TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ vom 12. August 2019 von Max Strozzi „Vielleicht ja, vielleicht nein“

Innsbruck (OTS) – Die Frage, inwieweit einige Bürgermeister beim Thema Freizeitwohnsitze die nötige Konsequenz zeigen, hat der Rechnungshof hinlänglich beurteilt. Es stellt sich aber auch die Frage, wie genau das Land bei dem Thema hinschaut.

Den Bürgermeistern hat der Rechnungshof kürzlich in Sachen Freizeitwohnsitze bereits den Spiegel vorgehalten. Die Überprüfung von Ferienwohnsitzen bleibt oft auf der Strecke, selbst wenn es deutliche Anhaltspunkte gibt. Wegschauen statt hinschauen. Am Beispiel des Investoren-Hotels in Oetz muss man sich aber auch fragen, wie genau das Land hinschaut. Das Anleger-Hotel in Oetz ist mit 58 Anleger-Wohnungen eines der größten in Tirol. Bei solchen Modellen werden Hotels-Appartements von vermögenden Bürgern und Firmen aus anderen EU-Ländern gekauft und dann über einen Hotelbetreiber an Urlauber vermietet. Kritiker orten in solchen Modellen die Gefahr versteckter Freizeitwohnsitze. Im Fall von Oetz können die Investoren selbst ihre erworbene Wohnung in dem Hotel im Rahmen ihres Urlaubs buchen. Ein Betreibervertrag regelt die Bedingungen dafür, unter anderem in einer eigenen Klausel mit der Bezeichnung „Eigeneinbuchung“. Ein Anwalt ortet in den Vertragsklauseln die Möglichkeit der Umgehung des Freizeitwohnsitz-Verbots. Und auch der unbedarfte Beobachter könnte sich fragen: Wozu brauchen die Investoren überhaupt eine eigene Klausel, die im Hotel ihre Eigennutzung regelt?
Ob der Betreibervertrag mit den Freizeitwohnsitzregelung kollidieren könnte, wollte das Land gegenüber der TT nicht beurteilen, sagt also weder Ja noch Nein. Zivilrechtliche Verträge würden schließlich nicht der Aufsicht durch das Land Tirol unterliegen. Sprich: Man hat sich das nicht angesehen. Schade. Solche Verträge könnte man sich auch ohne gesetzlichen Auftrag durchlesen, schließlich geht es um ein heikles Thema. So aber legt sich das Land nicht fest. Vielleicht passt aus Sicht des Landes alles, vielleicht auch nicht. Auch die BH hält sich zurück. Das schafft keine klare Richtschnur, sondern noch mehr Unsicherheit und stärkt Kritikern den Rücken, die in solchen Investorenmodellen eine mögliche Umgehung des Freizeitwohnsitzverbots orten. Dabei geht es ja in der Praxis genau darum, ob und inwieweit Vereinbarungen mit geltendem Recht kollidieren. Damit auch die Bürgermeister (sofern sie gewillt sind, siehe Rechnungshof) wissen, ob sie bei den Investorenmodellen überhaupt kontrollieren sollen oder solche Überprüfungen hinfällig sind, weil alles passt. Und auch die BH wird im Fall einer Prüfung nicht umhinkommen, die Verträge auszulegen – so oder anders.
Laut Tratter erarbeitet das Land bezüglich Freizeitwohnsitze bis Jahresende einen Leitfaden für die Gemeinden. Ob das Thema Investorenmodelle gestreift wird, ist offen.

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