VIRUS: Standortentwicklungsgesetz nicht besser geworden – längere Verfahren zu erwarten
Desinformation, Schikanen und breiter Angriff auf Umwelt unter dem Diktat der Wirtschaft
Wien (OTS) – Einen negativen Befund stellt die Umweltorganisation
VIRUS auch der Neufassung des Standortentwicklungsgesetzes aus.
UVP-Experte Wolfgang Rehm „Hinter der Desinformation der
Bundesregierung im Vorfeld der Einbringung war ein Gesetzestext
verborgen, der nach wie vor mit Verfassung und Unionsrecht in
Konflikt steht. Auch das neue Gesetz gibt eine Genehmigungsgarantie,
Bundeskanzler Kurz hat die Öffentlichkeit mit der Aussage, dass
Ergebnisoffenheit gegeben sei, falsch informiert.“
Das Gesetz sei laut VIRUS auch nicht zeitsparend wirksam. Neue
Verfahrensvorschriften wie das Anerkennungsverfahren zur Aufnahme in
die Liste der standortrelevanten Projekte und die erzeugten massiven
Rechtsunsicherheiten, die zu vielen Musterverfahren zur eindeutigen
Klärung der Rechtslage führen müssten, würden nicht Zeit sparen
sondern Zeit kosten. Nicht beachtet worden sei, dass bei
Konzentration der viel zu knappen Ressourcen bei Behörden,
Sachverständigen und Gerichten auf die „standortrelevanten“ Projekte
damit die nicht privilegierten Verfahren benachteiligt würden und mit
Verschlechterungen bei der Behandlung ihrer Anträge rechnen müssten.
Von einer Strukturierung des Verfahrens könne nicht die Rede sein,
Verfahrensparteien würden in einer Weise schikaniert, die unter
anderem frühzeitige Vorbringen unmöglich machen würde, während die
für überlange Verfahren hauptverantwortlichen Projektwerber völlig
unbehelligt blieben. So sei nicht gewährleistet, dass bis zur nach 12
Monaten zu erteilenden Genehmigung auch nur einer der wesentlichen
Verfahrensschritte die von der öffentliche Auflage mit Beginn der
Öffentlichkeitsbeteiligung, über die Vorlage des UVP-Gutachtens auf
das sich die Entscheidung stützen müsste, bis zur mündlichen
Verhandlung reichten, durchgeführt worden sind. „So ist auch nicht
davon auszugehen, dass überhaupt eine Prüfung stattfindet, die den
Anforderungen der UVP- Richtlinie und damit dem Unionsrecht
entspricht. Auf diese Weise kann aber zu diesem Zeitpunkt in den
allermeisten Fällen kein Sachverhalt so unzweifelhaft feststehen, wie
dies für eine somit nur theoretisch mögliche Versagung der
Genehmigung erforderlich wäre“, so Rehm. Dieselben Verfahrensregeln
sollen auch für die Beschwerdeverfahren in der 2. Instanz gelten,
damit wäre auch dort nicht gewährleistet, dass der gebotene
Prüfmaßstab zur Anwendung komme, das Gesetz sei europarechtswidrig.
Der entgegen den Ankündigungen von Ministerin Schramböck, in den
Instanzenzug nicht eingreifen zu wollen, ins Gesetz geschriebene
Eingriff in das verwaltungsgerichtliche Verfahren stünde weiters in
Konflikt mit jenen Verfassungsbestimmungen, die dessen Grundlage
bilden.
„Ein teurer, dem Amtsgeheimnis unterliegender Alibi-Beirat zur
Schein-Objektivierung offensichtlich bereits feststehender
Entscheidungen ist dann nur mehr das Tüpfelchen auf dem i der
Regierungsvorlage“, so Rehm. So würden immer wieder dieselben
Projekte genannt, wegen deren langer Verfahrensdauer das
Standortentwicklungsgesetz zu schaffen sei. „Es sind dies Flughafen
Wien – 3.Piste, S1-Lobautunnel, 380-kV Salzburgleitung, A26-Westring,
S7 Fürstenfeldschnellstraße, Kraftwerk Kühtai“, erläutert Rehm. Eine
Analyse, wie sie vom Schramböck-Ressort zu erwarten gewesen aber
verabsäumt worden sei, zeige, dass von diesen Verfahren lediglich
drei innerhalb von 12 Monaten bis zur öffentlichen Auflage gekommen
seien. Bei keinem einzigen wäre nach dieser Zeit das UVP-Gutachten
vorgelegen. Die Schuld liege somit bei den Projektwerbern. „Hier soll
offenbar ein breiter Angriff auf die Umwelt unter dem Diktat der
Wirtschaft vorangetrieben werden. Der Bundesregierung, die vom
Umweltmusterland Österreich nichts mehr wissen will, ist dafür jedes
Mittel recht und sind kontraproduktive Wirkungen auf allen Ebenen
völlig egal“, kritisiert Rehm. Heute endet die Stellungnahmefrist in
der vom Wirtschaftsausschuss angesetzten zweiten Begutachtung „Noch
hat der Gesetzgeber Zeit, diesem Gesetzes-Pallawatsch eine Absage zu
erteilen,“ so Rehm abschließend.
Wolfgang Rehm, 0699/12419913, virus.umweltbureau@wuk.at
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