Noch keine Entscheidung über Totalverbot von Glyphosat
Landwirtschaftsausschuss vertagt Anträge der Opposition zu Pestiziden und GAP-Fördermitteln
Wien (PK) – Das Thema Glyphosat wird weiter auf der innenpolitischen
Tagesordnung bleiben. Der Landwirtschaftsausschuss vertagte heute mit
den Stimmen der Regierungsparteien und der NEOS einen Antrag der SPÖ
auf ein sofortiges Verbot des umstrittenen Pestizids, wobei ÖVP und
FPÖ ihren Beschluss mit den noch ausständigen Ergebnissen der
Machbarkeitsstudie begründeten. Auch die NEOS wollen noch
entsprechende Bewertungen abwarten, während hingegen SPÖ und JETZT
von akutem Handlungsbedarf angesichts der gesundheitlichen Risiken
sprachen und die Vertagung scharf kritisierten.
In die Warteschleife verwiesen die Regierungsparteien auch einen
SPÖ-Vorstoß betreffend ein Verbot des Insektizids Chlorpyrifos sowie
eine Serie von Anträgen, in denen die Opposition im Hinblick auf die
kommende GAP-Förderperiode mehr Nachhaltigkeit,
Verteilungsgerechtigkeit und Frauenförderung einmahnt. Vertagt wurden
schließlich auch eine SPÖ-Initiative mit der Forderung nach einer
globalen Gentechnikdatenbank sowie ein Vorschlag der NEOS betreffend
die stressfreie Schlachtung von Tieren am Bauernhof.
Glyphosatverbot bleibt umstritten
Die SPÖ beruft sich bei ihrem Vorstoß für ein sofortiges
Glyphosatverbot auf das Vorsorgeprinzip und weist vor allem auf
mögliche Gefahren für Gesundheit und Umwelt hin (18/A) .
Agrarsprecher Erwin Preiner schickte in diesem Zusammenhang auch die
Forderung nach einem Verbot des Insektizids Chlorpyrifos nach
(344/A(E)) , das, wie er warnte, als Nervengift extrem gefährlich für
Mensch und Tier sei. Bereits in acht EU-Staaten gebe es ein Verbot,
unterstrich er.
ÖVP-Abgeordneter Klaus Lindinger erinnerte an den wachsenden
Schädlingsdruck als Folge des Klimawandels, der die Notwendigkeit von
Pflanzenschutzmitteln erhöhe. Wichtig sei es, dass sich alle an die
Pflanzenschutzgesetze halten, bekräftigte er, was SPÖ-Abgeordneter
Markus Vogl wiederum mit der Bemerkung quittierte, noch mehr Chemie
könne nicht die Antwort auf die Klimaerwärmung sein.
Ausschussobmann Georg Strasser (ÖVP) machte auf die strengen Regeln
für die Anwendung von Glyphosat in Österreich aufmerksam und betonte,
im Unterschied zu anderen Staaten dürfe das Pestizid nicht auf reife
Früchte aufgebracht werden.
NEOS-Abgeordnete Karin Doppelbauer sprach sich für ein Verbot von
Glyphosat im privaten und kommunalen Bereich aus. Für Erwin Preiner
(SPÖ) ist das Kärntner Glyphosat-Verbot, das die private Anwendung
betrifft, ein erster richtiger Schritt, Ziel bleibe aber ein
Totalverbot.
Bundesministerin Elisabeth Köstinger verwies auf die derzeit laufende
Machbarkeitsstudie bezüglich Glyphosat, deren Ergebnisse im Frühjahr
2019 vorliegen werden. Chlorpyrifos wiederum werde auf EU-Ebene
wissenschaftlich bewertet. Auch hier sei mit Resultaten erst im
nächsten Jahr zu rechnen.
Die Abgeordneten Klaus Lindinger (ÖVP) und Peter Schmiedlechner (FPÖ)
plädierten vor diesem Hintergrund dafür, die entsprechenden
Ergebnisse abzuwarten und begründeten damit den mit den Stimmen der
Regierungsparteien und der NEOS beschlossenen Vertagungsantrag. Kein
Verständnis für diese Entscheidung hatten Erwin Preiner und
JETZT-Abgeordneter Wolfgang Zinggl, die mit Nachdruck auf die sowohl
für Glyphosat als auch für Chlorpyrifos von Studien dokumentierten
Gefahren für die Gesundheit hinwiesen und dringenden Handlungsbedarf
seitens der Politik orteten.
GAP-Förderungen: Opposition fordert Nachhaltigkeit,
Verteilungsgerechtigkeit und Frauenförderung
Einen neuerlichen Anlauf für einen Kurswechsel in der Gemeinsamen
Agrarpolitik (GAP) unternahm die SPÖ mit einem Antrag (171/A(E)) , in
dem Erwin Preiner mehr Verteilungsgerechtigkeit und Nachhaltigkeit
bei den landwirtschaftlichen Förderungen einmahnte. Geht es nach dem
Landwirtschaftssprecher der SPÖ, dann sollen in Zukunft die
Agrarförderungen im Rahmen des Umweltprogramms an einen Verzicht auf
Pestizide gekoppelt werden. Weitere Punkte sind die Umschichtung der
Mittel von den Direktförderungen hin zum ländlichen Raum sowie eine
Obergrenze für EU-Direktzahlungen an Großbetriebe. Handlungsbedarf
ortet er auch beim Breitbandausbau im ländlichen Raum sowie in Sachen
Eindämmung des Antibiotika-Einsatzes in der Tierhaltung.
SPÖ-Mandatarin Petra Wimmer wiederum will mit ihrer Initiative
(409/A(E)) die sozialen Dienste und die Mobilität im ländlichen Raum
stärken und darüber hinaus einen Frauenschwerpunkt setzen.
Entsprechende Vorgaben an die Mitgliedstaaten sollten in der
kommenden GAP-Förderperiode verankert werden, betonte sie.
Namens der NEOS wiederum erhob Karin Doppelbauer die Forderung nach
einem Einsatz von mindestens 50% der GAP-Fördermittel zu Abgeltung
der gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Bäuerinnen und Bauern
(475/A(E) .
In der Debatte forderte SPÖ-Abgeordneter Markus Vogl ebenso wie
Wolfgang Zinggl (JETZT) einmal mehr eine Umschichtung der
Fördergelder hin zu den landwirtschaftlichen Kleinbetrieben und in
den ländlichen Raum. Andreas Kühberger (ÖVP) zeigte sich hingegen
skeptisch und erinnerte an die unsichere Lage angesichts des Brexit
und seiner Folgen für die Landwirtschaftsgelder. Wenn wir die
Landwirtschaft in der aktuellen Form weiter betreiben wollen, dann
müssen wir das Geld in erster Linie für die LandwirtInnen aufwenden,
brachte FPÖ-Mandatar Maximilian Linder seine Irritation über das
SPÖ-Anliegen auf den Punkt.
Bundesministerin Elisabeth Köstinger kritisierte die auf EU-Ebene
geplanten Kürzungen im Bereich der ländlichen Entwicklung und
betonte, für Österreich sei es unabdingbar, dass die enormen
Leistungen der Landwirtschaft für die Gesellschaft abgebildet werden.
Dieses Ziel erfülle der derzeitige Vorschlag der europäischen
Kommission nicht. Man stelle sich auf harte Verhandlungen ein, gehe
es doch darum, die bäuerlichen Familienbetriebe weiterhin
abzusichern.
Im Hinblick auf die kommenden Verhandlungen wurden die drei Anträge
mehrheitlich vertagt.
NEOS für stressfreie Schlachtung
Eine stressfreie Schlachtung im gewohnten Lebensumfeld der Tiere ist
Anliegen der NEOS (474/A(E) ), wobei Karin Doppelbauer auf ein
entsprechendes Pilotprojekt aus Oberösterreich verwies. Dies sei auch
Wunsch der KonsumentInnen. Gerald Hauser (FPÖ) bezog sich ebenfalls
auf das laufende Pilotprojekt, dessen Ergebnisse es abzuwarten gilt.
Er stellte daher den Antrag auf Vertagung der NEOS-Initiative. Einig
war sich Hauser mit Cornelia Ecker (SPÖ) darin, dass in der Thematik
der Gesundheitsausschuss zuständig sei. Ecker unterstrich zudem, dass
eine stressfreie Schlachtung nicht zwingend mobile Schlachtung sein
muss, wie sie es im Antrag der NEOS ortete.
SPÖ und JETZT fordern globale Gentechnikdatenbank
Während in der Europäischen Union die so genannten „neuen
Züchtungstechniken“ unter das Gentechnikregime fallen und als
Gentechnik gekennzeichnet werden müssen, gibt es in den USA und
anderen Staaten keine derartigen Kennzeichnungspflichten für
Produkte, die gentechnisch manipulierte Organismen enthalten. Markus
Vogl (SPÖ) und Daniela Holzinger-Vogtenhuber (JETZT) appellieren
deshalb an die Bundesregierung (507/A(E)) , sich auf europäischer und
internationaler Ebene für die Schaffung einer globalen
Gentechnikdatenbank einzusetzen. Dies würde Transparenz bieten und
damit Entscheidungsfreiheit bei Import und Konsum ermöglichen,
argumentierten Vogl und Wolfgang Zinggl (JETZT). Eine entsprechende
Datenbank sowie eine Kennzeichnungspflicht würden KonsumentInnen und
ProduzentInnen mehr Sicherheit geben, insbesondere wenn sie sich für
Bio-Produkte entscheiden, sagte Vogl. Der Antrag bilde einen ersten
Schritt, global einheitliche Regelungen zu finden. Damit reagierte
Vogl auf Kritik von Franz Leonhard Eßl (ÖVP), der unterstrich, dass
es keinen global einheitlichen Begriff der Gentechnik gebe. Zu der
Frage müssten weitere Diskussionen geführt werden, begründete Eßl
seinen Vertagungsantrag. Dem schloss sich Georg Strasser (ÖVP) an,
der sich dafür aussprach, auch naturwissenschaftlich an die Thematik
heranzugehen und auf EU-Ebene zu diskutieren. Auf entsprechende Frage
von Erwin Preiner (SPÖ) sagte Landwirtschaftsministerin Elisabeth
Köstinger, dass Österreich seinen Bedarf nicht gänzlich selbst decken
kann – trotz seiner Anstrengungen, nicht mehr auf Sojaimporte
angewiesen zu sein. (Schluss Landwirtschaftsausschuss) hof/see
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