Behindertenanwalt: Hansjörg Hofer ruft PolitikerInnen zum Umdenken auf

Forderungen des Behindertenanwalts zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen 2018

Wien (OTS) – Am 3. Dezember wird der von den Vereinten Nationen
erstmals 1993 ausgerufene Internationale Tag der Menschen mit
Behinderungen begangen. Seit dem Jahr 1993 gab es große Fortschritte
bei der Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderungen in
Österreich. Meilensteine waren dabei beispielsweise das Inkrafttreten
des Behindertengleichstellungspakets und die Ratifizierung der
UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Dennoch
gibt es aus Sicht von Behindertenanwalt Hansjörg Hofer in vielen
Bereichen noch Nachholbedarf.

Schwierig gestaltet sich beispielweise der Zugang von Menschen mit
Behinderungen zum Arbeitsmarkt. Dieser ist Voraussetzung für die
Inanspruchnahme vieler Leistungen der Sozialversicherung und damit
für den uneingeschränkten Zugang zu dem wohl bedeutendsten System
sozialer Sicherheit in Österreich.

Als geeignete Maßnahme, um die Inklusion von Menschen mit
Behinderungen am Arbeitsmarkt zu verbessern, fordert der
Behindertenanwalt eine 1-2 jährige Entlastung der DienstgeberInnen,
die neue Dienstverhältnisse mit Menschen mit Behinderungen begründen,
von den Lohnnebenkosten, die für deren Beschäftigung anfallen würden.

Viele Menschen mit Behinderungen mit hohem Unterstützungsbedarf
gelten in Österreich nach sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften
als arbeitsunfähig. Dies hat zur Konsequenz, dass diese von Seiten
des Arbeitsmarktservice und des Sozialministeriumservice keine
Unterstützung mehr erhalten und damit meist auf Angebote der Länder
beschränkt sind, denen vorwiegend Therapiecharakter zugeschrieben
wird. Etwa 24.000 Menschen sind derzeit in so genannten
„Tagesstrukturen“ beschäftigt. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf
deren soziale Absicherung. Die Betroffenen erhalten statt eines
Arbeitsentgelts lediglich ein Taschengeld, sind nicht in der
Pensionsversicherung versichert und können auch die Leistungen der
Krankenversicherung aufgrund ihrer Mitversicherung nur mit
Einschränkungen in Anspruch nehmen. Aus Sicht von Hofer ist dieser
Zustand nicht nur vom Gesichtspunkt der UN-Konvention über die Rechte
von Menschen mit Behinderungen aus betrachtet unhaltbar.

In Anlehnung an die Abschlusserklärung zur kürzlich stattgefundene
Konferenz der EU-Ombudsleute für Menschen mit Behinderungen fordert
der Behindertenanwalt den umfassenden Zugang von Menschen mit
Behinderungen zu Inklusiver Bildung ab dem Kindergarten, da dieser
eine entscheidende Voraussetzung für den Zugang zu existenzsichernder
Erwerbsarbeit darstellt.

Ein weiteres Problem, mit dem viele Menschen mit Behinderungen
konfrontiert sind, ist die mangelnde Barrierefreiheit des Zugangs zu
ihren Wohnungen. Menschen mit Behinderungen, die eine Wohnung
gemietet haben oder EigentümerInnen einer solchen sind, haben derzeit
keinen Rechtsanspruch auf einen barrierefreien Zugang. Hier könnte
durch Änderungen der Mietrechtsgesetzes und des
Wohnungseigentumsgesetzes Abhilfe geschaffen werden. Außerdem ist die
Bereitstellung von zusätzlichem leistbarem barrierefreiem Wohnraum
notwendig, zumal aufgrund der zunehmenden Alterung der
österreichischen Bevölkerung zukünftig mit einem erhöhten Bedarf zu
rechnen ist.

„Maßnahmen, die die Selbstständigkeit und Selbstbestimmung von
Menschen mit Behinderungen fördern, zahlen sich doppelt aus. Sie sind
neben ihrem Nutzen für die AdressatInnen auch ökonomisch sinnvoll,
indem sie die Bereitstellung kostspieliger und begrenzt verfügbarer
Heimplätze ersparen“, so der Behindertenanwalt.

Eine weitere Forderung des Behindertenanwalts betrifft die
Rahmenbedingungen für die Nutzung persönlicher Assistenz in der
Freizeit. Für diese gibt es derzeit, je nach Bundesland, höchst
unterschiedliche Bedingungen. Aus Sicht von Behindertenanwalt Hofer
bedarf es einer bundesweit einheitlichen und bedarfsgerechten
Regelung für die Inanspruchnahme persönlicher Assistenz, unabhängig
davon, ob diese für die Absolvierung einer Ausbildung, die Ausübung
einer Erwerbstätigkeit oder in der Freizeit benötigt wird.

Im Rahmen des Inklusionspakets wurde 2017 eine Verdoppelung der
Mittel aus dem allgemeinen Budget für die Inklusion von Menschen mit
Behinderungen am Arbeitsmarkt beschlossen. Bisher fehlt jedoch ein
konkreter Plan für die Verwendung dieser Mittel. Aus Sicht von
Hansjörg Hofer wären diese für dringend erforderliche Maßnahmen zur
Verbesserung der Lage von Menschen mit Behinderungen am allgemeinen
Arbeitsmarkt sinnvoll eingesetzt.

Der Nationale Aktionsplan Behinderung (NAP Behinderung) für die
Jahre 2012 – 2020 enthält die Strategie der österreichischen
Regierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Für die
Zeit nach 2020 fordert Hofer gemeinsam mit InteressenvertreterInnen
die Schaffung eines neuen und verbesserten NAP. Mit dessen Erstellung
müsste dringend begonnen werden, da die Ergebnisse der Evaluierung
des alten NAP darin einfließen und dabei eine möglichst weitgehende
Partizipation von Menschen mit Behinderungen gewährleistet sein muss.

Eine besondere Rolle bei der Bewusstseinsbildung für die Situation
von Menschen mit Behinderungen kommt aus Sicht von Hofer politische
EntscheidungsträgerInnen zu, wobei Behindertenpolitik eine
Querschnittsmaterie ist, die alle Bereiche menschlichen Lebens
betrifft und somit die Zusammenarbeit aller Gebietskörperschaften und
Ressorts erfordert.

„Keine der von mir anlässlich des Internationalen Tages der
Menschen mit Behinderungen erhobenen Forderung ist neu. Dennoch werde
ich diese so lange bekräftigen, bis die Barrieren in den Köpfen
vieler politischer EntscheidungsträgerInnen überwunden sind. Ich
möchte diese zum Umdenken aufrufen und dazu ermutigen, sich für die
Rechte von Menschen mit Behinderungen einzusetzen“, so Hansjörg
Hofer.

Büro des Anwalts für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderung
Mag. (FH) Stephan Prislinger
+43 1 71100 862223
stephan.prislinger@sozialministerium.at
http://www.behindertenanwalt.gv.at

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