Parlamentarische U-Ausschüsse: Neue Publikation informiert über Regeln und Praxis
Bures: Kommentar zur Verfahrensordnung stellt wertvollen Beitrag und Kompass dar
Wien (PK) – Anfang 2015 traten die neuen Regeln für parlamentarische Untersuchungsausschüsse in Kraft. Vier U-Ausschüsse sind seither nach diesen Regeln abgewickelt worden, ein fünfter, jener zur Causa Casinos Austria bzw. zur Ibiza-Affäre, wurde im Jänner vom Nationalrat eingesetzt. Nun ist im Manz-Verlag erstmals ein ausführlicher Kommentar zur 2015 rundum erneuerten Verfahrensordnung erschienen. Er wurde gestern Abend auf Einladung von Zweiter Nationalratspräsidentin Doris Bures im Parlament vorgestellt. Die beiden AutorInnen Alexandra Schrefler-König und David Loretto gaben Einblicke in die Publikation.
Bures: Fünf Jahre U-Ausschuss nach der neuen Verfahrensordnung
Auf den Tag genau vor fünf Jahren wurde der erste Untersuchungsausschuss nach der neuen Verfahrensordnung, nämlich der Hypo-U-Ausschuss, eingesetzt, hielt Bures fest. Am fünften Geburtstag werde nun mit dem Kommentar zur Verfahrensordnung diesem wesentlichen Instrumentarium des Parlaments neues Leben eingehaucht. Der Kommentar zeige nicht nur, welch komplexe Rechtskonstruktion diese Verfahrensordnung ausmache, er stelle einen wertvollen Beitrag und Kompass dar, wie in manchen offenen Fragen ganz konkret vorzugehen sei bzw. wie die bisherigen Usancen waren.
Bures selbst hat nicht nur den Hypo-Untersuchungsausschuss geleitet, sondern auch im BVT-Untersuchungsausschuss den Vorsitz geführt. Als Neuerungen der Verfahrensordnung hob sie etwa das parlamentarische Minderheitsrecht hervor, einen U-Ausschuss einzusetzen. Aber auch ein Rahmen zur besseren Ausgewogenheit zwischen öffentlichen Interessen und Persönlichkeitsrechten sei geschaffen worden.
Beide AutorInnen, Alexandra Schrefler-König, Leiterin des Büros der Zweiten Nationalratspräsidentin, und David Loretto gaben dazu kurze Einblicke in die Publikation. Schrefler-König bezeichnete die Rechtsmaterie als „spannend, dynamisch und lebendig“ – ein Beispiel dafür stelle die mit Spannung erwartete Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zum Umfang des Untersuchungsgegenstands betreffend den „Ibiza-U-Ausschuss“ dar.
Das Herzstück jedes U-Ausschusses bilde der sogenannte grundsätzliche Beweisbeschluss, erörterte Schrefler-König, sprich, welche Organe zu welcher Vorlage welcher Akten verpflichtet sind. Aber etwa auch mit Regulativen wie – etwa im Fall „Ibiza“ – den Verfassungsgerichtshof anrufen zu können oder im Hinblick auf Konsultationsverfahren stelle die Verfahrensordnung der U-Ausschüsse einen „Garant für Rechtssicherheit und Ausgewogenheit“ im parlamentarischen Kräfteverhältnis dar und bringe Stabilität in kontroversiell geführte Auseinandersetzungen. In Anlehnung an die mehrfach gelobte „Eleganz der Verfassung“ sei jedenfalls die Verfahrensordnung „auch ganz fesch“, so die Expertin.
Experte in der Materie ist auch Co-Autor David Loretto. Er hat nicht nur den Reformprozess jahrelang begleitet und an der legistischen Umsetzung der 2014 erzielten politischen Einigung mitgewirkt, sondern das neue Verfahren auch federführend in die Praxis umgesetzt. Loretto hob hervor, welch unterschiedliche Rechtsmaterien eine wichtige Rolle spielen – rund um die zentralen Begriffe und Werte der Verfahrensordnung, nämlich „Parlament, Bundesregierung, Vertrauen, Kontrolle“. Aus seiner Sicht kommt in dem Regelwerk ein gelungener demokratischer Kompromiss zwischen allen fünf im Parlament vertretenen Fraktionen zum Ausdruck. Loretto griff unter anderem heraus, dass zusätzlich zum bestehenden Verfahrensanwalt mit der Verfahrensordnung 2015 auch ein Verfahrensrichter als wichtiger Berater installiert wurde. Er erörterte aber auch Aspekte der juristischen Bandbreite, wie etwa zum Selbstbelastungsverbot für Auskunftspersonen und diesbezügliche Ausnahmen.
Heinz Korntner, Verlagsleiter des Manz-Verlags, unterstrich abschließend, näher an der Materie als die beiden AutorInnen könne ein Expertenteam gar nicht sein. Es freue ihn, dass mit diesem Werk die fachliche Aufbereitung des starken parlamentarischen Kontrollrechts gelungen sei.
Die beiden AutorInnen Alexandra Schrefler-König und David Loretto bieten im Kommentar auf 430 Seiten nicht nur einen ausführlichen Überblick über die neuen Spielregeln, sondern geben auch Einblicke in die Praxis, etwa was das Einsetzungsprocedere, den Ablauf der Befragungen und die Aufgaben des Verfahrensrichters betrifft. Eine der wesentlichsten Neuerungen gegenüber der alten Verfahrensordnung ist das Einsetzungsquorum: Nunmehr ist es auch einer parlamentarischen Minderheit, konkret einem Viertel der Abgeordneten, möglich, Handlungen der Regierung bzw. vermeintliche Missstände in der Verwaltung nachträglich per U-Ausschuss zu durchleuchten. Bei vier der fünf U-Ausschüsse seit 2015 wurde von diesem Recht Gebrauch gemacht. (Schluss) mbu/gs
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