Österreich schlägt Andreas Kumin für vakante Richterstelle am EuGHvor

Hauptausschuss billigt Vorschlag der Regierung mit breiter Mehrheit

Wien (PK) – Der Grazer Europarechtsexperte Andreas Kumin wird die
Nachfolge der österreichischen Richterin am Europäischen Gerichtshof
(EuGH) in Luxemburg Maria Berger antreten. Der Hauptausschuss des
Nationalrats billigte heute mit breiter Mehrheit einen entsprechenden
Nominierungsvorschlag der Regierung. Kumin sei ein hochqualifizierter
Kandidat, waren sich die Abgeordneten weitgehend einig.
JETZT-Abgeordneter Alfred Noll stimmte dennoch gegen Kumins
Nominierung – er könne in der kurzen ihm zur Verfügung stehenden Zeit
nicht beurteilen, ob es nicht einen besser geeigneten Kandidaten
gegeben hätte, argumentierte er. Auch SPÖ und NEOS äußerten
diesbezügliche Vorbehalte. Ein Antrag Nolls, Kumin und einen weiteren
Bewerber im Ausschuss anzuhören, fand über die Opposition hinaus
jedoch keine Zustimmung, auch ein Vertagungsantrag der SPÖ blieb in
der Minderheit.

Kumin ist an der Karl-Franzens-Universität Graz Professor am Institut
für Europarecht und leitet darüber hinaus seit Juli 2005 die
Abteilung Europarecht im Völkerrechtsbüro des Außenministeriums. Er
ist außerdem als Lehrbeauftragter an der Universität Innsbruck, an
der Wirtschaftsuniversität Wien sowie an der Diplomatischen Akademie
tätig.

Kumin sei ein ausgezeichneter Fachmann im Bereich des EU-Rechts,
bekräftigte ÖVP-Abgeordneter Peter Haubner. Diesem Urteil schlossen
sich grundsätzlich auch die anderen Abgeordneten an. Kumin sei sicher
in der Lage, die Position eines EuGH-Richters zu erfüllen, sagte etwa
Jörg Leichtfried. Auch Scherak und Noll sprachen von einem „sehr
geeigneten“ bzw. „ausgezeichneten“ Kandidaten.

Es sei aber schwierig, innerhalb weniger Minuten zu entscheiden, ob
Kumin wirklich der am besten geeignete Bewerber gewesen sei,
monierten neben Noll auch Leichtfried und Scherak.
Kanzleramtsminister Gernot Blümel hatte zwar zu Beginn der Debatte –
unter strenger Vertraulichkeit – den Abgeordneten die Namen der
anderen BewerberInnen bekannt gegeben, nach Meinung der
Oppositionsparteien wäre es aber zielführender gewesen, diese schon
im Vorfeld der Sitzung zu erfahren, um sich ein besseres Bild von
ihnen machen zu können. Das wurde vom Kanzleramt aus
Datenschutzgründen jedoch abgelehnt. Die NEOS und die SPÖ stimmten in
diesem Sinn der Nominierung Kumins nur zögerlich zu.

ÖVP-Abgeordnete Michaela Steinacker hält die Nennung der Namen der
anderen BewerberInnen überhaupt für problematisch. Ihrer Ansicht nach
sieht die Verfassung eindeutig vor, dass die Regierung dem
Nationalrat nur eine Person vorschlägt und über diese das
Einvernehmen herzustellen ist. Wenn man eine Änderung des
Bestellprocederes wünsche, sei das im Geschäftsordnungs-Komitee zu
diskutieren.

Noll, Scherak und Leichtfried hielten dem entgegen, dass man die
einschlägige Verfassungsbestimmung auch anders interpretieren könne.
Schließlich sei es notwendig, die Namen der anderen BewerberInnen zu
kennen, um für oder gegen den Nominierungsvorschlag der Regierung zu
votieren. Dass sich das Kanzleramt geweigert hat, die Namen bereits
im Vorfeld der Sitzung bekanntzugeben, werteten Noll und Scherak als
ungerechtfertigtes Misstrauen gegenüber den MandatarInnen. Er sei es
jedenfalls nicht gewesen, der beim letzten Mal die Namen der anderen
BewerberInnen öffentlich gemacht habe, bekräftigte Scherak. Zudem
verwies er auf die Informationsordnung des Parlaments, die eine
Klassifizierung vertraulicher Informationen ermögliche. Seitens der
FPÖ plädierte Erwin Angerer demgegenüber dafür, an der geltenden
Praxis festzuhalten.

Was die laufenden Beratungen im Geschäftsordnungs-Komitee betrifft,
wies Scherak darauf hin, dass der Bestellmodus für österreichische
EU-VertreterInnen, ebenso wie jener für VerfassungsrichterInnen, dort
derzeit kein Thema sei. Er hofft, dass sich daran noch etwas ändern
wird. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka merkte dazu an, dass man
wohl nicht nur eine Änderung der Geschäftsordnung, sondern auch der
Verfassung benötige, wolle man die Mitwirkungsrechte des Parlaments
stärken.

Seitens der Regierung hob Kanzleramtsminister Gernot Blümel hervor,
dass Kumin unter den BewerberInnen jener Kandidat gewesen ist, der
der Regierung als am besten geeignet erschien.

Die Nachbesetzung am EuGH hätte bereits am 8. Oktober erfolgen
sollen. Die ursprünglich nominierte Kandidatin, die Linzer
Professorin Katharina Pabel, zog jedoch Ende Juni ihre Bewerbung
zurück, woraufhin die Regierung ein Neuausschreibung der
Richterstelle veranlasste.

Neue Mitglieder im Ausschuss der Regionen

Gegenstand der Tagesordnung des Hauptausschusses waren außerdem
Unterrichtungen der Regierung über neue Mitglieder im Ausschuss der
Regionen (AdR). Demnach hat der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig
den Platz seines Vorgängers Michael Häupl übernommen, als sein
Stellvertreter wurde Finanzstadtrat Peter Hanke anstelle von
Ex-Finanzstadträtin Renate Brauner nominiert.

Tirol wird in diesem Gremium künftig von Landeshauptmann Günther
Platter vertreten. Er folgt Alt-Landtagspräsident Herwig van Staa
nach. Seine Stellvertreterin ist Landtagspräsidentin Sonja
Ledl-Rossmann. Stellvertretendes Mitglied aus Niederösterreich wird
Landesrat Martin Eichtinger, nachdem Landesrätin Barbara Schwarz
ausgeschieden ist. Aus Salzburg wird die wiedergewählte
Landtagspräsidentin Brigitta Pallauf ihre Funktion als
stellvertretendes Mitglied nach Monaten der Vakanz wieder aufnehmen.
(Fortsetzung Hauptausschuss) gs/jan

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