Evangelisch-lutherische Synode geht in Richtung Trauung für alle
Evangelische Kirche befragt jetzt Pfarrgemeinden – Endgültige Entscheidung soll am 9. März in Synode fallen
Wien (OTS) – Über die Frage, ob es in der evangelisch-lutherischen
Kirche in Österreich künftig Trauungen für homosexuelle Paare geben
wird, sollen nun die Pfarrgemeinden beraten. Das hat die Synode, das
evangelische „Kirchenparlament“, am Freitag, 7. Dezember, in Wien
beschlossen. „Wir machen uns auf den Weg, die kirchliche Trauung für
homosexuelle Paare einzuführen“, sagte der evangelisch-lutherische
Bischof Michael Bünker in einer ersten Reaktion auf den Beschluss.
Gemeinden sollen nun die Möglichkeit haben, dazu Stellung zu nehmen,
„das entspricht einem typisch evangelischen Weg“.
Konkret geht es in der Befragung der Pfarrgemeinden etwa darum, ob
und in welcher Form einzelne Gemeindevertretungen eine mögliche „Ehe
für alle“ in ihrer Gemeinde ablehnen können. Soll es ein „opt-in“
geben, d.h. Voraussetzung für eine Trauung homosexueller Paare ist
ein vorausgegangener positiver Beschluss der Pfarrgemeinde, oder soll
es ein „opt-out“ geben, d.h. Gemeinden können sich gegen die
Möglichkeit der Trauung Homosexueller aussprechen? Gilt dann die
gewählte Variante für gemeindeeigene Kirchengebäude oder für das
gesamte Pfarrgemeindegebiet? Auch soll geklärt werden, ob es
kirchliche Segnungen künftig auch für eingetragene Partnerschaften
für homo- und heterosexuelle Paare geben soll. Die endgültige
Entscheidung soll dann auf der Synode am 9. März 2019 fallen.
Nach fast vierstündiger intensiver Debatte stimmten 54 von 63
Mitgliedern der Synode für diesen Antrag. Die Synode gibt damit eine
Empfehlung ihres theologischen Ausschusses an die 194 lutherischen
Gemeinden mit rund 285.000 Mitgliedern weiter. In dem Schreiben heißt
es: „Die Bedingungen, unter denen Menschen heute ihre Beziehungen in
verlässlicher und verbindlicher Form leben, haben sich gegenüber den
Entstehungszeiten von Bibel und Bekenntnisschriften geändert“. Die
Kirche solle auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften würdigen
„sofern sie auf lebenslange Treue, gegenseitige Fürsorge und Beistand
ausgerichtet sind“. Um unterschiedlichen Auffassungen zu
homosexuellen Partnerschaften innerhalb der Kirche Rechnung zu
tragen, sollen kirchliche Trauungen für gleichgeschlechtliche Paare
nur in solchen Pfarrgemeinden durchgeführt werden, in denen
Gemeindevertretung und Pfarrerin bzw. Pfarrer sich dafür aussprechen.
Die Gemeinschaft der Kirche, heißt es in dem Papier, werde durch
diese unterschiedlichen Auffassungen und die Entscheidungsautonomie
der Pfarrgemeinden „nicht in Frage gestellt“.
Dass es für eingetragene Partnerschaften sowohl hetero- als auch
homosexueller Paare keine kirchliche Trauung oder Segnung in einem
öffentlichen Gottesdienst geben soll, wird in der Empfehlung des
Theologischen Ausschusses mit ihrer geringeren Verbindlichkeit
begründet, daher seien diese Partnerschaften „nicht auf der gleichen
Ebene wie die Ehe“ zu sehen.
Bereits im Eröffnungsgottesdienst zur Synode hatte Bischof Michael
Bünker „Gegensätze als Geburtsmerkmal der Kirche“ bezeichnet und
damit auf das Konfliktthema angespielt. Vorangegangen war der
innerkirchlichen Diskussion um die Ehe für alle ein Erkenntnis des
Verfassungsgerichtshofs vom Dezember 2017, der die Beschränkung der
zivilrechtlichen Ehe auf heterosexuelle Paare für verfassungswidrig
erklärt hatte. Ab Jänner 2019 können somit auch homosexuelle Paare
standesamtlich heiraten.
Da für eine evangelische Trauung die standesamtliche Heirat
Voraussetzung ist, musste sich die Synode mit der Thematik befassen.
Anders als in der römisch-katholischen Kirche ist die Ehe in den
evangelischen Kirchen kein Sakrament, sondern, wie es der Reformator
Martin Luther formuliert hatte, ein „weltlich Ding“. In der
Evangelischen Kirche H.B., der evangelisch-reformierten Kirche, sind
öffentliche Segnungen von homosexuellen Paaren übrigens seit 1999
möglich.
epdÖ
Dr. Thomas Dasek
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