Bundessozialgericht: Paritätischer begrüßt Schulbücher-Urteil und fordert unverzügliche Reformen für Kinder in Hartz IV

Berlin (ots) – Als „schallende Ohrfeige“ für die Bundesregierung bewertet der
Paritätische Wohlfahrtsverband das gestern ergangene Urteil des
Bundessozialgerichts, in dem die Jobcenter verpflichtet wurden, die
Kosten von Schulbüchern für Kinder im Hartz IV-Bezug zu übernehmen.
Der Verband forderte die Bundesregierung auf, umgehend eine
entsprechende Gesetzesänderung auf den Weg zu bringen, und die
Übernahme aller schulisch bedingten Kosten durch die Jobcenter
sicherzustellen, die für die Familien anfallen.

Der Paritätische sieht sich durch die Entscheidung des
Bundessozialgerichts in seiner Auffassung bestätigt, dass sich
Schulkosten nicht pauschalieren lassen und die im Regelsatz und im
sogenannten Bildungs- und Teilhabepaket enthaltenen Beträge
wirklichkeitsfremd und deutlich zu gering bemessen sind. „Es ist
geradezu absurd, dass diese Bundesregierung durch alle Instanzen
geht, um zu verhindern, dass Jobcenter armen Eltern die Kosten für
die Schulbücher ihrer Kinder ersetzen müssen“, kritisiert Ulrich
Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Die
Frage, wie ernst es der Bundesregierung tatsächlich mit der Bildungs-
und Chancengerechtigkeit ist, dränge sich bei solchen Vorgängen auf.
Als Konsequenz fordert der Paritätische die Wiedereinführung eines
Rechtsanspruchs auf „Leistungen bei außergewöhnlichen Belastungen“.
Schulisch bedingte Aufwendungen seien ohne Wenn und Aber in voller
Höhe zu erstatten. „Es ist geradezu beschämend, dass derartige
Selbstverständlichkeiten nicht auf politischem Wege realisiert werden
können, sondern allererst Gerichte mehr Bildungsgerechtigkeit
erzwingen müssen“, so Schneider.

Der Paritätische weist darauf hin, dass das Schulbücher-Urteil auch
auf vergleichbare Bedarfe übertragbar sei, etwa auf Computer,
Tablets, Software und Drucker. Den betroffenen Menschen rät der
Verband, diese Leistungen zu beantragen. Die Bundesagentur für Arbeit
wiederum sei aufgefordert, die bislang restriktiv formulierten
Verwaltungsvorschriften aufzuheben und künftig im Sinne der Kinder
und Jugendlichen bedarfsgerechte Leistungen zu bewilligen. Die
Jobcenter dürften die Antragsteller hier auch nicht auf Darlehen
verweisen, wie das Bundessozialgericht ebenfalls festgestellt habe.
„Um davon sprechen zu können, dass Armut tatsächlich bekämpft wird,
bräuchte es endlich realistische, bedarfsdeckende Regelsätze in Hartz
IV und die Wiedereinführung einmaliger Leistungen statt unsinniger
Pauschalen und Darlehen“, mahnt Schneider. „Hinzukommen muss ein
einklagbarer Rechtsanspruch auf Teilhabe für alle Kinder- und
Jugendlichen – und zwar unter der Zuständigkeit der Jugendämter und
nicht der Arbeitsverwaltung.“

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Gwendolyn Stilling,Tel.030/24636305,e-Mail:pr@paritaet.org


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