Neues Infektionsschutzgesetz könnte Diskriminierung HIV-Positiver befördern
Berlin (ots) – Deutsche Aidshilfe: Geplante Änderung könnte Arbeitgeber veranlassen, nach dem HIV-Status zu fragen.
Am Donnerstag befasst sich der Bundestag mit Veränderungen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Angesichts der Corona-Epidemie sind neue Regelungen geplant, die jedoch teilweise weit darüber hinaus wirken und Diskriminierung von Menschen mit HIV zur Folge haben könnten.
So sollen laut Gesetzentwurf Arbeitgeber_innen im Gesundheitswesen künftig Beschäftige nach dem „Impf- und Serostatus“ von Infektionserkrankungen befragen und entsprechende Informationen speichern dürfen. Die Arbeitgeber sollen so überprüfen können, ob von (potenziell) Beschäftigten ein Übertragungsrisiko ausgehen könnte oder ob sie durch Immunität vor Erwerb und Weitergabe der Krankheitserreger geschützt sind.
Dazu sagt Winfried Holz vom Vorstand der Deutschen Aidshilfe (DAH):
„Diese Regelung könnte Arbeitgeber auch veranlassen, nach einer HIV-Infektion zu fragen. Das ist bisher aus gutem Grund nicht zulässig: HIV ist für die Ausübung aller Berufe unerheblich – auch im Gesundheitswesen. Deswegen gilt: Im Bewerbungsgespräch oder während eines Beschäftigungsverhältnisses nach dem HIV-Status zu fragen, ist Diskriminierung.“
Neue Regel eröffnet Raum für Missverständnisse
Nach der gestern von der Koalition beschlossenen Fassung des Gesetzentwurfs soll die neue Regelung zwar ausdrücklich nicht für Krankheiten gelten, die unter medizinischer Behandlung nicht mehr übertragbar sind. Das ist bei HIV der Fall. Demnach ist die Frage nach HIV weiter unzulässig – und das ist gut so.
Doch dieser Zusatz löst das Problem leider nicht ganz. Denn zum einen wissen viele Menschen noch immer nicht, dass eine HIV-Übertragung unter Therapie nicht möglich ist. Vor allem aber könnte der Zusatz von Arbeitgeber_innen als Erlaubnis missverstanden werden, gerade deswegen nach HIV zu fragen, um den eventuellen Therapiestatus zu überprüfen.
DAH-Vorstand Winfried Holz:
„Die Erfahrung zeigt: Solche Regelungen werden oftmals falsch ausgelegt. Der Verweis auf eine leitliniengerechte Behandlung öffnet die Tür für Fragen nach dem HIV-Status und unterstellt zudem, es gebe ohne Medikation ein Risiko. Da HIV im Arbeitsalltag auch ohne Behandlung nicht übertragen werden kann, ist und bleibt diese Frage nicht erlaubt. Sie kann für alle Menschen mit HIV gefährlich sein, denn eine HIV-Infektion führt häufig immer noch zu massiven Vorurteilen und Diskriminierung.“
Die Deutsche Aidshilfe hatte bereits erste Pläne für den Gesetzentwurf kritisch kommentiert und vorgeschlagen, dass Arbeitgeber_innen nur nach Erkrankungen fragen dürfen sollten, gegen die der Körper ausreichend schützende Antikörper bilden kann. Daraufhin wurde der zitierte Passus eingefügt.
Leben und arbeiten mit HIV
Menschen mit HIV können heute bei rechtzeitiger Diagnose und Therapie mit der Infektion alt werden und in jeder Hinsicht leben und arbeiten wie andere Menschen. Einzig bei einigen chirurgischen Eingriffen mit hohem Verletzungsrisiko für die operierenden Personen ist die Information über eine gut wirksame Therapie von Relevanz, um Übertragungsrisiken auszuschließen.
In der Arbeitgeber_innendeklaration #positivarbeiten der Deutschen Aidshilfe sprechen sich rund 70 Unternehmen gegen HIV-Tests im Arbeitsleben aus, darunter auch mehrere aus dem Gesundheitsbereich.
Gesetzentwurf (siehe Seite 20, Punkt 15 zu §23) (https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/189/1918967.pdf)
Mehr Informationen zum Thema HIV und Arbeit (https://magazin.hiv/2020/04/20/mit-hiv-arbeiten-na-klar/)
Arbeitgeberdeklaration #positivarbeiten (https://www.aidshilfe.de/positivarbeiten)
Pressekontakt:
Deutsche Aidshilfe
Holger Wicht, Pressesprecher
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