Abgasskandal: Erneuter Paukenschlag in der Premium-Klasse – dieses Mal aus Hannover
Köln (ots) – Nun ist es passiert. Das Landgericht Hannover verurteilte den Volkswagenkonzern zur Rücknahme eines Volkswagen Touareg mit Abgasnorm Euro 6 (Rückrufaktion 23Y3).
Bislang hielt das Gericht in der niedersächsischen Landeshauptstadt die Klagen allesamt für unbegründet und wies diese reihenweise ab. Doch nun bejahte das Gericht im Falle des im September 2015 für 57.110,18 Euro neu erworbenen Fahrzeugs den Anspruch des Klägers und verurteilte den Volkswagen Konzern wegen einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung zur Rücknahme des Wagens gegen Zahlung von 46.850,89 EUR (Urteil LG Hannover vom 13.05.2019, Az. 1 O 129/18). Zusätzlich sprach die Vorsitzende dem Kläger noch Zinsen auf den ausgeurteilten Betrag seit dem Kauf im September 2015 zu – knapp 6.900 Euro.
Das Gericht ließ an dem Verhalten der verantwortlichen Akteure bei Volkswagen kein gutes Haar und qualifizierte dieses als sittenwidrig und verwerflich.
Die berechtigten Verkehrserwartungen der Verbraucher gingen dahin, dass ein Autohersteller sich gewissenhaft an die Regeln hält, denen er im Rahmen des Zulassungsverfahrens unterliegt.
Dabei werde angesichts der Tatsache, dass es sich bei einem Pkw um ein hochwertiges Gut mit langer Lebensdauer handelt, der für die Mobilität des Kunden von großer Bedeutung ist, eine besonders hohe Sorgfalt erwartet. In der Automobilindustrie spiele zudem die Einhaltung von Umweltstandards eine erhebliche Rolle.
An die Redlichkeit des Herstellers würden besonders hohe Erwartungen gestellt, da der Verbraucher auf die Richtigkeit der Angaben durch den Hersteller angewiesen ist, weil er zu einer eigenen Überprüfung nicht in der Lage sei.
Gegen diese berechtigten Verkehrserwartungen habe der Konzern in einem erheblichen Maße verstoßen.
Bei der Beurteilung der Verwerflichkeit des Handelns sei der hohe Schaden, den Volkswagen verursacht habe, sowie das hohe Risiko für die zahlreichen Fahrzeugkäufer zu berücksichtigen.
Als Automobilhersteller sei dem Konzern bekannt gewesen, dass er dadurch den Bestand der EG-Typengenehmigung riskierte und somit die Gefahr des Entzugs der allgemeinen Betriebserlaubnis für die Fahrzeuge bestand. Der dadurch drohende Schaden sei enorm gewesen. Die Inkaufnahme eines derartigen Schadens zum Zwecke des Gewinnstrebens enthalte ein hohes Maß an Skrupellosigkeit.
Die Beklagte muss sich das Wissen ihrer Repräsentanten auch im Zusammenhang mit der Haftung nach § 826 BGB zurechnen lassen.
Am Vorsatz der verantwortlichen Akteure sowie an der Zurechnung hatte das Gericht keine Zweifel, denn der umfangreiche Vortrag des Klägers löste eine sogenannte sekundäre Darlegungslast beim beklagten Konzern aus, wonach dieser hätte Farbe bekennen müssen, dies jedoch nicht tat.
Zum anderen ließe sich auch ein Vorsatz der handelnden Personen feststelle. Bei der Produktion eines derart hochwertigen und strengsten Qualitätsanforderungen unterliegenden Produkts sei es lebensfremd, dass die die Entwicklung und deren Einsatz in der Fertigung ohne Kenntnis und ohne Billigung von produktionsverantwortlichen Personen vollzogen werden konnte.
„Nun wurde erneut bestätigt, dass dem Konzern auch im Premium-Segment ein steifer Wind entgegenweht. Wir freuen uns sehr darüber, dass die Rechtsprechung unseren Argumenten folgt und sich voll auf die Seite des Verbrauchers stellt – und das noch in Hannover, meiner Geburtsstadt,“ sagt der Kölner Rechtsanwalt Prof. Marco Rogert von der Kanzlei Rogert und Ulbrich, die den Kläger in Hannover vertrat. „Ohne gerichtliche Hilfe würde der Verbraucher vom Konzern auch hier im Regen stehen gelassen werden.“
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