Corona zeigt Mängel auf: Digitalisierung der Verwaltung weitgehend noch nicht umgesetzt

Köln (ots) – Von Julia Friedrichs, Fabienne Hurst und Andreas Spinrath

Nach Recherchen von WDR-Docupy lassen sich flächendeckend die Leistungen der Verwaltung von Bund und Ländern digital kaum nutzen – in der Corona-Krise zeigen sich große Mängel der Digitalisierung der Behörden.

Ob Anträge für Kurzarbeit und Arbeitslosengeld, aber auch für Kindergeld, für die Baugenehmigung oder die Unternehmensgründung: Durch das Onlinezugangsgesetz (OZG) von 2017 sind Bund, Länder und Kommunen verpflichtet, ihre Verwaltungsleistungen bis Ende 2022 zu digitalisieren.

Nun schließen wegen Corona die Behörden vielerorts ihre Türen für die Öffentlichkeit, sind aber für die Bürgerinnen und Bürger online kaum erreichbar.

Nach Recherchen des WDR-Projekts „docupy“ hat die Verwaltung zweieinhalb Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes noch viel Arbeit: Auf einem internen Informationsportal zur Umsetzung des OZG finden sich im März 2020 flächendeckend zu 140 Leistungen keine Informationen. Zu 405 Leistungen finden sich online lediglich Hinweise zum Ausfüllen auf Papier. 17 kann man online ausfüllen und ausdrucken. Für 3 Leistungen kann man online Anträge abschicken. Und bislang keine vollständig online nutzen.

Die Deutschen sind im europäischen Vergleich digitale Nachzügler: Laut EU-Kommission nutzen im EU-Schnitt 64,3 Prozent der Menschen digitale Verwaltungsangebote. In Deutschland sind es nur 42,6 Prozent, während es die Spitzenreiter in Schweden auf 93,1 Prozent bringen. Hinter Deutschland liegen nur noch Italien und Griechenland.

Doch die Corona-Krise hat das Thema auch bei den zuständigen Politikern in den Fokus gerückt, offenbar will man das Tempo beschleunigen. So teilte der nordrhein-westfälische Wirtschafts- und Digitalminister Andreas Pinkwart mit, dass die sogenannte NRW-Soforthilfe für von der Epidemie betroffene Unternehmen ohne Papier-Formulare oder Behördengänge beantragt werden soll: „Kleinbetriebe und Solo-Selbstständige können ab 27.3. in einem rein digitalen Verfahren ihre Anträge stellen.“ Nur so könne man kurzfristig „die dringend benötigte Liquidität sichern.“

„docupy“ ist ein Online- und Doku-Projekt des WDR und der bildundtonfabrik. Ein halbes Jahr hat sich das Team mit dem Thema Digitalisierung beschäftigt. Die aktuelle Recherche stammt aus der docupy Doku „Neuland – Wer hat die Macht im Internet“, die in der ARD Mediathek abrufbar ist.

Link zur Doku in der ARD-Mediathek: https://1.ard.de/neuland

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