„Schwarze Aussichten für die blaue Racke?“ – 2018 brütete erstmals kein Blaurackenpaar in Österreich

Wien (OTS) – Die Blauracke ist einer der farbenprächtigsten Vögel
Europas. Albrecht Dürer setzte ihr in Aquarellen, die heute in der
Albertina in Wien aufbewahrt werden, bereits in der Renaissance ein
künstlerisches Denkmal. In Österreich ist es um den bunten Vogel
jedoch schlecht bestellt. Während die Bestände auf der Iberischen
Halbinsel sowie in Ungarn und weiter im Osten Europas noch vital
sind, ist die Blauracke hierzulande ungeachtet von Schutzmaßnahmen so
gut wie ausgestorben. Eine Gruppe von Wissenschafterinnen und
Wissenschaftern des Naturhistorischen Museums Wien und von BirdLife
Österreich veröffentlichte nun die erste umfassende genetische
Untersuchung der Blauracke.

Gab es in der Mitte des 20. Jahrhunderts in Österreich allein in
der Steiermark noch fast 300 Brutpaare, ist diese Population
heutzutage auf ein winziges Restvorkommen von unter 20 Vögeln im
Südosten des Bundeslandes zusammengeschmolzen. Die Anzahl der
Brutpaare ist weiterhin rückläufig, und 2018 war das erste Jahr ohne
Brut. Lediglich einige wenige nichtbrütende Altvögel sind heuer aus
dem afrikanischen Überwinterungsgebiet zurückgekehrt.

Zwtl.: In ihrer jetzt online

veröffentlichten Studie (Nebel et al., Journal of Zoological
Systematics and Evolutionary Research
[https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/jzs.12256]
(https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/jzs.12256)), die
von der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft, dem Joanneum-Verein
Graz, BirdLife Österreich sowie dem Verein der geprüften Wiener
Fremdenführer finanziell unterstützt wurde, präsentieren
Wissenschafterinnen und Wissenschafter des Naturhistorischen Museums
Wien und von BirdLife Österreich umfangreiche genetische Ergebnisse
über die Blauracke. Hierfür standen Proben von Nestlingen zur
Verfügung, die im Rahmen eines Monitorings zwischen 2003 und 2015 in
der Steiermark beringt worden waren. Dazu kamen Racken, die als
Belegexemplare in der Vogelsammlung des NHM Wien aufbewahrt werden.
Sie stammen aus einer Zeit, in der die Racken noch in größerer Zahl
vorkamen. Auch Vergleichsmaterial aus anderen europäischen und
asiatischen Ländern wurde in die genetische Analyse einbezogen.

Deutlich war der Verlust genetischer Vielfalt im Gefolge des
Populationszusammenbruchs feststellbar. Während die Proben
historischer Rackenbelege aus Österreich aus den Jahren zwischen 1874
und 1931 genetisch äußerst variabel waren, sank die Diversität von
Vögeln aus späteren Jahren stetig, bis schließlich in der Gegenwart
die Racken genetisch einander extrem stark ähnelten. Neben dem
zahlenmäßigen Rückgang hat die Population demnach auch eine massive
genetische Verarmung erlitten. Dies und der Anstieg von Inzucht ist
zusammen mit dem Verlust an geeigneten Lebensräumen möglicherweise
dafür verantwortlich, dass die verbliebenen Vögel immer seltener bzw.
gar nicht mehr brüten.

Während sich der erste Teil der zitierten Arbeit regional mit dem
Aussterben der Blauracke in Österreich beschäftigt, wurden in einem
zweiten Teil der Studie die österreichischen sowie weitere
europäische Blauracken mit ihren asiatischen Artgenossen, die
traditionell einer anderen Unterart zugerechnet werden, verglichen.
Auch genetisch unterschieden sich die beiden Unterarten deutlich,
während Populationen Ost- und Südosteuropas der ursprünglichen
österreichischen genetisch sehr ähnlich sind. Es spräche daher nichts
dagegen, die steirische Population mit Vögeln aus Ost- und
Südosteuropa aufzustocken, um ihr sowohl numerisch als auch genetisch
„unter die Flügel“ zu greifen. Ob das jedoch bei einer so stark
isolierten Reliktpopulation, die sich auf natürlichem Wege schon seit
Langem nicht mehr mit den weit entfernt vorkommenden Beständen
austauschen kann, erfolgversprechend wäre, ist zumindest fraglich.
Wahrscheinlich ist, dass die Blauracke hierzulande in naher Zukunft
aussterben wird und dann nur mehr in Museen bewundert werden kann. In
der heimischen Vogelwelt gibt es neben der Blauracke weitere
Kulturlandschaftsfolger, deren Bestände in Österreich stark
rückläufig sind, z.B. das Braunkehlchen. Um das Verschwinden dieser
Arten zu verhindern, müssen Schutzmaßnahmen rechtzeitig eingeleitet
werden und nicht erst dann, wenn sie kurz vor dem Aussterben stehen.

Bildmaterial zu den Blauracken zum Download finden Sie hier:

[https://www.nhm-wien.ac.at/presse]
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