Im wahrsten Sinne des Wortes ein „Heiligs Blechle“
Stuttgart (ots) – Das „Papamobil“ auf Basis der Mercedes-Benz G-Klasse feierte vor 40 Jahren Premiere – Originalfahrzeug noch bis September in der Sonderausstellung „40 Jahre G-Klasse“ im Mercedes-Benz Museum zu bestaunen
Anmoderation:
Es ist das vielleicht bekannteste Auto, mit dem jemals ein Papst unterwegs war: Das „Papamobil“ auf Basis des Mercedes-Benz 230 G. Das inzwischen legendäre Fahrzeug entstand vor genau 40 Jahren anlässlich des Deutschlandbesuchs von Johannes Paul II. Erstmals entschied sich der Heilige Vater damals gegen eine schwarze Limousine als Dienstfahrzeug und lies sich stattdessen in der perlmutterweißen G-Klasse stehend unter einer markanten Glaskabine durch die Straßen von Köln, Mainz, Fulda, München und Altötting chauffieren. Das fast 2,80 Meter hohe und 4,60 Meter lange Einzelstück wurde eigens für den Papstbesuch im November 1980 von Mercedes-Benz entwickelt und dem Vatikan zunächst leihweise zur Verfügung gestellt. Gerhard Schneider und seine Sattler-Kollegen waren für die edle Innenausstattung des Papamobils verantwortlich. Der 83-Jährige erinnert sich noch heute lebhaft, wie groß die Herausforderung war, es dem Heiligen Vater in seinem Fahrzeug so angenehm wie möglich zu machen….
O-Ton Gerhard Schneider
Die Herausforderung war auf jeden Fall groß. Man war natürlich gespannt, was da auf uns zukommt. Alleine vom Material her und von den Formen, die man machen musste, das war schon interessant. Dann haben wir Zeichnungen von den Ingenieuren bekommen und dann mussten wir nach diesen Zeichnungen Schablonen anfertigen. Aus Pappdeckel oder aus Holz. Dazu hatten wir eine Schreinerei, die uns die Schablonen ausgesägt hat und nach denen wurden dann der Sitzaufbau und die Konturen gefertigt. Das war so interessant, auch handwerklich interessant, das war schon etwas Einmaliges. (0:37)
Die Vorgaben für die schneeweiße Ausstattung des Papstmobils kamen direkt vom Vatikan. Mercedes-Ingenieure im Entwicklerbereich fertigten danach Pläne und Zeichnungen an, nach denen Gerhard Schneider und seine Kollegen gearbeitet haben. Und natürlich wurde für dieses einzigartige Fahrzeug damals alles in akribischer Handarbeit gefertigt…
O-Ton Gerhard Schneider
Der Aufbau ist fast komplett in Handarbeit. Nur wenn wir etwas zusammennähen mussten, den Velours-Stoff oder so, das hat man dann natürlich maschinell mit der Nähmaschine gemacht. Aber alles andere ist Handarbeit. Und das war auch das Schöne daran, dass man sich handwerklich etwas ausdenken konnte. Richtig handwerklich arbeiten. Und wenn es nicht geklappt hat, musste man es wieder abziehen. Das ist nun einmal so, wenn man ein Sondermodell hat. (0:27)
Heute kann Gerhard Schneider ganz entspannt und nicht ohne Stolz von seiner Arbeit am, beziehungsweise im Papamobil berichten. Tatsächlich war die Anspannung vor 40 Jahren aber ziemlich groß, schließlich galt als oberste Maxime: bloß keine Spuren im Fahrzeug hinterlassen, hier fährt schließlich in Kürze das Oberhaupt der Katholischen Kirche mit.
O-Ton Gerhard Schneider
Wegen des weißen Materials musste man natürlich immer saubere Hände haben, man war ja auch ab und zu verschwitzt und so. Man musste sich also ständig die Hände waschen oder man musste sich die Schuhe ausziehen als der Teppichboden verlegt war, damit man keine Streifen mit den Schuhen reingezogen hat. Man musste ständig aufpassen. Selbst von daheim hat man die Pantoffeln mitgebracht und die hat man dann vor dem Wagen abgelegt und ist dann in Socken und Strümpfen ins Auto eingestiegen. So konnte man dann arbeiten. (0:30)
Viele Jahre war der einzigartige Mercedes-Benz 230 G der Papstwagen schlechthin und begleitete Johannes Paul II. auf zahlreichen Reisen in alle Welt. Der Plexiglasaufbau schützte den Papst vor Wind und Regen, ohne den Gläubigen die Sicht auf den Heiligen Vater zu nehmen. Nach dem Attentat auf dem Petersplatz 1981 wurde die Spezial-G-Klasse umgebaut und erhielt eine schusssichere Verglasung. Ein Fahrzeug also mit einer ganz besonderen Geschichte – und wenn Sie das legendäre Papamobil und die Arbeit von Gerhard Schneider und seinen Kollegen mal aus der Nähe bewundern möchten – kein Problem weiß Benedikt Weiler, der Kurator der G-Klasse-Sonderausstellung:
O-Ton Benedikt Weiler
Das Fahrzeug ist etwas Besonderes. Das „Papamobil“ kennt jeder. Und als wir uns überlegt haben, wie die Ausstellung aussehen soll, wie sie zusammengestellt werden soll, haben wir über viele Autos diskutiert, aber eines war nie eine Diskussion: von vorne herein war klar: der muss hier mit drin stehen. Entsprechend stolz sind wir, dass er noch bis Ende September hier in der Sonderausstellung steht und anschließend stellen wir ihn wieder an seinen angestammten Platz zurück. Und dann kann man ihn nach wie vor im Museum anschauen. Dann eben in der „Galerie der Namen“. (0:27)
Abmoderation:
Im wahrsten Sinne des Wortes ein „Heiligs Blechle“ – das Papamobil auf Basis des Mercedes-Benz 230 G. Übrigens: Nicht Papst Johannes Paul der Zweite war der erste, der mit dem Fahrzeug unterwegs war, sondern Gerhard Schneider. Quer durch die Mercedes-Werkshalle, von seinen Kollegen geschoben, stehend und natürlich in frischen weißen Tennissocken.
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