Corona-Sonderregelungen für Pflegebedürftige und Angehörige: Das hat sich geändert

Mainz (ots) – In Corona-Zeiten gibt es für die häusliche Pflege eine Reihe von Sonderregelungen. Vielen Betroffenen fällt es schwer, den Überblick zu behalten. Der Verband Pflegehilfe informiert deshalb über die wichtigsten coronabedingten Gesetze und Erweiterungen für Pflegebedürftige, die zu Hause leben und für deren Angehörige.

Für viele ist es neben Homeoffice, Kinderbetreuung oder Kurzarbeit herausfordernd, die Pflege und Betreuung eines Familienmitgliedes zu organisieren und zu finanzieren. Bereits ohne Corona kann es schwierig sein, im Gesetzesdschungel der Pflege den Überblick zu bewahren: Je nach Pflegegrad, Pflegesituation und sozialen Bedingungen unterscheiden sich die Ansprüche und Rechte von Pflegebedürftigen.

Um während der Corona-Pandemie die häusliche Versorgung bestmöglich und schnell zu organisieren, fasst der Verband Pflegehilfe die wichtigsten Sonderregelungen für Angehörige, pflegende Angehörige und Pflegebedürftige kurz zusammen.

20 Tage Pflegeunterstützungsgeld bei kurzzeitiger Arbeitsverhinderung

Vor Corona galt die Regelung, dass sich Berufstätige für bis zu zehn Tage von der Arbeit freistellen lassen dürfen, um die Pflege eines Familienmitgliedes zu organisieren. Für diese Zeit haben Betroffene Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatzleistung.

Auf Grund der aktuellen Situation besteht bis zum 30. September 2020 ein erleichterter Zugang zum Pflegeunterstützungsgeld: Arbeitnehmende, die die Pflege von Angehörigen übernehmen, können die Leistung für 20 Tage in Anspruch nehmen. Die Regelung gilt auch, wenn ein Versorgungsengpass bei der häuslichen Pflege besteht. Dazu zählt beispielsweise, wenn ein ambulanter Pflegedienst verhindert ist oder eine Pflegekraft ausfällt.

Haben Angehörige bereits den Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld genutzt, können sie diesen erneut geltend machen. Allerdings werden die bezahlten Tage, die Sie bereits genutzt haben, von den 20 Tagen insgesamt abgezogen.

Flexiblere Teilzeit durch Familienpflegezeit

Grundsätzlich ermöglicht die Familienpflegezeit Arbeitnehmenden, die ein Familienmitglied länger als sechs Monate zu Hause pflegen, bis zu zwei Jahre teilweise aus dem Beruf auszusteigen. Voraussetzung ist, dass das Unternehmen, in dem sie angestellt sind, mehr als 25 Mitarbeitende umfasst.

Bis zum 30. September 2020 können Arbeitnehmende, die die Familienpflegezeit noch nicht oder noch nicht ganz beansprucht haben, flexibler nutzen. Ursprünglich galt eine gesetzliche Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden. Diese können Corona-Betroffene nun für einen Monat unterschreiten. Um den geringeren Lohn während der Familienpflegezeit auszugleichen, kann ein Darlehen beantragt werden – pandemiebedingte Einkommensausfälle werden bei der Ermittlung der Darlehenshöhe nicht berücksichtigt.

Erweiterungen der Entlastungsleistungen bei Pflegegrad 1

Bislang haben Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1, die zu Hause leben, monatlich Anspruch auf einen Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro. Dieser Zuschuss kann beispielsweise für die Kostenerstattung körperbezogener Pflegemaßnahmen eines ambulanten Pflegedienstes genutzt werden.

Bis zum 30. September 2020 haben Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 nun die Möglichkeit, den Entlastungsbetrag unkompliziert auch für andere Hilfen, wie zum Beispiel Nachbarschaftsdienste, zu verwenden. Voraussetzung ist, dass die Hilfe erforderlich ist, um coronabedingte Versorgungsengpässe zu überwinden.

Für Pflegebedürftige der Pflegegrade 1 bis 5 gilt weiter die Möglichkeit, die Ansparung bisheriger nicht in Anspruch genommener Entlastungsleistungen einmalig um drei Monate zu verlängern.

Zuschuss zur Kurzzeitpflege in stationären Rehabilitations- und Vorsorgeeinrichtungen

Generell gilt, ist es Angehörigen vorübergehend nicht möglich, ein Familienmitglied zu Hause zu pflegen, besteht ein Anspruch auf stationäre Kurzzeitpflege. Normalerweise übernimmt die Pflegekasse jährlich für die Dauer von acht Wochen Kosten von bis zu 1.612 Euro für die Kurzzeitpflege.

Um quarantänebedingte Engpässe während der Pandemie zu überbrücken, findet die Kurzzeitpflege während der Pandemie auch in stationären Einrichtungen der Rehabilitation und in Krankenhäusern statt. Bis zum 30. September 2020 haben Pflegebedürftige einen erhöhten Anspruch auf bis zu 2.418 Euro für die Kurzzeitpflege, wenn diese in stationären Rehabilitations- und Vorsorgeeinrichtungen geleistet wird.

Das Kurzzeitpflegegeld ist bis Ende September weiterhin zu 100 Prozent mit den Leistungen der Verhinderungspflege kombinierbar. Somit ergeben sich insgesamt 4.030 Euro für die Kurzzeitpflege in einer Einrichtung zur Rehabilitation oder medizinischen Vorsorge.

Anspruch auf Verhinderungspflege bei Homeoffice

Auch ohne Pandemie benötigen pflegende Angehörige bei der Pflege eines Familienmitgliedes gelegentlich kurzzeitig eine Vertretung, zum Beispiel während dem Urlaub oder bei Krankheit. In diesem Fall können sie die Leistungen der Verhinderungspflege in Höhe von bis zu 1.612 Euro in Anspruch nehmen. Voraussetzung ist, dass sie den oder die Angehörige bereits länger als sechs Monate zu Hause versorgen.

Bis zum 30. September 2020 können auch pflegende Angehörige, die wegen der Pandemie im Homeoffice sind und bei der Pflege durch entfernte Verwandte, Freunde oder Nachbarn unterstützt werden, bei der Pflegekasse die Leistungen der Verhinderungspflege fordern. Voraussetzung ist, dass die zu pflegende Person über einen Pflegegrad 2 bis 5 verfügt.

Erhöhter Zuschuss für Pflegehilfsmittel zum Verbrauch

Vor Corona bekamen Pflegebedürftige für die häusliche Pflege und Versorgung monatlich die Kosten von Pflegehilfsmitteln zum Verbrauch von bis zu 40 Euro erstattet. Dazu zählen Einmalhandschuhe, Mundschutze, Bettschutzeinlagen, Schutzschürzen sowie Hand- und Flächendesinfektionsmittel.

Rückwirkend ab dem 01. April 2020 und bis zunächst zum 30. September 2020 gilt jetzt ein abweichender monatlicher Höchstbetrag von bis zu 60 Euro für Pflegehilfsmittel zum Verbrauch. Pflegebedürftige benötigen dazu keinen gesonderten Antrag und können die Rechnung wie gewohnt bei der Pflegekasse einreichen.

Verband Pflegehilfe

Der Verband Pflegehilfe berät seit 2008 Pflegebedürftige und deren Angehörige kostenlos zu den verschiedenen Angeboten für ein möglichst selbstbestimmtes Leben im Alter. Mit 89 Beraterinnen und Beratern und 340.000 Gesprächen in den letzten drei Jahren betreibt er die größte Pflegeberatung Deutschlands.

Der TÜV Saarland zeichnete den kostenlosen Service Anfang 2020 als „Sehr gut“ aus. Die Beraterinnen und Berater sind an sieben Tagen in der Woche von 8 bis 20 Uhr unter der Rufnummer 06131 / 46 48 610 zu erreichen. Weitere Informationen bietet die Verbands-Webseite: www.pflegehilfe.org (https://www.pflegehilfe.org/).

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