Yale-Professor Snyder warnt im stern: „Trump hat eine Geheimpolizei geschaffen“
Hamburg (ots) – Der Yale-Professor Timothy Snyder warnte schon vor vier Jahren eindringlich davor, dass Donald Trump versuchen werde, die amerikanische Demokratie auszuhöhlen. In einem Gespräch mit dem stern (erscheint bei stern plus) erneuert nun der angesehene Historiker seine Mahnung und vergleicht das Vorgehen des US-Präsidenten mit dem Adolf Hitlers.
Vor allem die Bilder aus der Stadt Portland an der amerikanischen Westküste vom Einsatz maskierter Bundespolizisten in Tarnkleidung, die Demonstranten in unmarkierte Fahrzeuge zerren, alarmieren Snyder. Zum stern sagte er: „In Portland haben wir gesehen, wie Trump eine Geheimpolizei geschaffen hat. Die Truppen wurden dorthin geschickt, nicht um die Situation zu beruhigen, sondern um alles schlimmer zu machen.“ Trump versuche damit Aufruhr zu schaffen und könne dann seinen Leuten sagen, dass die Linken einen Staatsstreich ausführen würden. Diesen Trick habe man schon früher in der Geschichte etwa beim spanischen Diktator Franco oder im Russischen Reich gesehen.
„Für Herrn Trump gibt es keinen Staat“, so der amerikanische Experte. „Wenn er etwas über französische Geschichte wüsste, würde er sagen: „L’état c’est moit“, der Staat bin ich.“ Er nutze den Staat nur zu seinem Vorteil und sehe ihn als Absicherung. „Für Trump ist der Staat nur dafür da, damit er nicht ins Gefängnis muss.“ Der Posten als Präsident sei überhaupt die erste Zeit, in der Trump einen festen Job und ein Einkommen habe. Auch deswegen versuche der Präsident nun alles, um an der Macht zu bleiben.
Mit Blick auf den Coronavirus und den Umgang mit der Pandemie kritisiert Snyder den Präsidenten scharf. „Mit ein bisschen mehr Bereitschaft zur Wahrheit und ein bisschen Führung hätte er viele der 170.000 Toten im Land verhindern können. Aber auf diese Idee ist er überhaupt nicht gekommen.“ Denn: „Trump versteht den Coronavirus als Angriff auf ihn. Er ist das Opfer und nicht all die Kranken und Toten im Land.“ Trump beanspruche für sich, dass ihn die Wahrheit gehöre. Snyder sagt: „Es gibt keine andere. Keine wissenschaftliche, keine historische und keine journalistische. Das muss so sein, wenn man einer Demokratie das Herz rausreißen möchte.“
Snyder erkennt deutliche historische Parallelen: „Autoritäre Regierungen entstehen aus einer Republik. Eben nicht durch einen Umsturz, sondern indem Führer die bestehenden Grenzen zu ihrem Nutzen interpretieren, dehnen oder sich Schlupflöcher darin suchen. Sie nutzen dann vermeintliche Notlagen oder staatliche Ausnahmesituationen. So ist auch Hitler 1933 an die Macht gekommen. Die Gemeinsamkeiten sind klar.“ Ziel Trumps sei es, sein Land in einem Dauerzustand der Ausnahme zu halten.
Seine Prognose für die kommenden Wochen: „Trump wird bis November alles dafür tun, dass er wiedergewählt wird. Das heißt aber nicht, dass er automatisch gewinnen wird. Snyder glaubt selbst nicht an einen Wahlsieg Trumps. Warnt aber: „Wenn Herr Trump das Weiße Haus verlässt, heißt das nicht, dass alles plötzlich wieder gut sein wird. Aber sein Abschied schafft den Weg zurück zur Rechtsstaatlichkeit. Es gibt uns die Möglichkeit, uns selbst mit Recht und Stolz wieder eine Demokratie nennen zu können.“
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