Pädagogikpaket: ÖVP und FPÖ sichern Mehrheit im Bundesrat

Donau-Uni-Krems wird öffentliche Universität

Wien (PK) – Österreichs Schulen erhalten nun pünktlich vor den
Weihnachtsferien das Pädagogikpaket. ÖVP und FPÖ legten keinen
Einspruch gegen die Schulrechtsnovelle ein, die ab dem Schuljahr
2019/20 unter anderem für klare Leistungsbeurteilungen an
Volksschulen und Mittelschulen sorgen soll. Die SPÖ dagegen schlug
scharfe Töne gegen das neue Gesetz an und kritisierte vor allem die
verpflichtende Benotung in der Volksschule ab der zweiten Klasse.
Auch von den Grünen im Bundesrat wurden Bedenken über die
vorgesehenen Leistungsbeurteilungen geäußert. Bildungsminister Heinz
Faßmann erklärte, das Paket beruhe auf einem umfassenden
Partizipationsprozess und bringe einen breiten Konsens zum Ausdruck.
Die Kritik an den Ziffernnoten könne er nicht nachvollziehen, sagte
der Bildungsminister. Für ihn gehe es um klare
Leistungsbeurteilungen, die auch richtige Entscheidungen über die
Bildungslaufbahn erlauben.

Zudem gab der Bundesrat grünes Licht für die Aufwertung der
Donau-Universität Krems als 22. öffentliche Universität.

Pädadogikpaket: Kritik der Opposition, Koalitionsparteien erwarten
sich bessere Förderung von SchülerInnen

Konkret bringt die Schulrechts-Sammelnovelle wieder Ziffernnoten ab
dem zweiten Semester der 2. Volksschulklasse, wobei negative
Jahreszeugnisnoten bereits dann zum Wiederholen der Klasse führen
können. Neben einer besseren Vergleichbarkeit der Beurteilung will
man dadurch sicherstellen, dass Förderbedarf bei SchülerInnen
frühzeitig entdeckt und behoben wird. An den Mittelschulen, wie die
Neuen Mittelschulen künftig heißen sollen, wird die Notenzahl von 7
auf 5 reduziert, eine Leistungsdifferenzierung in „Standard“ und
„Standard AHS“ ab der zweiten Klasse eingeführt und zusätzlich eine
dauerhafte Gruppenbildung der SchülerInnen anhand ihrer
Leistungsniveaus in den Pflichtfächern ermöglicht. Über die
Zusammensetzung dieser Leistungsgruppen können die Schulstandorte
selbständig entscheiden. Überdies sieht das Pädagogikpaket ein
freiwilliges 10. Schuljahr an Polytechnischen Schulen vor, um
SchülerInnen mit einem negativen Jahreszeugnis nach Ende der
9-jährigen Schulpflicht eine zweite Chance zu geben.

Einen pädagogischen Rückschritt befürchtet Daniela Gruber-Pruner
(SPÖ/W) durch die Wiedereinführung der Ziffernnoten ab der zweiten
Klasse der Volksschule. Der wichtigste Faktor für erfolgreiches,
nachhaltiges Lernen sei die Motivation, die aus dem Interesse für ein
Thema komme und nicht aus dem Zwang, eine bestimmte Note erreichen zu
müssen, hielt die Bundesrätin fest. Junge Menschen müssten heute mehr
denn je und so früh als möglich die Fähigkeit entwickeln, sich
selbständig Wissen anzueignen und dieses im Team umzusetzen. Die
erklärende Beurteilung ist für Gruber-Pruner das geeignete Mittel, um
der Komplexität der Lernsituationen gerecht zu werden. Überhaupt kein
Verständnis zeigte die Bundesrätin dafür, dass bereits für
Achtjährige ein Sitzenbleiben möglich wird. Wenn im Gesetz für diesen
Fall eine verpflichtende Förderung festgeschrieben werde, sei das
zwar ein richtiger Ansatz, sie bezweifle aber, dass dafür überall die
notwendigen Ressourcen vorhanden sind. Ziel der Schule müsse es sein,
alle Kinder individuell zu fördern und nicht etwa, sie möglichst früh
in „gute“ und „schlechte“ SchülerInnen einzuteilen, schloss
Gruber-Pruner. Bundesrätin Doris Hahn (SPÖ/N) griff die Kritik ihrer
Fraktionskollegin auf und sah das Pädagogikpaket als Ausdruck einer
grundsätzlichen Haltung, nicht von wissenschaftlicher Evidenz. Aus
den Reihen der PädagogInnen gebe es viele Bedenken über die Maßnahmen
des Pakets. Der verpflichtende Förderunterricht und das zehnte
freiwillige Schuljahr seien die wenigen positiven Maßnahmen des
Gesetzes, das insgesamt rückschrittliche Konzepte vertrete. Hahn
kritisierte auch die Einschränkung der Schulautonomie und befürchtete
einen stärkeren Druck in Richtung sozialer Selektion in den Schulen.

Kritik an den Maßnahmen des Pakets kam auch von David Stögmüller
(GRÜNE/O). Er sah „einen dunklen Tag für die Pädagogik“ in
Österreich. Die Grünen im Bundesrat würden diesem Retro-Paket nicht
zustimmen. Aus ihrer Sicht müsse eine wirkliche Schulautonomie
geschaffen werden, nicht das Stückwerk, welches das Ministerium
anbiete. Das Gesetz bilde ideologische Entscheidungen ab,
berücksichtige aber keine evidenzbasierten wissenschaftlichen
Erkenntnisse. Die Regierung betreibe damit rückwärtsgewandte
Bildungspolitik, indem sie bereits früh die Chancengleichheit
beschneide. Stögmüller zweifelte an, dass die Lehrerschaft zufrieden
mit der Novelle ist. Zwar habe es eine Umfrage unter
VolksschulpädagogInnen gegeben, diese seien aber nicht veröffentlicht
worden. Er habe bereits eine Anfrage dazu gestellt und hoffe, dass
der Bildungsminister die Ergebnisse bald bekanntgeben wird.

Das Pädagogikpaket sei ausgewogen und unter Berücksichtigung vieler
Vorschläge von ExpertInnen ausgearbeitet worden. Ihre Fraktion sei
daher überzeugt, dass es eine „glatte Eins“ verdiene, sagte Andrea
Eder-Gitschthaler (ÖVP/S). Aus ihrer Sicht sind Ziffernnoten
weiterhin von Bedeutung. Aus eigener Erfahrung wisse sie, dass nicht
nur die Eltern, sondern auch die SchülerInnen selbst sie wollen, da
Ziffernnoten eine klare Orientierung über die erbrachte Leistung
geben. Zusätzlicher Druck auf Kinder entstehe daher nicht. Vielmehr
habe man sehr darauf geachtet, Kinder nicht zu überfordern, weshalb
das Paket auch begleitende Fördermaßnahmen vorsehe, wenn Kindern eine
schlechte Note droht oder gar ein Sitzenbleiben notwendig wird. Die
Bundesrätin begrüßte auch die Leistungsdifferenzierung der
Mittelschulen als richtigen Ansatz, da es wichtig sei, die Neuen
Mittelschulen weiterzuentwickeln. Das Pädagogikpaket sei in
vorbildlicher Weise im Austausch mit ExpertInnen und PädagogInnen
entstanden, sagte Sandra Kern (ÖVP/N). Sie sah die Notwendigkeit,
möglichst früh Talente und Begabungen zu fördern, das bedeute aber
auch, so früh wie möglich eine Berufsorientierung zu ermöglichen.
Kern zeigte sich zufrieden darüber, dass mit dem Paket die
Mittelschulen aufgewertet werden. Mit dem Gesetz korrigiere man
Bildungsirrtümer der letzten zehn Jahre, sagte Doris Schulz (ÖVP/O).
Eine klare Notensystematik ermögliche eine nachvollziehbare
Leistungsbeurteilung, die auch für Kinder im Volksschulalter schon
wichtig sei. Ein positiver Aspekt der Novelle sei, dass sie Eltern
anhalte, sich über die schulische Entwicklung ihrer Kinder zu
informieren.

Als richtigen Ansatz in der Schulbildung sehen auch die
Bundesrätinnen und Bundesräte der FPÖ das Pädagogikpaket. Monika
Mühlwerth (FPÖ/W) findet es richtig, in kindgerechter Weise Kinder
nicht nur zu fördern, sondern auch zu fordern, und ihnen zu
ermöglichen, den Leistungsgedanken, dem sie in ihrem Leben immer
wieder begegnen werden, kennenzulernen. Tatsache sei, dass die große
Mehrheit der SchülerInnen Noten, nicht nur Leistungsbeschreibungen
wolle. Das neue System ziele zudem darauf ab, nicht nur Schwächen,
sondern auch besondere Stärken von Kindern möglichst früh zu
erkennen. In den Mittelschulen werde die Durchlässigkeit des
Schulsystems erhöht. Mühlwerth sieht es als richtig, die Eltern in
die Pflicht zu nehmen, wenn es um die Bildung ihrer Kinder geht.
Obwohl Bund und Länder sehr viel in das Bildungssystem investieren,
seien die derzeitigen Ergebnisse nicht zufriedenstellend, sagte
Christoph Steiner (FPÖ/T). Zu viele Jugendliche würden die Schule
abschließen, ohne die notwendigen Grundkompetenzen erworben zu haben.
Daher sei es notwendig, von gescheiterten sozialdemokratischen
Bildungskonzepten Abschied zu nehmen. LehrerInnen wie SchülerInnen
müssten wieder motiviert werden, damit sie ihr Bestes geben können.
Dazu gehören für Steiner klare Noten, die bestmögliche Förderung, die
Verbesserungen der Mittelschule und mehr Durchlässigkeit im
Bildungssystem. Das freiwillige zehnte Schuljahr sei eine langjährige
Forderung der FPÖ, die endlich umgesetzt werde. Josef Ofner (FPÖ/K)
schloss sich der positiven Beurteilung des Pädagogikpakets an. Eine
Vergleichbarkeit von Leistungen sei notwendig, sie wirke auch
motivierend und erlaube, Stärken und Schwächen zu erkennen. Der
Förderunterricht zum Ausgleich von Defiziten und das Gespräch mit den
Eltern seien wichtige Maßnahmen, um einem vorzeitigem Abbruch von
Bildungskarrieren entgegenzuwirken. Das Paket sei notwendig, um den
Ergebnissen des zehnjährigen Versagens sozialdemokratischer
Bildungsministerinnen entgegenzuwirken, sagte Ofner Richtung SPÖ.

Bildungsminister Heinz Faßmann lobte das Paket als Ergebnis eines
umfassenden Partizipationsprozesses und als Ausdruck eines breiten
Konsenses. Das bedeute, dass alle beteiligten Seiten Kompromisse
machen mussten, sagte der Minister. Konsens sehe er bei der
Überzeugung, dass alle Kinder in Österreich die bestmöglichen
Bildungschancen erhalten sollen. Der Staat lasse sich den Zugang zu
guter Bildung für alle dementsprechend auch viel kosten. Ein Dissens
bestehe jedoch offenbar darüber, ob SchülerInnen ein Feedback auch in
Ziffernnoten erhalten sollen. Er verstehe die Kritik hier nicht,
zumal hier ein Sowohl-als-auch ermöglicht werde. Sein Ziel bei den
Leistungsbeurteilungen sei es, eine höhere Notenwahrheit zu
erreichen, damit SchülerInnen die richtigen Entscheidungen über den
Bildungsweg treffen können.

Donau-Universität Krems wird unter öffentliche Universitäten
eingereiht

Eine weitere bildungspolitisch wichtige Entscheidung, die Aufnahme
der Universität für Weiterbildung Krems in die Liste der öffentlichen
Universitäten, wurde von der Länderkammer fraktionsübergreifend und
mit breiter Mehrheit begrüßt. Die SPÖ meldete allerdings Bedenken
wegen aus ihrer Sicht noch offener Budgetierungsfragen an und
verweigerte – anders als ÖVP, FPÖ und Grüne – die Zustimmung zur
diesbezüglichen Änderung im Universitätsgesetz . Außerdem
unterstützte die Bundesratsmehrheit eine verfassungsrechtliche
Vereinbarung zwischen Bund und Niederösterreich, mit der die weitere
Entwicklung der Donau-Universität Krems abgesichert werden soll. Das
Land Niederösterreich verpflichtet sich darin, zusätzliche
Infrastruktur zur Verfügung zu stellen.

Doris Hahn (SPÖ/N) bestätigte zwar die hohe Qualität der Uni Krems,
die sich als Universität für Weiterbildung einen großen Namen gemacht
habe, sie befürchtet aber, dass die Mittelaufstockung zu Lasten der
anderen Universitäten gehen könnte. Von einer Aufstockung des Budgets
sei nämlich keine Rede, sagte sie.

Dem widersprach sowohl Bildungsminister Heinz Faßmann als auch der
niederösterreichische FPÖ-Bundesrat Andreas Arthur Spanring. Beide
machten darauf aufmerksam, dass die Donau-Universität von den 11 Mrd.
€ derzeit nur 30 Mio. € erhalte, das sind 0,37%. Künftig werden für
die nächsten drei Jahre 40 Mio. € zur Verfügung stehen, das seien 10
Mio. € mehr. Die Hälfte davon übernimmt durch die 15a-Vereinbarung
das Land Niederösterreich. Unter Bezugnahme auf die von Hahn
kritisierten Studiengebühren an der Donau-Universität, meinte der
Minister, dass dies bei allen lebensbegleitenden Studien gesetzlich
so vorgesehen sei. Außerdem sei er froh und hält es auch für richtig,
dass sich die Uni Krems auf das lebensbegleitende Lernen
spezialisiert hat und nicht alle Studien anbietet.

Auch von den Grünen kam Zustimmung, da die Beschlüsse David
Stögmüller (GRÜNE/O) zufolge eine Vereinheitlichung der rechtlichen
Grundlagen bringen und damit auch eine klarere Rechtslage für die
Studierenden.

Die ÖVP-BundesrätInnen Eduard Köck und Andrea Wagner, beide aus
Niederösterreich, konnten die Haltung der SPÖ nicht verstehen. Köck
erinnerte daran, dass auch die Wirtschaft der Universität ein
hervorragendes Zeugnis ausgestellt hat, und erwartet sich durch die
heutigen Beschlüsse eine Standortaufwertung. Wagner sprach von einer
Erfolgsgeschichte seit 1995.

ÖH-Wahltermin, Neuerungen im Studentenheimgesetz und ausländische
Studiengänge

Andere Nationalratsbeschlüsse zum Hochschulbereich, die der Bundesrat
mehrheitlich mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ mittrug, waren eine
Gesetzesnovelle zwecks Terminverlegung der Wahlen zur
österreichischen HochschülerInnenschaft auf den 27. bis 29. Mai 2019,
damit diese trotz eines Feiertags wie immer Ende Mai stattfinden
können, und Änderungen im Studentenheimgesetz betreffend flexiblerer
Vertragsdauer und Heimvertreterwahl. Die Differenzierung zwischen
gemeinnützigen und nicht gemeinnützigen Heimbetreibern steht bei
dieser Novelle im Vordergrund, zudem geht es um die Schließung eines
bestehenden rechtlichen Schlupflochs zwischen Studentenheimgesetz und
Mietrechtsgesetz. Damit soll für Heimbetreibende und Studierende mehr
Rechtssicherheit hergestellt werden. Kaution und
Schlichtungsverfahren unterliegen ebenfalls neuen Regelungen und für
StudentenheimbetreiberInnen soll die Bildung von Rücklagen
erleichtert werden.

Eine neue Regelung, wonach künftig die Agentur für Qualitätssicherung
und Akkreditierung Austria für die Meldung ausländischer Studiengänge
in Österreich verantwortlich zeichnet, wurde von den BundesrätInnen
einstimmig angenommen.

Fristsetzungsanträge der Grünen abgelehnt

Die beiden von David Stögmüller (GRÜNE/O) eingebrachten
Fristsetzungsanträge fanden am Schluss der heutigen Sitzung nicht die
erforderliche Mehrheit. Stögmüller wollte dem Kinderrechte-Ausschuss
zur Beratung seines Antrags „Hilfen für junge Erwachsene“ eine Frist
bis 14. Februar 2019 setzen. Ebenfalls bis zu diesem Datum hätte sich
der Ausschuss mit der Initiative zum „Erhalt des
Kindebetreuungsgeldes für Krisenpflegeeltern“ befassen sollen, die
Stögmüller gemeinsam mit Inge Posch-Gruska (SPÖ/B) eingebracht hatte.
(Schluss Bundesrat) sox/rei/jan

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