Von gerechter Besteuerung bis hin zu Ökosteuern – Finanzausschussberät über zahlreiche Anträge der Opposition
Neues Doppelbesteuerungsabkommen mit Großbritannien und Nordirland
Wien (PK) – Von gerechter Besteuerung bis hin zu Ökosteuern –
Finanzausschuss berät über zahlreiche Anträge der Opposition
Neues Doppelbesteuerungsabkommen mit Großbritannien und Nordirland
Auf dem weiteren Programm des heutigen Finanzausschusses standen
zahlreiche Anträge der Opposition, die mit den Stimmen von ÖVP und
FPÖ – meist unter Hinweis auf die Verhandlungen zur geplanten
Steuerreform – vertagt wurden.
Einstimmig angenommen wurde hingegen das Doppelbesteuerungsabkommen
zwischen Österreich einerseits und Großbritannien und Nordirland
andererseits zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur
Verhinderung der Steuerverkürzung ( 326 d.B.). Mit dem Staatsvertrag
sollen Steuerumgehungen und Gewinnverlagerungen bekämpft werden, da
multinationale Unternehmen oft Differenzen zwischen nationalen
Bestimmungen nutzen würden, um Steuerschulden zu reduzieren oder
sogar zu beseitigen. Das Abkommen soll dies künftig verhindern und
gleichzeitig die internationalen Standards der OECD sicherstellen.
Außerdem sieht die Bundesregierung darin eine Möglichkeit zum Ausbau
der Wirtschaftsbeziehungen mit dem Vereinigten Königreich. Wie
Finanzminister Hartwig Löger dazu mitteilte, wurden dabei auch
mögliche Auswirkungen des Brexit berücksichtigt.
Debatte über gerechtere Besteuerung – SPÖ-Anträge vertagt
Vertagt wurden hingegen Anträge der SPÖ zu gerechterer Besteuerung
auf nationaler und EU-Ebene. Das betraf zunächst den Antrag ( 8/A )
der SPÖ zu einem „Gewinnverschiebungsbekämpfungsgesetz“. Damit will
die Oppositionsfraktion Gewinnverschiebungen, die der
Steuervermeidung bzw. -reduktion dienen, entgegentreten. Es sollen
jene Aufwendungen nicht mehr abzugsfähig sein, die an
Briefkastenfirmen getätigt werden oder die beim Empfänger einem
effektiven Steuersatz von unter 10% unterliegen. Laut Antragsteller
Kai Jan Krainer soll der Versuch, steuerwirksam Zinsen abzuziehen,
sanktioniert werden, wenn der Empfänger nicht bzw. nur niedrig
besteuert wird. Davon betroffen sollen auch konzerneigene
Gesellschaften sein, wenn diese substanzlos sind (Briefkastenfirmen).
Internationale Gewinnverschiebungen, bei denen der Abgabepflichtige
auf Verlangen der Behörde die Empfänger der Beträge nicht genau
bezeichnet, sollen stärker als bisher mit Zuschlägen belastet werden.
Das bereits im Rahmen eines multilateralen Abkommens beschlossene
Public Country-by-Country-Reporting soll weiter gestärkt werden.
Außerdem sieht die SPÖ die Notwendigkeit, Vorschriften über
Whistleblowing in Anlehnung an andere Vorschriften im
österreichischen Arbeitsrecht zu verankern.
In der Warteschleife bleibt auch der Vorschlag zur Verbesserung des
europäischen Steuersystems, und zwar in Richtung Vereinheitlichung
der Unternehmensbesteuerung innerhalb der Europäischen Union. Im Zuge
der Beschlussfassung des neuen Mehrjährigen Finanzrahmens sollen
begünstigende Steuerregime einzelner Staaten, die auf Kosten anderer
EU-Mitgliedstaaten gehen, beseitigt werden, fordert Kai Jan Krainer
in seinem Vorstoß( 271/A(E) ).
Aber auch die Besteuerung von Konzernen gehört laut SPÖ gerechter
gestaltet. In diesem Sinne tritt Kai Jan Krainer für die Besteuerung
der digitalen Wirtschaft sowie für die Finanztransaktionssteuer ein.
Der Steuerbeitrag digitaler Unternehmen und FinanzmarktakteurInnen
soll auf ein faireres Niveau angehoben werden, fordert er. Darin
sieht Krainer die Gelegenheit, die Besteuerung von Arbeitsaufkommen
zu senken. Der Begriff der digitalen Betriebsstätte soll laut Krainer
in den rechtlichen Rahmen der gemeinsamen
Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage eingearbeitet werden. Für ihn
stellt dies das Herzstück der Steuergerechtigkeit in Europa dar, denn
eine harmonisierte Bemessungsgrundlage und ein Verteilungsschlüssel
zwischen den Mitgliedstaaten ermöglichen die Besteuerung der Gewinne
am Ort ihrer Entstehung ( 272/A(E) ).
Es seien viele Dinge im Laufen und auf EU-Ebene würde heftig über
eine Lösung im Kampf gegen die Steuervermeidung diskutiert. Die im
Antrag angesprochenen europapolitischen Finanzthemen seien
Schwerpunkt des Ratsvorsitzes und Minister Löger setze sich
insbesondere auch für die faire Besteuerung digitaler Unternehme ein,
nationale Alleingänge seien aber zu vermeiden. So begründeten Andreas
Ottenschläger (ÖVP), Nikolaus Berlakovich (ÖVP) und Erwin Angerer
(FPÖ) ihre Vertagungsanträge.
Diesen Argumenten konnte die Opposition nichts abgewinnen, da, wie
Krainer (SPÖ) sagte, es eine Reihe von Möglichkeiten gebe, die man
auch national lösen könne. Mit der weiteren Vertagung gebe es
weiterhin einen Teil der Gesellschaft, der keinen fairen Beitrag
leistet, Unternehmen, die korrekt handeln, würden wettbewerbsmäßigt
übervorteilt, fasste Krainer sein Unverständnis für die weitere
Verzögerung seiner Anliegen zusammen. Es wäre auch sinnvoll, den
Minister bei seinen Verhandlungen im EU-Rat den Rücken zu stärken,
meinte er. Ähnlich äußerte sich Bruno Rossmann (JETZT), der ebenfalls
Spielräume für nationale Lösungen sieht und nun befürchtet, dass man
diese auf den Sankt Nimmerleinstag verschiebt.
Wenn er auch kein Verständnis für die Vertagung zeigte, meinte Josef
Schellhorn von den NEOS, dass man für diese Fragen die EU-Ebene
brauche. Mit nationalen Vorgehen allein gewährleiste man nicht mehr
Steuergerechtigkeit, merkte er an.
SPÖ für Einschleifregelung beim Alleinverdienerabsetzbetrag
Ferner streben die SozialdemokratInnen Änderungen beim
Alleinverdienerabsetzbetrag an( 273/A ). Dieser steht dem höher
verdienenden Partner zu, wenn die Einkünfte des Partners bzw. der
Partnerin 6.000 € pro Jahr nicht überschreiten. In der von ihr
eingebrachten Initiative kritisiert Selma Yildirim, dass der Betrag
nicht eingeschliffen wird, was bei geringfügigen Überschreitungen der
Einkommensgrenze zu unverhältnismäßigen Härten führe. Sie tritt daher
dafür ein, dass bei Überschreiten der Grenze nicht der gesamte
Anspruch verwirkt wird, sondern der jeweilige Absetzbetrag sich um
den überschreitenden Betrag reduziert.
Trotz Vertagung dieses Antrags sagte Ausschussvorsitzender Karlheinz
Kopf Antragstellerin Selma Yildirim zu, über deren Anliegen reden zu
wollen. Yildirim hatte im Vorfeld betont, dass es sich um keine
Verkomplizierung handle, die Sache sei mit einer einfachen
Softwareeinstellung zu lösen. Mit solchen Einschleifregelungen könnte
man Frauen motivieren, Arbeitsstunden aufzustocken. Wolfgang Klinger
und Hermann Brückl (beide FPÖ) wiesen auf die kommende Steuerreform
hin und betonten, dass dabei die Kalte Progression mit anschließendem
Automatismus abgeschafft werde.
SPÖ und JETZT fordern ermäßigten Steuersatz für Hygieneprodukte für
Frauen
Sowohl SPÖ-Mandatarin Petra Bayr als auch JETZT-Abgeordnete Stephanie
Cox erinnern an den begünstigten Steuersatz von 10% für Produkte des
täglichen Bedarfs wie Lebensmittel und Arzneiwaren und geben in
diesem Zusammenhang zu bedenken, dass für Frauen auch Tampons und
hygienische Binden zum täglichen Bedarf zählen. Die derzeitige
Besteuerung mit 20% stellt in ihren Augen eine finanzielle
Diskriminierung aufgrund des biologischen Geschlechts dar, da die
eingehobene Steuer ausschließlich Frauen trifft. Sie fordern deshalb
in ihren jeweiligen Initiativanträgen auf Änderung des
Umsatzsteuergesetzes die Ausdehnung des ermäßigten Steuersatzes auch
auf diese Produkte (408/A) und ( 445/A ).
Carmen Schimanek (FPÖ) warf dazu ein, dass man in diesem Zusammenhang
auch darüber nachdenken sollte, auch Pflegeprodukte zu
berücksichtigen. Unter Hinweis auf die geplante Steuerreform, die zu
einer Entlastung kleinerer und mittlerer Einkommen führen werde,
wurden auch diese Initiativen vertagt.
Lootboxen – Versteckte Gefahr und Suchtpotenzial in Computerspielen
Auf einen inzwischen weit verbreiteten und problematischen
Bestandteil von modernen Computerspielen macht SPÖ-Abgeordnete
Eva-Maria Holzleitner aufmerksam (449/A(E) ). Es geht dabei um
sogenannte Lootboxen („Beutekisten“), die ursprünglich dazu gemacht
wurden, um SpielerInnen mit kleinen kosmetischen Gegenständen zu
belohnen. Das Öffnen der Boxen wird von Audio- und visuellen Effekten
begleitet, wie man sie normalerweise aus einem Casino kennt. Dadurch
wird das Belohnungszentrum im Gehirn aktiviert. Die Krux dabei sei,
dass die Lootbox an sich oft kostenlos ist, der virtuelle Schlüssel,
um diese zu öffnen, allerdings Geld kostet.
Diese Mischung aus Glückspiel und Gaming sei aufgrund des hohen
Suchtpotenzials und der oft nicht genügend gekennzeichneten Kosten
besonders für Kinder und Jugendliche gefährlich, zeigt Holzleitner
auf, weshalb in mehreren Ländern bereits ein Verbot angedacht werde.
Die zuständige Familienministerin sollte daher Beratungsangebote und
Informationen für Kinder- und Jugendliche zum Thema Lootboxen
verstärken, Prävention und Aufklärung fördern, sich für klare
Kennzeichnungen sowie eine EU-weite Regelung einsetzen, lauten die
zentralen Forderungen des Antrags.
Die Problematik wurde von allen Ausschussmitgliedern sehr ernst
genommen. Auch wenn der Antrag vertagt wurde, bekräftigte
Ausschussvorsitzender Karlheinz Kopf, dass man versuchen werde, einen
mehrheitsfähigen Antrag zu formulieren, zumal auch die Jugendsprecher
der Parteien derzeit über eine Lösung verhandeln.
SPÖ-Vorstoß zu verfahrensrechtlicher Klarstellung in
Beschwerdeverfahren
Im Hinblick auf Harmonisierung der Verfahrensrechtsordnungen schlägt
die SPÖ Regelungen unter anderem in der Bundesabgabenordnung (BAO)
hinsichtlich beschlussmäßiger Erledigungen an Verwaltungsgerichten
vor ( 492/A).
Erfolgt trotz fehlender Beschwerdevorentscheidung oder fehlenden
Vorlageantrages von einer Abgabenbehörde eine Vorlage an das
Verwaltungsgericht, so die Antragstellerin Selma Yildirim, sei dieses
zur Entscheidung in der Sache nicht zuständig. In diesem Fall könne
auch der Vorlagebericht bzw. die tatsächliche Vorlage nicht
Gegenstand einer Erledigung des Verwaltungsgerichts sein, ist der
Antragsbegründung zu entnehmen. Mit der entsprechenden Initiative
wollen die SozialdemokratInnen neben den bereits in der BAO
vorgesehenen Formalerledigungen demnach auch für diese weiteren Fälle
von Vorlagen (§ 265 BAO), mit denen keine bzw. keine inhaltliche
Zuständigkeit zur Entscheidung durch das Verwaltungsgericht verbunden
ist, eine beschlussmäßige und damit bei den beiden Höchstgerichten
anfechtbare Erledigung vorsehen.
Auch dieser Antrag bleibt in der Warteschleife, nachdem
Finanzminister Hartwig Löger mitgeteilt hatte, dass dieses spezielle
Thema in der Steuer-Taskforce bearbeitet wird.
NEOS für Steuerautonomie der Länder
Nachdem es, wie Erwin Angerer (FPÖ) betonte, keine Einigkeit zwischen
Bund, Ländern und Gemeinden gibt, wurde auch der Vorstoß der NEOS in
Richtung Steuerautonomie der Länder und Gemeinden vertagt. Konkret
schlagen die NEOS Verbesserungen im Finanzausgleichssystem vor. Da es
in Österreich zwar einen Ausgabeföderalismus, aber nur sehr wenig
Einnahmenföderalismus gebe, führe das zu einem Ungleichgewicht
zwischen der Ein- und Ausgabenverwaltung, meint NEOS-Finanzsprecher
Josef Schellhorn in einem entsprechenden Antrag ( 470/A(E) ). Wenn
eine staatliche Ebene über die Ausgaben entscheidet, so soll auch die
gleiche Stelle dafür zahlen, so die Intention. Daher wollen die NEOS
an den Zuschlagssätzen der Einkommensteuer ansetzen und fordern deren
Freigabe. In einer Übergangsphase könnte ein solidarischer
Finanzausgleich eingesetzt werden, danach sollten auch Gemeinden
Hebelsätze der Einkommensteuer erhalten, so die weiteren Punkte.
Insgesamt dürften die einzelnen entstehenden kumulierten
Einkommensteuertarife nicht über den aktuellen Tarifen liegen.
Im Ausschuss untermauerte Schellhorn seine Initiative mit dem
Hinweis, dass der Steuerwettbewerb derzeit in den Ländern diskutiert
werde. Gelebter Föderalismus bedeute Dezentralisierung und Autonomie,
sagte er, die BürgerInnen sollten auch spüren, dass Leistungen Kosten
verursachen. Auch Bruno Rossmann (JETZT) sprach sich für Elemente zur
Stärkung der Gemeinden aus und erfuhr vom Finanzminister, dass
konkret zum Thema Grundsteuer und erweiterter Abgabenautonomie eine
Arbeitsgruppe Lösungen diskutiere. Ein Ergebnis liege jedoch noch
nicht vor.
NEOS für steuerliche Begünstigung von Fahrrädern als Sachbezug
Fahrräder sollen steuerrechtlich besser gestellt werden, verlangen
die NEOS und fordern Finanzminister Hartwig Löger in einem weiteren
Antrag auf, den Sachbezug für Fahrzeuge mit Elektromotor zu streichen
sowie auf Fahrräder, mit und ohne Motor, entfallen zu lassen (
468/A(E )). Sachbezüge sind Sachleistungen, die ArbeitgeberInnen
unentgeltlich oder verbilligt gewähren können, wie beispielsweise
einen Dienstwagen zur privaten Nutzung. Die Sachbezüge werden dem
Bruttoentgelt der ArbeitnehmerInnen hinzugerechnet und erhöhen so die
Bemessungsgrundlage und die Abgabenlast. 2015 wurde aus klima- und
umweltpolitischen Gründen beschlossen, Elektrofahrzeuge gänzlich vom
Sachbezug zu befreien. Die NEOS stellten daher fest, dass ein
Elektrofahrrad oder ein E-Roller als Sachbezug erhöhend auf die
Beitragsgrundlage zur Sozialversicherung oder die
Lohnsteuerbemessungsgrundlage wirken, ein Elektroauto hingegen nicht.
Auch dieser Antrag wurde auf Antrag von Tanja Graf (ÖVP) vertagt. Der
Finanzminister wies jedoch darauf hin, dass diese Frage demnächst
geregelt werde.
JETZT fordert ökosoziale Steuerreform
Breitere Diskussion gab es zum Antrag der JETZT-Abgeordneten zu einer
ökologischen Steuerreform. Sie nehmen den Klimawandel zum Anlass,
einmal mehr auf einen Kurswechsel im Steuersystem zu drängen.
Budgetsprecher Bruno Rossmann fordert in seinem Entschließungsantrag
(371/A(E)) eine schrittweise aufkommensneutrale ökosoziale
Steuerreform, wobei es ihm vor allem um die Einführung einer
CO2-Steuer, die Streichung von umweltschädlichen Subventionen und die
Förderung des Umstiegs auf erneuerbare Energien geht. Im Gegenzug
sollten die privaten Haushalte entlastet und die lohnsummenbezogenen
Abgaben für Unternehmen gesenkt werden.
Den Vertagungsantrag von Hermann Brückl (FPÖ), der betonte, dass die
Steuerreform dem Thema Ökologisierung einen breiten Raum widmen
werde, bezeichnete Bruno Rossmann (JETZT) als „lächerlich“, vor allem
im Vorfeld der Konferenz von Katowice und zahlreicher alarmierender
Berichte. Es könne keinen Zweifel daran geben, dass man jetzt handeln
müsse, sagte er und ortete vor allem im Verkehrsbereich eine enorme
Lücke. Wenn man jetzt nicht handelt, wird es teurer, so Rossmann, man
werde dann auch mit verstärkten Migrationsbewegungen rechnen müssen.
Er gab dem Finanzminister insofern recht, als es ein Gesamtkonzept
braucht. Ein zentrales Instrument zur Bekämpfung der Klimakrise seien
aber Ökosteuern, diese seien aber offensichtlich von ÖVP und FPÖ
nicht gewollt, was für ihn verantwortungslos ist. Diesem Befund
schloss sich auch Kai Jan Krainer (SPÖ) an. (Fortsetzung
Finanzausschuss) jan
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