Arbeitnehmermitbestimmung ist gefährdet: AK fordert Stärkung der Betriebsräte

Linz (OTS) – <a>Eine große ISW-Betriebsrätebefragung im Auftrag der
AK Oberösterreich zeigt, dass die Arbeitnehmermitbestimmung auch in
den Betrieben gefährdet ist – nicht zuletzt durch Maßnahmen und Pläne
der Bundesregierung. „Das österreichische Erfolgsmodell ist ohne
Arbeitnehmermitbestimmung nicht denkbar“, sagt AK-Präsident Dr.
Johann Kalliauer. „Die Betriebsräte leisten enorm wertvolle Arbeit
für die Gesellschaft. Deshalb fordern wir, dass sie nicht geschwächt,
sondern gezielt gestärkt werden!“</a>

552 Betriebsratsvorsitzende aus ganz Oberösterreich sowie aus
allen Branchen und Wirtschaftsbereichen haben sich im September an
der ISW-Betriebsrätebefragung 2018 beteiligt.

Die Änderungen bei der Höchstarbeitszeit (12-Stunden-Tag sowie
60-Stunden-Woche als Regel und nicht als Ausnahmefall, Entfall der
Notwendigkeit sowohl einer Betriebsvereinbarung als auch einer
Prüfung durch das Arbeitsinspektorat) werden von den
Betriebsratsvorsitzenden einhellig abgelehnt. 92 Prozent (!) bewerten
diese Änderungen durch die aktuelle Regierungskoalition als eher
nicht bis überhaupt nicht positiv (davon alleine 57 Prozent als
überhaupt nicht positiv), nur acht Prozent als eher bis sehr positiv.
Jeweils etwa vier Fünftel der Befragten befürchten negative
Auswirkungen auf Gesundheit und Arbeitssicherheit einerseits sowie
auf Familienleben und Freizeitgestaltung andererseits. Interessant
erscheint, dass immerhin 42 Prozent der Befragten negative Folgen für
das Einkommen der Beschäftigten in ihrem Betrieb erwarten. Diese
Einschätzungen der Betriebsratsvorsitzenden haben sich als sehr
begründet erwiesen, wie die mittlerweile bekannt gewordenen ersten
Rechtsfälle zum 12-Stunden-Tag zeigen.

Das aktuelle Regierungsprogramm sieht vor, den Jugendvertrauensrat
abzuschaffen. Dabei werden die Jugendvertrauensräte von den
Betriebsratsvorsitzenden sehr geschätzt. Bezogen auf alle Befragten
finden es 83 Prozent eher bis sehr wichtig, dass Jugendliche im
Betrieb durch einen Jugendvertrauensrat vertreten werden. Betrachtet
man nur jene Betriebsratsvorsitzenden, in deren Betrieb tatsächlich
ein Jugendvertrauensrat existiert, steigt dieser Anteil sogar auf 91
Prozent! (31 Prozent oder 173 von 552 Betriebsräten gaben an, dass es
in ihrem Betrieb einen Jugendvertrauensrat gibt.) Die Zusammenarbeit
zwischen Jugendvertrauensrat und Betriebsrat ist vielfältig. Der
Jugendvertrauensrat ist auch deshalb für den Betriebsrat sehr
wichtig, weil ersterer gewissermaßen eine Schule für letzteren
darstellt. So gaben 56 Prozent an, dass derzeitige
Betriebsratsmitglieder zuvor im Jugendvertrauensrat tätig waren. Die
Abschaffung des Jugendvertrauensrates würde indirekt also auch die
Betriebsratsarbeit schwächen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass es
für viele Betriebsratsvorsitzende schon jetzt schwierig ist,
geeignete und motivierte Betriebsratsmitglieder zu finden.

88 Prozent der Betriebsratsvorsitzenden empfinden es als eher
nicht bis überhaupt nicht leicht, aus ihrer Sicht geeignete Personen
für die Mitarbeit im Betriebsrat zu gewinnen. Als wichtigster
Hindernisgrund für ein Engagement in der betrieblichen
Interessenvertretung wird von den Betriebsratsvorsitzenden der
Zeitdruck in der Arbeit betrachtet. Weitere wichtige Störfaktoren bei
der Rekrutierung betriebsrätlichen Nachwuchses sind die Angst vor
beruflichen Nachteilen sowie das Übergreifen der Betriebsratsarbeit
in den Freizeitbereich.Dass auch in Österreich im Jahr 2018
Betriebsräte mitunter Repressionen zu gewärtigen haben, zeigt der
jüngst bekannt gewordene Plan des AUVA-Obmanns, den eigenen
Betriebsratsvorsitzenden wegen kritischer Äußerungen anzuzeigen.

Eine skeptische Position haben die Betriebsratsvorsitzenden
gegenüber der von der Regierung beabsichtigten gesetzlichen
Zusammenlegung von Arbeiter- und Angestelltenbetriebsrat. Den 17
Prozent der Befragten, die dies als Stärkung interpretieren, stehen
43 Prozent gegenüber, die darin eher eine Schwächung sehen. 40
Prozent haben dazu keine dezidierte Meinung. Eine Zusammenlegung auf
Basis der bestehenden Regelungen über die Anzahl der
Betriebsratsmitglieder und über die Freistellung würde jedenfalls zu
einer geringeren Zahl von Betriebsratsmitgliedern führen. Damit würde
die betriebliche Mitbestimmung nachhaltig geschwächt.

Der Kurs der Regierung, die Arbeitnehmermitbestimmung
zurückzudrängen, findet also auf der betrieblichen Ebene seine
Fortsetzung. „Wir lehnen diesen Kurs entschieden ab“, betont
AK-Präsident Kalliauer. „Stattdessen verlangen wir eine gezielte
Stärkung der Betriebsräte: durch eine Wiederherstellung der
Mitbestimmungsmöglichkeiten im Arbeitszeitrecht, durch ein klares
Bekenntnis zum Jugendvertrauensrat, durch die Beibehaltung getrennter
Arbeiter- und Angestelltenbetriebsräte, durch Ausbau und flexiblere
Gestaltung der Ansprüche auf Freistellung, durch Erweiterung des
Kündigungs- und Benachteiligungsschutzes sowie durch Schaffung der
rechtlichen Voraussetzungen für die Gründung von
Cluster-Betriebsräten, zum Beispiel in Einkaufszentren oder
Gewerbeparks.“

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Arbeiterkammer Oberösterreich
Hans Promberger
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