Schwere Wirtschaftskrise und düstere Aussichten / Präsidentschaftswahlen in Argentinien am 27. Oktober

Berlin, Bonn, Buenos Aires (GTAI) (ots) – Die Inflation ist auf einem Rekordniveau, das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf ist gesunken, die Armutsrate gestiegen – genauso wie die Unsicherheit der Wirtschaftsakteure. Viel schlechter könnten die Voraussetzungen für eine Wiederwahl von Argentiniens Präsidenten Mauricio Macri nicht sein. Hinzu kommt die deutlich verlorene Vorwahl gegen seinen Konkurrenten Alberto Fernández. Dieser steht Umfragen zufolge offenbar vor einem sicheren Wahlerfolg. Was ein Sieg des Peronisten bedeuten würde ist allerdings alles andere als klar:

„Fernández gilt als moderat und relativ wirtschaftsfreundlich. Ganz anders als seine designierte Vizepräsidentin Cristina Kirchner. Wie groß der Einfluss der Ex-Präsidentin und ihres deutlich linkeren Lagers ist und sein wird, ist vorerst unklar. Wird ein marktwirtschaftlicher Kurs fortgesetzt oder kommt der Staatsdirigismus? Die Folge ist bereits jetzt eine massive Kapitalflucht aus Angst vor einem möglichen Zugriff der zukünftigen Regierung auf private Konten, es wäre nicht das erste Mal“, erklärt Carl Moses, Argentinien-Experte von Germany Trade & Invest (GTAI) in Buenos Aires. Wenn etwas in Argentinien sicher sei, dann die allgemeine Verunsicherung: „Ein Ausdruck dafür sind die Prognosen für das Wirtschaftswachstum im Jahr 2020. Gehen sie für 2019 von einem Rückgang um drei Prozent aus, liegen sie für nächstes Jahr zwischen einem und minus fünf Prozent.“

Rezession, Inflation, Kapitalflucht, eine hohe Verschuldung – der Pleitegeier kreist erneut über dem Land am Rio de la Plata. Wie sich Argentiniens Beziehungen zum der Internationalen Währungsfonds entwickeln werden, ist derzeit nicht absehbar. Mit einem Rekordkredit hatte der IWF den mit vielen Vorschusslorbeeren gestarteten Präsidenten Macri 2018 noch massiv unterstützt. Doch Macris Reformversuche sind weitgehend gescheitert. Die Vereinbarungen zur Rückzahlung der bisher geflossenen Mittel sind bereits jetzt Makulatur, und was neue Verhandlungen bringen, ist offen.

Die Aussichten auf ein Freihandelsabkommen zwischen dem Mercosur und der EU hatten zeitweilig auch in Argentinien Hoffnungen geschürt, doch der Konflikt zwischen Brasilien und den europäischen Ländern stellt das ganze Projekt in Frage. Und ob Argentinien in seiner heutigen Verfassung die nötigen Reformen durchführen und überhaupt von dem Abkommen mit der EU profitieren könne, sei eher fraglich.

„Das ist in Anbetracht der momentanen Lage auch eher zweitrangig. Sollte es zum Zahlungsausfall kommen, wäre das für Argentinien, für den IWF und auch für institutionelle Anleger wie beispielsweise Blackrock oder Pimco, eine ziemliche Katastrophe. Von der wahrscheinlich noch zunehmenden Devisenknappheit und dem niedrigen Peso-Kurs dürfte zumindest die Tourismus-Branche im Inland profitieren, ebenso der Export von Software und Dienstleistungen. Möglicherweise auch der Büro- und Wohnungsbau. Unternehmen und wohlhabende Privatleute müssen schließlich investieren und der absehbaren Entwertung ihrer Pesos entgehen“, erklärt Carl Moses weiter. „Ein strategischer Wachstumssektor, auf den jede künftige Regierung setzen wird, ist das Fracking von Schieferöl und -gas.“

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