Die Ohren eines Vizekanzlers und ein müder Don Quijote

Berlin/Zürich/Wien (ots) – Eine der ungewöhnlichsten Geschichten überhaupt: Der Adlatus des österreichischen Vizekanzlers machte peng, peng, peng und Österreichs Regierung fällt tot um. Rechercheteams der „Süddeutschen Zeitung“ und des „Spiegels“ hatten ein Video mit Heinz-Christian Strache penibel auf seine Authentizität überprüft und danach eine Regierung gestürzt. Warum sie sich dabei so intensiv für die Ohren des österreichischen Vizekanzlers interessierten, erklären die beiden Aufdecker Bastian Obermayer und Frederik Obermaier im eben erschienenen „Jahrbuch für Journalisten 2020“.

Weitere Beiträge in diesem Buch beschäftigen sich mit dem „Spiegel“-Skandal. Mit Juan Moreno hat bekanntlich ein Journalist fast im Alleingang für die nötige Selbstreinigung gesorgt. „Ich würde mein letztes Jahr niemandem wünschen“, sagt der Aufdecker im Jahrbuch. Hilmar Poganatz hatte ihn für „Medium Magazin“ zum Interview in Berlin getroffen. Moreno wirkte ziemlich müde, hustete häufig und trug selbst im Büro einen Schal. Auf die Frage, wie ein Zeichner ihn porträtieren sollte, sagte Moreno: „Zeichnet mich als einen derzeit extrem, extrem müden Don Quijote.“ Wie Medien den Fälschungsskandal aufgearbeitet haben, analysieren im Jahrbuch Christian P. Hoffmann und Stephan Russ-Mohl. Vier Phasen konnten die beiden Journalismus-Professoren entdecken – vom Ausbruch des Skandals bis zum „Nachtröpfeln“. Und sie bewerten die Möglichkeit weiterer Leichen im Keller des „Spiegels“.

Das „Jahrbuch für Journalisten“ hat Beiträge gesammelt, die in den vergangenen Monaten zu den Themen Journalismus, Gesellschaft, Politik und Medien erschienen sind und die weit über den Tag hinaus Gültigkeit haben. In den zahlreichen Beiträgen geht es nicht nur um das Selbstbildnis der Medien, sondern auch um Strategie, vor allem aber um Journalismus. Autoren sind renommierte Journalisten, Chefredakteure, Medienwissenschaftler und Verleger.

Fünf exemplarische Beiträge aus dem neuen Journalisten-Jahrbuch:

1. „Parteiischer Journalismus ist kein Journalismus“, sagt Alexander Kissler. Der Ressortleiter Salon beim Magazin „Cicero“ ist überzeugt, „wo Parteien nicht mehr kritisch befragt werden, schwindet der Sinn für demokratischen Streit“. Darunter leide die Republik.

2. In den Chefetagen großer Medien sitzen vor allem Männer aus gutem Hause. Dies schade dem Journalismus, ist Michael Hartmann überzeugt. Und der Elitenforscher folgert daraus Handlungsbedarf bei der Ausbildung junger Journalistinnen und Journalisten.

3. „Welche Rolle spielt die Herkunft eines Täters?“, fragt Ines Pohl. Die Chefredakteurin der Deutschen Welle erklärt, warum es wichtig sei, „die Wahrheit vollständig darzustellen“.

4. „Ostdeutsche Medien braucht das Land“, fordert Johannes Hillje. Medien berichteten einseitig über Ostdeutschland, auch weil die wichtigsten Redaktionen im Westen säßen. Dieser „Ostalismus“ sei gefährlich – er helfe der AfD, meint der Politik- und Kommunikationsberater.

5. „Anglo-amerikanisch“, „Wildwestmethoden“ – wo wir noch reden wie die Nazis – wo nicht und wo Journalisten vorsichtig sein müssen, erklärt der Journalist, Historiker und Linguist Matthias Heine.

Das Jahrbuch richtet sich an Journalisten, Chefredakteure, Medienmanager und Politiker.

„Jahrbuch für Journalisten 2020“, Verlag Oberauer, Salzburg, 2020, 176 Seiten, Euro 19,50, ISBN 978-3-901227-58-5, zu beziehen direkt über den Verlag und im Internet (shop.oberauer.com).

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