12. Europäischer Mediengipfel in Lech: Grenzen der globalisierten Gesellschaft
Welche Probleme auf Österreich und Europa zukommen und was wir dagegen unternehmen können, war Thema des Eröffnungsabends beim 12. Europäischen Mediengipfel in Lech am Arlberg
Lech am Arlberg (OTS) – Den inhaltlichen Einstieg zum Mediengipfel
lieferte am Donnerstag Heribert Prantl, Mitglied der Chefredaktion
der Süddeutschen Zeitung, mit einer Analyse zu Populismus und
Nationalismus in Europa. Überall in der Welt sei der Nationalismus
auf dem Vormarsch – in der Türkei und den USA ebenso wie in Brasilien
und Österreich. Vielerorts sei der Geist der Solidarität
abhandengekommen. „Wo ist er geblieben? Hat Trump ihn eingemauert?
Hat Erdogan ihn in die Zelle geworfen? Haben Matteo Salvini,
Heinz-Christian Strache und Victor Orban ihn im Mistbeet des
Nationalismus vergraben?“, fragte Prantl. Im Angesicht dieser
Entwicklungen dürfe man aber nicht den Fehler machen, den
Nationalismus als unaufhaltsame Naturkraft zu sehen. Vielmehr gelte
es, aktiv zu werden und die EU zu stärken. „Zukunft gibt es nicht
festgefügt, sie entsteht in jedem Moment der Gegenwart, ist darum in
jedem Moment auch veränderbar“, betonte Prantl, und: „Wir brauchen
ein besseres Europa.“
Der Frage, wie man ein besseres Europa erreichen könne, stellte sich
auch Johannes Hahn, EU-Kommissar für Europäische
Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen, im Gespräch mit
Hans-Peter Siebenhaar, Präsident der Auslandspresse in Wien. „Wir
verbringen ein Drittel der Zeit damit, ein oder zwei Staaten zu
überzeugen, um eine einstimmige Entscheidung treffen zu können. Diese
Abstimmungsmodi müssen wir ändern. Wir hätten schon so viel erreichen
können mit anderen Entscheidungsmustern. Man muss als ‚Unterlegener‘
diese Mehrheitsentscheidung auch anerkennen“, so Hahn.
Im Anschluss diskutierten Faten Mukarker, palästinensische
Friedensaktivistin aus Bethlehem, Ayre Shalicar, deutsch-israelischer
Schriftsteller, und Alexandra Föderl-Schmid, Korrespondentin der
Süddeutschen Zeitung in Israel, mit Andreas Pfeifer, außenpolitischer
Ressortleiter im aktuellen Dienst des ORF, die Teilung des
israelischen Staates und eine Rückkehr des Anti-Semitismus in Europa.
Auch die Rolle der USA als Vermittler war hier Thema. Laut Mukaker
hätte Palästina hier keine wahre Alternative, obwohl sich die USA
klar hinter Jerusalem gestellt hätte. „Wir hoffen einfach, dass
dieser Deal vielleicht – wir leben ja im Land der Wunder – auch etwas
beinhaltet, das gut für uns ist“, so Mukaker. Shalicar konstatierte,
dass Jerusalem gegenüber Trump und den USA abwartend reagiere, da man
den Partner nicht einschätzen könne. Auch betonte er den immer
stärker werdenden Antisemitismus in Deutschland, für den er unter
anderem die Medien verantwortlich macht. Föderl-Schmid sah dies
jedoch als zu kurz gegriffen und betonte dabei die Hürden, die
journalistisches Arbeiten oft erschweren würden: „Es ist nicht immer
einfach, als Journalistin aus Israel zu berichten. Nicht alle
Pressekonferenzen stehen für alle Journalisten offen. Der letzte
Empfang der Auslandspresse glich einer Journalistenbeschimpfung.“
Im Anschluss bot der Autor Eliyah Havemann eine sehr persönliche
Perspektive. Der gebürtige Deutsche erzählte, warum er nach Israel
ausgewandert und zum Judentum konvertiert ist. Auch den von Shalicar
aufgebrachten Vorwurf des wachsenden Antisemitismus in Deutschland
griff er dabei auf: „Die doppelten Standards müssen aufhören. „Nathan
der Weise“ ist das schlimmste Buch für deutsche Juden, denn wir
werden an diesem Vorbild gemessen. Wir sind aber auch nicht besser
als andere und machen Fehler – diese sollte man uns auch zugestehen.“
Den Abschluss des inhaltsreichen Abends machten Thomas Schulz,
Bestsellerautor und Spiegel-Korrespondent im Silicon Valley, und
Richard Gutjahr, Mitarbeiter der Chefredaktion des Bayerischen
Fernsehens, im Gespräch mit Daniela Kraus, Geschäftsführerin des
fjum_forum journalismus und medien. Zum Thema „Diktatur der Daten –
Demokratie unter Druck“ bemerkte Schulz gleich zu Beginn:
„Entwicklungen dauern nicht mehr dreißig, sondern fünf Jahre.“ Dabei
waren sich beide Referenten einig, dass China in den Entwicklungen
der nächsten Jahre einen starken Einfluss haben werde. „Google will
nach China expandieren, weil China im Tech-Bereich immer stärker
wird. Es gibt Bedenken, dass das chinesische Modell – das staatlich
geförderte Wissenschaftsmodell – große Erfolge bringt“, führte Schulz
aus. „Die wertvollsten Start-ups sind in China – das führt zu
Nervosität im Silicon Valley“, ergänzte Gutjahr.
Fotos des Eröffnungsabends in der APA-Fotogalerie [hier]
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Über den Europäischen Mediengipfel
Seit dem Gründungsjahr 2007 bildet der Europäische Mediengipfel in
Lech am Arlberg einen außergewöhnlichen Rahmen für Diskussionen, in
denen ungefilterte Einblicke und fundierte Ausblicke in die anhaltend
turbulente Welt der Medien, die europäische Politik und die
wirtschaftlichen wie gesellschaftspolitischen Zusammenhänge der
europäischen Lebensrealität geboten werden. Der unter der
Schirmherrschaft des österreichischen Außenministeriums stehende
Europäische Mediengipfel – von der Kommunikationsagentur ProMedia
Kommunikation initiiert und seither federführend mit Lech Zürs
Tourismus GmbH und dem Verband der Auslandspresse in Wien organisiert
– wird von der Gemeinde Lech und dem Land Vorarlberg, dem Presseclub
Concordia sowie von der D. Swarovski Tourism Services GmbH, der BTV –
Bank für Tirol und Vorarlberg und BMW unterstützt. Weitere Partner
sind das Land Tirol, das Verbindungsbüro des Europäischen Parlaments
in Österreich und die Tirol Werbung. Als Medienpartner der
Veranstaltung fungieren Der Standard, die APA – Austria Presse
Agentur, das Handelsblatt, die Tiroler Tageszeitung sowie die
Vorarlberger Nachrichten.
Mag. Gabi Ziller
ProMedia
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