Wirksamkeit einer neuen Therapie für seltene Bluterkrankung nachgewiesen
Wien (OTS) – Kälteagglutinine sind IgM-Antikörper im Blut, die meist
erst bei niedrigeren Temperaturen wirksam werden. Sie verursachen die
so genannte Kälteagglutinin-Krankheit, eine seltene
Autoimmunerkrankung, die eine Person unter 150.000 Menschen betrifft.
Dabei bildet das Immunsystem Antikörper gegen die eigenen
Blutkörperchen, die schließlich von der Leber „aufgefressen“ bzw.
abgebaut werden. Nun konnten ForscherInnen der MedUni Wien erstmals
die Wirksamkeit einer neuen, dauerhaften Therapie nachweisen. Das
eröffnet eine neue therapeutische Option, bei der die
Kälteagglutininerkrankung wie eine chronische Krankheit behandelt
werden kann.
Die Kälteagglutinin-Krankheit ist eine Unterform der
autoimmunhämolytischen Anämie (Blutarmut) und gekennzeichnet durch
die Anwesenheit von Kälte-Autoantikörpern. Diese können das
Komplementsystem – einen Teil des angeborenen Immunsystems, mit u.a.
auch zellzerstörenden Eigenschaften – aktivieren, wodurch ein Teil
des Komplements am Blutkörperchen andockt und dieses damit quasi für
die Zerstörung durch Fresszellen in der Leber „markiert“. „Die roten
Blutkörperchen werden dadurch als fremd erkannt, obwohl sie nicht
fremd sind– und zerstört“, erklärt Studienautor Bernd Jilma von der
Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie der MedUni Wien.
Dieser selbstzerstörerische Mechanismus lässt sich – das konnten
die Wissenschafter zeigen – durch einen neuen, monoklonalen
Antikörper, der einmal alle zwei Wochen gegeben wird, stoppen
(Sutimlimab). Diese Antikörper blockieren das Ausschlag gebende
Komplementmolekül. „Bekommt der Betroffene den Antikörper injiziert,
wird die Zerstörung der roten Blutkörperchen binnen eines Tages
gestoppt – und bleibt so lange unterdrückt, so lange wir ihn
regelmäßig geben. Damit können wir selbst Patienten, die regelmäßig
Transfusionen benötigen und auf andere Therapien nicht angesprochen
haben, helfen. Eine laufende Behandlung ist jedoch erforderlich, denn
heilen können wir die Krankheit damit nicht“, betont Jilma. Zusatz:
„Und dass dieser Wirkstoff keine wesentlichen Nebenwirkungen zeigt,
ist umso erfreulicher.“
Der Nachweis der Wirksamkeit entspringt einer Zusammenarbeit der
Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie und der Arbeitsgruppe
Jilma mit der Universitätsklinik für Innere Medizin, klinische
Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie (Leiter Ulrich Jäger).
Das Paper wurde nun im Top-Journal „Blood“ veröffentlicht.
Zwtl.: Kälteagglutinin-Krankheit: 40 bis 50 Betroffene in Österreich
Die Kälteagglutinin-Krankheit zählt zu den „Rare Diseases“, von
150.000 Menschen ist einer betroffen. Mögliche Symptome der
Erkrankung sind eine blaue und zum Teil schmerzhafte Verfärbung von
der Kälte ausgesetzten Hautstellen sowie dunkler Urin. Durch kalte
Umgebung oder gleichzeitige Infektionskrankheiten – oft in Verbindung
mit Erkrankungen des Knochenmarks – kann die Symptomatik ausgelöst
oder verstärkt werden. Die Krankheit kann abrupt durch Anämie oder
Hämoglobinurie (Ausscheidung von rotem Blutfarbstoff über die Nieren)
bemerkt werden. In Österreich gibt es laut Jilma rund 40 bis 50
Betroffene.
Zwtl.: Service: Blood
„Inhibition of Complement C1s Improves Severe Hemolytic Anemia in
Cold Agglutinin Disease: A First-in-Human Trial.“ Ulrich Jäger,
Shirley D’Sa, Christian Schörgenhofer, Johann Bartko, Ulla
Derhaschnig, Christian Sillaber, Petra Jilma-Stohlawetz, Michael
Fillitz, Thomas Schenk, Gary Patou, Sandip Panicker, Graham C. Parry,
James C. Gilbert and Bernd Jilma. Blood 2018 :blood-2018-06-856930;
DOI: https://doi.org/10.1182/blood-2018-06-856930
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