Teurer Strom belastet Wirtschaftsstandort Österreich
WKÖ fordert rasche Maßnahmen zum Schutz vor Jobverlusten – Mehrkosten von 300 Millionen pro Jahr wegen Preiszonentrennung für stromintensive Betriebe nicht tragbar
Wien (OTS) – „Der heimische Wirtschaftsstandort kommt in Hinblick auf
die zuletzt stark gestiegenen Strompreise weiter unter Druck. Die
Teilung der deutsch-österreichischen Strompreiszone hat eine massive
Benachteiligung der Unternehmen und insbesondere der stromintensiven
Industrie mit sich gebracht. Es besteht Handlungsbedarf, denn die
Mehrbelastungen sind für unsere Unternehmen auf Dauer untragbar“,
betonte heute, Mittwoch, der Leiter der Energie- und
umweltpolitischen Abteilung der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ),
Stephan Schwarzer, in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Andreas
Mörk, Geschäftsführer der Bundessparte Industrie, sowie Sonja
Starnberger, Geschäftsführerin des Energieinstituts der Wirtschaft
(EIW).
Zwtl.: Umfrage bestätigt Trend steigender Strompreise
Im November hat das EIW bei österreichischen Unternehmen eine
Umfrage über die ersten Erfahrungen nach der Trennung der
Strompreiszonen durchgeführt. „Fast die Hälfte der Unternehmen, die
rückgemeldet haben, mussten Mehrkosten auf ihrer Stromrechnung
verkraften. Zu den allgemein steigenden Stromkosten wirkt nun auch
die Trennung der Strompreiszone zusätzlich belastend,“ erläutert
Sonja Starnberger. Der Preisunterschied lag in einem Drittel der
Fälle sogar zwischen 7,5 und 10 Euro pro Megawattstunde zu Lasten
Österreichs.
Die Wirtschaft hat sich immer gegen die Trennung der
deutsch-österreichischen Strompreiszone ausgesprochen. „Nun stehen
wir vor Strompreissteigerungen um zweistellige Prozentsätze. Damit
wurden die offiziellen Prognosen einer Steigerung um 2-3 Euro pro
Megawattstunde (MWh) deutlich übertroffen“, sagt Schwarzer. So haben
sich in stromintensiven Industrieunternehmen im Zeitraum Oktober bis
Dezember 2018 Mehrkosten in Höhe von bis zu 2,1 Millionen Euro
angesammelt, was einer Zusatzbelastung in diesem Quartal beim
Strompreis von 15 Prozent entspricht. Weitere Meldungen über
Preisaufschläge um 25 und 36 % liegen uns vor.
„Kostensprünge in dieser Höhe sind für die Betriebe nicht zu
verkraften. Wir brauchen rasch Entlastungsmaßnahmen“, so Mörk. Hier
ist Augenmaß der Stromlieferanten gefragt, denn diese Ausmaße der
Erhöhung schießen über die tatsächlich notwendigen Kosten weit
hinaus. „Wir fordern Energieunternehmen auf, Mehrkosten auf das
unvermeidbare Maß einzugrenzen und von einseitigen Preiserhöhungen
überhaupt Abstand zu nehmen, wenn es im Vertrag dafür keine
Ermächtigung gibt“, ergänzt Schwarzer.
Zwtl.: Rasches und entschlossenes Gegensteuern der Politik gefordert
Seit Oktober 2018, als die bislang gemeinsame Preiszone
Österreichs und Deutschlands für Strom getrennt wurde, ist der
Strompreis im Schnitt an der Börse (EPEX Spot SE, Day-Ahead) je MWh
um rund 8 Euro teurer. Die Auftrennung des deutsch-österreichischen
Marktgebietes hat damit den heimischen Stromkunden im Day-Ahead-Markt
im Oktober 2018 rund 31,5 Millionen Euro gekostet, im November lagen
die Mehrkosten bei rund 18,5 Millionen Euro.
Eine kurzfristige Entwarnung für den Strompreis ist nicht
absehbar. Eher sind zusätzliche Preissprünge durch den bevorstehenden
Atom- und Kohleausstieg in Deutschland zu erwarten. „Ein rasches und
entschlossenes Gegensteuern der Politik im neuen Jahr soll die
entstehenden negativen Preiseffekte abfedern. Es gilt jetzt den
regulatorischen Handlungsspielraum auf nationaler Ebene zu nutzen und
durch entsprechende Entlastungen mit Deutschland gleichzuziehen“,
unterstreicht Schwarzer.
Grundsätzlich widerspricht die Trennung des Strombinnenmarkts an
der Staatsgrenze dem Ziel der Energieunion diametral. Innerdeutsche
Leitungsengpässe werden nur künstlich an die deutsch-österreichische
Grenze verschoben. Hier ist Unionsrecht gefordert, um das verlorene
Terrain wieder zurückzugewinnen.
Zwtl.: Zweckwidmung der Versteigerungserlöse aus dem Emissionshandel
Vorbild sollte eine Kostenentlastung für energieintensive Betriebe
nach dem Beispiel Deutschlands sein, indem die Versteigerungserlöse
aus dem EU-Emissionshandel zur Finanzierung ihrer klima- und
energiepolitischen Maßnahmen zweckgewidmet werden. Der entsprechende
Ansatz hierzu findet sich bereits in der #mission2030 Klima- und
Energiestrategie der Bundesregierung. „Parallel dazu müssen die
indirekten CO2-Kosten aus dem EU-Emissionshandel nach deutschem
Vorbild kompensiert werden“, so Schwarzer.
Zudem fordert die Wirtschaft einen konsequenten Ausbau der
europäischen Übertragungsnetze, insbesondere in Deutschland und
Österreich, um die grenzüberschreitenden Stromhandelskapazitäten
rasch wieder zu erhöhen. Das öffentliche Interesse an lückenloser
Versorgungssicherheit rund um die Uhr muss endlich wieder in den
Genehmigungsverfahren mehr zählen als Einzelinteressen. Die Politik
kann nicht tatenlos zusehen, wenn wir immer näher an
Blackout-Situationen anstreifen. Der Engpass der Salzburgleitung
kostet die Stromkunden 100 Millionen Euro und verursacht
Mehremissionen von 1,5 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr.
„Ein Weg, um den Anstieg der Netzentgelte zu bremsen, liegt in der
verbesserten Einbindung von Industrieanlagen in den Regel- und
Ausgleichsenergiemarkt und in das Engpassmanagement. Dieses in
Deutschland bereits praktizierte Demand-Side-Management hilft, die
Kosten in Griff zu bekommen. Gleichzeitig nutzen wir die Chancen der
Digitalisierung durch Anreize für smartes Verbraucherverhalten. Die
Industrie kann damit einen ökonomisch sinnvollen Beitrag zur
Netzstabilität leisten“, so Mörk. „Wir müssen gegensteuern, ehe
zunächst Produktionsaufträge, dann Investitionen und schließlich
Arbeitsplätze verloren gehen“, so Schwarzer und Mörk abschließend.
(PWK892/DFS/us)
Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik
Univ.Doz.Dr.Mag. Stephan Schwarzer
Telefon: +43 5 90 900 4195
stephan.schwarzer@wko.at
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Bundessparte Industrie
Mag. Andreas Mörk
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