Liebe EU, warum ist ein Lebensmittelproduzent mit 350 Mio. Umsatz besonders schützenswert?

UTP-Richtlinie durchgewunken: Heimischer Lebensmittelhandel sieht willkürliche Ausweitung des Schutzbereichs auf große Unternehmen kritisch.

Wien (OTS) – Der Handelsverband hat die ursprüngliche Intention der
UTP-Richtlinie begrüßt, bestimmte Handelspraktiken in der
Lebensmittelversorgungskette zu verbieten, um dadurch die
wirtschaftliche Position von klein- und mittelständischen
landwirtschaftlichen Betrieben zu stärken.

„Die heute verkündete Einigung im Trilog zwischen Kommission, Rat
und Europäischem Parlament, Unternehmen bis zu einer Umsatzgrenze von
350 Mio. Euro in den Schutzbereich miteinzubeziehen, ist aus unserer
Sicht jedoch ein unverhältnismäßiger Eingriff in den Wettbewerb“,
sagt Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes. „Unklar ist
überdies, wie die globale Umsatzgrenze von 350 Mio. Euro in der
Praxis berechnet wird und welche Umsätze überhaupt darunter fallen.
Das ist grob fahrlässig“, so Will.

Durch die Ausweitung des Anwendungsbereichs fallen in Österreich
ca. 99 Prozent aller Lieferanten in den Schutzbereich. Geschützt
werden damit also nicht mehr die kleinen Landwirte, sondern faktisch
alle Lieferanten gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel. Für die
weitreichende Ausweitung des Geltungsbereichs liegt zudem keine
legitime rechtliche Kompetenzgrundlage vor. Die dafür notwendige neue
Folgenabschätzung wurde nicht durchgeführt.

Zwtl.: Unlautere Geschäftspraktiken: österreichische Handelsbetriebe
EU-weit als Vorreiter

In der Endfassung der Richtlinie finden sich erfreulicherweise
nicht die vom Handelsverband als problematisch aufgezeigten Verbote
von strengeren Tierschutz- und Umweltschutzauflagen, die über das
gesetzliche Minimum hinausgehen. Auch das heiß diskutierte Verbot von
Einkaufsgemeinschaften konnte im Sinne der heimischen Konsumenten
erfolgreich abgewendet werden.

Die Anzahl der verbotenen Praktiken hat sich zwar verdoppelt,
jedoch zählen die heimischen Handelsunternehmen bereits heute zu den
europäischen Vorzeigebetrieben. Unter anderem sollen folgende
Praktiken durch die UTP-Richtlinie untersagt werden:

die rückwirkende Änderung vertraglicher Verpflichtungen;ndie Verweigerung der schriftlichen Bestätigung einer
Vereinbarung;ndie missbräuchliche Verwendung von vertraulichen Informationen im Zusammenhang mit der Liefervereinbarung;ndie Forderung einer Entschädigung vom Lieferanten für die Kosten der Bearbeitung von Beschwerden über die Erzeugnisse des Lieferanten;ndas Verlangen von Zahlungen oder sonstigen geldwerten Leistungen ohne entsprechende Gegenleistung;ndas Ergreifen oder Drohen mit Vergeltungsmaßnahmen, wenn ein Lieferant von seinen vertraglichen bzw. gesetzlichen Rechten Gebrauch macht.n Die Reinfassung des heutigen Beschlusses wurde seitens der EU noch
nicht veröffentlicht, weshalb die Auswirkungen auf den heimischen
Lebensmittelmarkt und dessen Konsumenten noch nicht abschließend
beurteilt werden können.

Der österreichische Lebensmittelhandel betrachtet Landwirte als
wichtige Partner in der Lebensmittelversorgungskette: Um das
Miteinander entlang der Lebensmittelkette fairer zu gestalten, hat
der Handelsverband gemeinsam mit dem Bundesministerium für
Nachhaltigkeit und Tourismus erst kürzlich eine
Selbstverpflichtungserklärung präsentiert, in der sich
Lebensmittelhandel (REWE International, SPAR, HOFER, LIDL Österreich,
METRO Österreich und UNIMARKT) freiwillig mit einer
Branchenvereinbarung zum Fairnesskatalog der Bundeswettbewerbsbehörde
bekennt. Darüber hinaus hat der Handelsverband gemeinsam mit dem BMNT
eine Ombudsstelle konzipiert, die nächstes Jahr gesetzlich verankert
wird, und vor allem als außergerichtliche Meditationsstelle dienen
soll.

Handelsverband
Mag. Gerald Kuehberger, MA
Communications Manager
Tel.: +43 (1) 406 22 36 – 77
gerald.kuehberger@handelsverband.at
www.handelsverband.at

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