DPhV zu Pisa 2018: Realistisches PISA-Ergebnis – klare Aufgabenbeschreibung!
Berlin (ots) – Deutschland liegt in allen abgefragten Leistungsbereichen über dem OECD-Durchschnitt
Deutschlands Schüler bestätigen gleichzeitig eine hohe Lebenszufriedenheit
In der Langzeitentwicklung ist eine Verschlechterung der bereits besser gewordenen Ergebnisse bei der Lesekompetenz und insbesondere in Mathematik und den Naturwissenschaften zu verzeichnen
„Was uns freut: Alle Ergebnisse der getesteten 15-jährigen Schülerinnen und Schüler in Deutschland liegen in den Bereichen Lesekompetenz, Mathematik und Naturwissenschaften wieder über dem OECD-Durchschnitt! Worauf wir aber achten müssen: In der Langzeitentwicklung gehen die guten Leistungsergebnisse in der Lesekompetenz, den Naturwissenschaften und Mathematik zurück!“ , so kommentiert die Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Susanne Lin-Klitzing, die Auswertung der aktuellen PISA-Daten 2018 und benennt drei Arbeitsaufträge für die Bildungspolitik:
1. Schulen in sozioökonomisch-schwachem Umfeld müssen besonders
gestärkt werden: Gute Konzepte und zusätzliche Investitionen
sind nötig!
2. Der längerfristige Lehrkräftemangel in den MINT-Fächern in den
weiterführenden Schulen wirkt sich ersichtlich negativ aus. Die
Politik muss langfristiger als bisher planen und zukünftig
einen Einstellungskorridor für gute und sehr gute Absolventen
des Lehramtsstudiums vorhalten!
3. Bei aller Wertschätzung für PISA: Nicht nur die dort getesteten
Kompetenzen müssen im Fokus schulischer Arbeit stehen. Aktuelle
Herausforderungen, vor denen wir national wie global stehen,
erfordern von den Schülern, im Schulleben humanistisch
begründete Werthaltungen zu entwickeln und dort auch zu leben,
z.B. durch einen freundlichen, respektvollen und
disziplinierten Umgang zwischen Lehrkräften und Schülerinnen
und Schülern in Schule und Unterricht.“ Zu diesen drei formulierten „Arbeitsaufträgen“ macht Lin-Klitzing deutlich:
– Nach wie vor gilt, dass der Zusammenhang zwischen sozialer
Herkunft und Bildungserfolg in Deutschland zu stark ausgeprägt
ist. Sozioökonomisch benachteiligte Schülerinnen und Schüler
sowie Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund
schneiden weiterhin im Durchschnitt schlechter ab als ihre
Altersgenossen mit besserem sozioökonomischem Hintergrund und
ohne Migrationshintergrund. Aber: Im Bereich Lesekompetenz
werden sozio-ökonomisch benachteiligte Schülerinnen und Schüler
in Deutschland stärker: 10% dieser Kinder konnten sich 2018 im
obersten Quartil der Leistungsverteilung platzieren. Ebenso gilt dies für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund: Von ihnen konnten sich 16% im obersten Quartil der Leistungsverteilung platzieren. Nicht nur in Deutschland, sondern z.B. auch in Frankreich beobachten wir Leistungsunterschiede in der sozial-räumlichen Verteilung von Schulen in einem sozioökonomisch benachteiligten Umfeld und von Schulen in einem sozioökonomisch bevorteilten Umfeld. Der Einfluss der Schulen auf das Lernen ihrer oftmals bildungsbenachteiligten Schülerschaft ist besonders groß, weshalb eine dementsprechende Analyse der genauen Zusammenhänge und eine bessere Förderung genau dieser Schulen in einem sozio-ökonomisch schwachen Umfeld notwendig ist. Dies erscheint zutreffender als die in der PISA-Kurzfassung ohne weitere Belege angebotene kausale (!) Interpretation, dass die in Deutschland „früher vorgenommene Selektion“ für das schlechtere Abschneiden bestimmter Schulen verantwortlich sei.
– Über die Auswirkungen des Lehrkräftemangels in benachteiligten
Schulen wird für Deutschland wie für Belgien, Indonesien,
Irland, Japan, Luxemburg, die russische Föderation und
Saudi-Arabien von den Schulleitungen berichtet, dass dieser
Lehrkräftemangel die Vermittlung der regulären
Unterrichtsinhalte deutlich behindere. Für Deutschland muss dies
neben den mittlerweile bekannten Forderungen nach zukünftig
solideren und jährlich aktualisierten Schülerzahl- und
Lehrerbedarfsprognosen, den notwendigen Studien- und
Referendariatsplätzen und Einstellungen bedeuten, dass ein
Einstellungskorridor für die Jahrgangsbesten vorgehalten, aber
jetzt zurzeit vor allem eine sehr gut geplante akademische und
pädagogische Nachqualifizierung von Quer- und Seiteneinsteigern
umgesetzt werden muss. – Für Deutschland, wie für Australien, Kanada, Belgien, Estland
und Finnland, gilt, dass hier insgesamt gute Leistungsergebnisse
mit hohem Wohlbefinden der Schülerinnen und Schüler einhergehen.
Das ist erfreulich und kann nicht für alle Länder, insbesondere
die bestplatzierten asiatischen Länder, so berichtet werden.
Nachdenklich macht jedoch, dass deutsche Schülerinnen und
Schüler in einem geringeren Ausmaße davon berichten, dass sie es
richtig fänden, Schülern zu helfen, die sich nicht verteidigen
könnten (2% weniger als der OECD-Durchschnitt), dass ihre
Lehrerinnen und Lehrer weniger Freude am Unterrichten hätten als
im Durchschnitt (2% weniger als im OECD-Durchschnitt) und dass
der Unterricht durchschnittlich erst später begonnen werden
könne, weil es sehr lange dauere, bis überhaupt die nötige Ruhe
für den Unterricht hergestellt sei (3% mehr gegenüber dem
OECD-Durchschnitt). In bessere Bedingungen, die einen
wertschätzenden Umgang der Schülerinnen und Schüler
untereinander und mit ihren Lehrkräften ermöglichen, muss
investiert werden: Hier erwartet die DPhV-Bundesvorsitzende,
dass die Politik zukünftig auch in eine Klassenleiterstunde für
die Lehrkräfte an den weiterführenden Schulen investiert. „Insofern ist es an der Bildungspolitik, diejenigen Maßnahmen umzusetzen, die aus der PISA-Studie solide abgeleitet werden können, dabei aber auch jene Aspekte nicht aus den Augen zu verlieren, die nicht nur an einer vergleichenden Kompetenzmessung orientiert sind, sondern an einem verantwortungsbewussten Umgang der Schülerinnen und Schüler mit sich und ihren Lehrkräften“, bewertet die DPhV-Vorsitzende abschließend.
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