Ärztegewerkschaft Asklepios zieht vor den EGMR, um das österreichische Gewerkschaftsmonopol anzufechten

Die Ärztegewerkschaft sieht sich an ihrer Betätigungsfreiheit als Gewerkschaft gehindert – was dem europäischen Grundrecht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit widerspricht.

Wien (OTS) – Die Ärztegewerkschaft Askepios hat Beschwerde beim
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht, da sie nach
dem geltenden österreichischen Arbeitsverfassungsgesetz und durch die
Sozialpartnerschaft in ihren grundrechtlich garantierten
Betätigungsmöglichkeiten als Gewerkschaft massiv eingeschränkt wird.
Gewerkschaften in Österreich können außerhalb des ÖGB nur am Papier
gegründet werden – was dem europäischen Grundrecht auf Versammlungs-
und Vereinigungsfreiheit widerspricht.

In Österreich stellt die Gründung einer Gewerkschaft ein
Grundrecht dar. Wesentliches Merkmal gewerkschaftlicher Betätigung
ist in Österreich allerdings die Kollektivvertragsfähigkeit. An diese
geknüpft ist die gewerkschaftliche Betätigungsfreiheit durch
kollektives Verhandeln, der Abschluss von Verträgen zwischen
Arbeitgebern und Arbeitnehmern, das Vertretungsrecht von
ArbeitnehmerInneninteressen sowie das Zutrittsrecht zum Betrieb. Die
Kollektivvertragsfähigkeit wird unter strengen Auflagen vom
Bundeseinigungsamt zuerkannt, unter anderem wenn eine
Berufsvereinigung aufgrund ihrer Mitgliederzahlen und ihres
geografischen Wirkungsbereichs ausreichend tätig ist.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen in Österreich verstoßen gegen
die Europäische Menschenrechtskonvention: Zwar kann jeder eine
Gewerkschaft in Österreich gründen, sich jedoch nicht angemessen
gewerkschaftlich betätigen. Österreich stellt daher nur die
Kreations- nicht aber die Betätigungsfreiheit sicher.

In Österreich wird die gewerkschaftliche Betätigungsfreiheit nach
Artikel 11 EMRK aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen massiv
eingeschränkt.

Dr. Christoph Völk, Partner bei STVS Rechtsanwälte und Vertreter
der Beschwerde vor dem EGMR, erklärt: „Die österreichische
Sozialpartnerschaft und die rigiden Voraussetzungen des
Arbeitsverfassungsgesetzes schaffen ein in sich geschlossenes System,
welches unter den Konventionsstaaten der Europäischen Gemeinschaft
einzigartig ist. Nach Ansicht von Asklepios wird dadurch gegen das
europäische Grundrecht, eine Gewerkschaft zu gründen und auch als
Gewerkschaft tätig zu werden, verstoßen, da in Österreich eine
Gewerkschaftsgründung außerhalb bestehender Strukturen faktisch nur
am Papier möglich ist. Darüber hinaus werden die Sozialpartner
verfassungsrechtlich besonders geschützt und es bestehen sehr hohe
Hürden für die Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit. Die
Betätigung als Gewerkschaft ist damit nicht möglich. Das stellt einen
schweren Eingriff in Grundrechte dar.“

Durch die gesetzliche Pflichtmitgliedschaft von ArbeitnehmerInnen
in Kammern und die gesetzlich geförderte Monopolstellung des ÖGB als
gewerkschaftliche Vertretung ist es – anders als in anderen
europäischen Ländern – kaum möglich, in Österreich als Gewerkschaft
außerhalb des ÖGB tätig zu werden.

Dr. Anna Kreil, Obfrau von Asklepios: „ArbeitnehmerInnen in
Österreich, die gewerkschaftlich tätig werden wollen, werden zum
Beitritt in der einzig etablierten Gewerkschaft, dem ÖGB – förmlich
gezwungen. Darüber hinaus besteht in jedem Fall die gesetzlich
verpflichtende Mitgliedschaft in einer Kammer.“

Zwtl.: Ablehnung durch Bundeseinigungsamt, Verwaltungsgericht und
Verfassungsgerichtshof

Asklepios hat bereits im Jahr 2015 Antrag auf Verleihung der
Kollektivvertragsfähigkeit beim Bundeseinigungsamt gestellt. Dies
wurde abgelehnt, mit der Begründung, dass Asklepios aufgrund der
Mitgliederzahlen nicht sozial mächtig sei. Die Beschwerde dagegen
beim Bundesverwaltungsgericht wurde abgewiesen. In Folge wurde
Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof eingereicht, mit der
Begründung, dass die Bestimmungen des österreichischen
Arbeitsverfassungsgesetzes gegen Artikel 11 der
Menschenrechtskonvention auf Vereinigungsfreiheit verstoßen. Auch
diese Beschwerde wurde abgelehnt, ebenso die folgende Revision durch
den Verwaltungsgerichtshof (VwGH). Eine Beschwerde beim Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte wurde eingereicht.

Wird die Beschwerde am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
zur Behandlung angenommen, so steht das gesetzlich abgesicherte
österreichische Gewerkschaftsmonopol auf dem Prüfstand.

Asklepios – Gewerkschaft für angestellte Ärztinnen und Ärzte
Mag. Verena Flatischler
Pressestelle
0664/9657436
v.flatischler@med4more.at

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