Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 10. April 2019. Von PETER NINDLER. „Richtig zum Krenreiben“.

Innsbruck (OTS) – Bei den Freizeitwohnsitzen zeigt der Landesrechnungshof den Tiroler Gemeinden, wo es langgeht. Doch solange die Bürgermeister die Nachteile von illegalen Freizeitwohnsitzen nicht erkennen, ist jede Maßnahme des Landes zahnlos.

Wenn das keine Offenbarung und Watschn für die Tiroler Gemeinden ist. Dass mindestens 24 Hauptwohnsitze in Längenfeld eine Zustell­adresse im Ausland aufweisen, wirft ein bezeichnendes Licht auf das Problem mit illegalen Freizeitwohnsitzen in Tirol. Das hat nicht die Gemeinde aufgeworfen, sondern der Landesrechnungshof, der die offenen Abgabenforderungen der Ötztaler Kommune einmal genau durchforstet hat. Für Wohnsitze in Tirol werden Kanal- und Müllgebühren u. a. in Deutschland beglichen. Aber offiziell sind in Längenfeld nur vier genehmigte Freizeitwohnsitze gemeldet, in der Tourismushochburg Sölden mit Ober- und Hochgurgl lediglich zehn. Wie das möglich ist, werden sich viele fragen?
Der Rechnungshof hält deshalb den Bürgermeistern den Spiegel vor Augen. Sie sollten einfach genauer hinsehen und die Adressen überprüfen. Es geht eigentlich mühelos, man muss es nur tun. Zumindest ist eine Postadresse im Ausland ein Indiz dafür, dass die Immobilie in Tirol nur zu Freizeitzwecken genützt wird. Daraus folgt, dass bei allen gesetzlichen Regelungen die Bürgermeister die Schwachstelle sind, um illegale Freizeitwohnsitze zurückzudrängen. Weil sie nur halbherzig hin- oder sogar wegschauen. Das deckt der Landesrechnungshof schonungslos auf.
16.200 genehmigte Freizeitwohnsitze gibt es im Land, weitere 10.000 Wohnungen und Häuser dürften illegal als solche genutzt werden. Dadurch werden vor allem in den touristischen Gunst­lagen die Immobilienpreise nicht nur hoch gehalten, sondern weiter in die Höhe getrieben. Fast gebetsmühlenartig zeigt deshalb der jährliche Grundverkehrsbericht der Landes- und Kommunalpolitik die Rote Karte. Desillusioniert heißt es dort stereotyp: „sozial unverträglich“ für die einheimische Bevölkerung.
Überdies verschärfen Investorenmodell­e in Hotels – Appartements werden von vermögenden Bürgern aus anderen EU-Ländern gekauft und dann als Ferienzimmer zur Verfügung gestellt – oder Chaletdörfer die Situation. Glühende Befürworter sind allerdings erneut die Bürgermeister. Sie erwarten sich touristische und wirtschaftliche Impulse für ihre Gemeinden, doch die Kontrolle von versteckten Freizeitwohnsitzen bleibt dabei meist auf der Strecke.
Doch wie kommt das Land angesichts steigender Immobilien- und Mietpreise aus der Teufelsspirale heraus? Indem entweder die Bürgermeister konsequent kontrollieren oder das Land die Kontrolle über die Freizeitwohnsitze übernimmt.

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