
Simons unter Verweis auf das generelle Vorgehen der Bundesregierung
rund um das Standort-Entwicklungsgesetz.
WWF Österreich
Gerhard Auer
Pressesprecher
+43 676 83488 231
gerhard.auer@wwf.at
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