Juan Moreno: „Das Misstrauen in der Branche ist nach Relotius gewachsen“

Frankfurt am Main (ots) – Reporter Juan Moreno ist nicht vollends zufrieden mit den Konsequenzen aus der Affäre Claas Relotius. „Wenn ich mit Kollegen spreche, gerade mit Freien, höre ich, dass das Misstrauen gewachsen ist“, sagt Moreno im Interview des „medium magazin“. Er hatte die Lügen von Relotius aufgedeckt und damit eine branchenweite Diskussion über Arbeitsweisen von Reportern und Faktendokumentationen ausgelöst. Dafür ist er Ende Dezember zum „Journalisten des Jahres 2019“ gewählt worden.

Moreno bedauert, dass Redaktionen nicht mehr Geld in Recherche investierten oder den freien Mitarbeitern mehr und besser bezahlte Arbeitszeit gewähren würden. Eher das Gegenteil sei der Fall: „Der Druck erhöht sich. Es gibt Verlage, die von den Freien schriftlich verlangen, keine Fehler mehr zu machen, die in bestimmten Fällen sogar Geldstrafen vorsehen, dieselben Verlage, die sich ein Fakten-Checking im eigenen Haus weitestgehend sparen.“

Fehler würden meist aus mangelnder Zeit oder Bezahlung entstehen, sagt Moreno dem „medium magazin“. Viele Reporter würden große Geschichten nur noch schreiben können, wenn sie parallel lukrativere Jobs annehmen.

Moreno, der über den Fall Relotius auch das Buch „1000 Zeilen Lüge“ geschrieben hat, spricht im Interview auch über die Versuche von Claas Relotius, gegen einige Passagen in dem Buch vorzugehen: „Es gibt keinen Rechtsstreit – der ist nach wie vor nur angekündigt“. Moreno sieht darin vor allem einen Versuch, von dem eigentlichem Thema und dem Verschulden als Verursacher abzulenken: „Die Konstellation war: Claas Relotius gegen den Journalismus, gegen die Wahrheit, gegen die Leser, die er betrogen hat. Was machen die Betrügereien dieses Mannes mit einer Branche, die sich der Fake-news-Debatte stellen muss?“

Das komplette Interview von Hilmar Poganatz mit Juan Moreno ist veröffentlicht in „medium magazin“ 06 / 2019, Seiten 16 bis 21. In der Ausgabe werden alle Journalisten und Journalistinnen des Jahres 2019 vorgestellt. Weitere Themen u.a.: Christoph Amend (Zeit Magazin) über die Sehnsucht nach Gesprächen, Katja Bauer über ihre Erlebnisse und Arbeitsweise als Reporterin, Anne Haeming über die ostdeutschen Medien Super-Illu und Neuen Deutschland, Jakob Vicari über die Agenda 2020 mit Spaß am Experimentieren, Astrid Csuraji über journalistische Live-Formate, Florian Sturm über Methoden zur Verifikation von Fotos und Nachrichten, plus 16 Seiten Werkstatt „Titeln für Online“ von Anne-Kathrin Gerstlauer.
Medium Magazin 6-2019 ist gedruckt und als E-Paper erhältlich: https://www.mediummagazin.de/medium-magazin-06-2019/ oder im iKiosk.

Pressekontakt:

Annette Milz, Chefredakteurin medium magazin,
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