Negativpreis für Tierhaltungslüge: „Grünländer Käse“ von Hochland erhält den Goldenen Windbeutel 2020
Berlin (ots) – – foodwatch-Aktion am Firmensitz im Allgäu
– Repräsentative Umfrage bestätigt: 78 Prozent durch Hochland-Werbung in die Irre geführt
– foodwatch: Kontrollbehörde muss Täuschung beenden – Frist bis zum 22. September
Der Goldene Windbeutel 2020 geht an den Käsereikonzern Hochland: Bei einer Online-Abstimmung der Verbraucherorganisation foodwatch zur dreistesten Werbelüge des Jahres entfielen die meisten der mehr als 65.000 Stimmen auf dessen „Grünländer Käse“. Hochland verspricht „Milch von Freilaufkühen“, wirbt mit einer „grünen Seele“ und einer wie eine Wiese gestalteten Verpackung. Tatsächlich stehen die „Freilaufkühe“ aber im Stall.
„‚Freilaufkühe‘ ist ein reiner Fantasiebegriff – Hochland gaukelt seiner Kundschaft ein Weide-Idyll vor und täuscht ausgerechnet jene Verbraucherinnen und Verbraucher, die bewusst Produkte auswählen, von denen sie sich eine bessere Tierhaltung versprechen“, erklärte Manuel Wiemann von foodwatch, Wahlleiter beim Goldenen Windbeutel 2020.
Mit einer Aktion am Firmensitz von Hochland im bayerischen Heimenkirch (Landkreis Lindau) haben Aktivistinnen und Aktivisten von foodwatch am heutigen Dienstag versucht, den Negativpreis an die Konzernführung zu überreichen. Eine lebensgroße Käseverpackung protestierte mit dem Schild „Ich will keine Werbelüge mehr sein!“. Hochland nahm den Goldenen Windbeutel nicht an. Die Tür des Haupteingangs war verschlossen, die meisten Jalousien heruntergezogen. Die Konzernleitung stand für ein Gespräch nicht zur Verfügung. Man halte die Kritik „für nicht angemessen“, hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme.
foodwatch schaltet Lebensmittelüberwachung ein
Die Verbraucherorganisation forderte die für Hochland zuständige Lebensmittelbehörde, die Bayerische Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen in Kulmbach, auf, die irreführende Vermarktung von Grünländer zu untersagen. Bereits in der vergangenen Woche hatte foodwatch die Käseprodukte bei der Behörde angezeigt. Das Lebensmittelrecht verbietet Täuschung, die Behörden sind zum Einschreiten verpflichtet – was aus Sicht von foodwatch viel zu selten geschieht. Die Verbraucherorganisation setzte dem Amt eine Frist bis zum 22. September, um das Unternehmen zur Beendigung der Verbrauchertäuschung zu bewegen. Sollte sie nicht gegen Hochland tätig werden, kündigte foodwatch eine Klage gegen die Behörde an.
foodwatch übersandte der Lebensmittelbehörde in Kulmbach zum Beleg für die Täuschung heute auch die Ergebnisse einer aktuellen, repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar (vormals Emnid) im Auftrag der Verbraucherorganisation. Demnach gingen 78 Prozent der befragten Verbraucherinnen und Verbraucher davon aus, dass mit dem Begriff „Freilaufkühe“ Tiere gemeint sind, die in irgendeiner Form Weidezugang haben müssen. Fast 8 von 10 Menschen führt Hochland mit seiner Werbung folglich in die Irre.
Erst im Kleingedruckten auf der Rückseite der Verpackung weist Hochland darauf hin, dass die Tiere im Stall stehen – das reicht nach Auffassung von foodwatch nicht aus, um den täuschenden Gesamteindruck wettzumachen.
Das Unternehmen hatte nach der Nominierung für den Goldenen Windbeutel in einer E-Mail an foodwatch geschrieben: „Unter Freilauf verstehen wir bei Grünländer, dass sich unsere Kühe jederzeit frei im Stall bewegen können und zu keiner Zeit angebunden sind.“ Der Verzicht auf Anbindehaltung jedoch ist keine Besonderheit, sondern der Normalfall: Bereits im Jahr 2010 standen 72 Prozent aller deutschen Milchkühe im so genannten Laufstall. Hochland selbst rechtfertigte die Verwendung des selbst erfundenen Begriffs „Freilaufkühe“ mit einer eigenen Umfrage, der zufolge diese den Erwartungen eines Großteils der Befragten entsprochen habe. Hochland verweigerte jedoch die Auskunft zu weiteren Nachfragen und lehnte eine Veröffentlichung der konkreten Umfrageergebnisse oder ihrer Fragestellung ab, weil „es sich hierbei um wettbewerbsrelevante Informationen“ handele.
Neben dem Grünländer Käse waren vier weitere Produkte für den Goldenen Windbeutel 2020 nominiert. Mehr als 65.000 gültige Stimmen gingen im Wahlzeitraum seit Mitte August ein. Das Ergebnis im Detail:
1. Platz: Grünländer Käse von Hochland (28.443 Stimmen, entspricht rund 43,5 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen)
2. Platz: Volvic Bio Rooibos-Tee von Danone Waters (11.527 Stimmen, 17,6 Prozent)
3. Platz: Arla haltbare Bio-Weidemilch (9193 Stimmen, 14 Prozent)
4. Platz: Zentis „50% weniger Zucker“ Erdbeere (8709 Stimmen, 13,3 Prozent)
5. Platz: Be-Kind Protein-Riegel Erdnuss von Mars (7584 Stimmen, 11,6 Prozent)
foodwatch vergibt den Goldenen Windbeutel in diesem Jahr zum zehnten Mal. Die erste Wahl fand 2009 statt. Bisherige Preisträger waren unter anderem der Trinkjoghurt Actimel von Danone (2009), die Milch-Schnitte von Ferrero (2011) und das „Smart Water“ von Coca-Cola (2018). Vergangenes Jahr gewann die Kinder-Tomatensauce von Zwergenwiese den Negativpreis.
Für die repräsentative Umfrage hat das Meinungsforschungsinstitut Kantar 1014 Menschen am 1. und 2. September telefonisch befragt. Die Fragestellung und die detaillierten Ergebnisse veröffentlichte foodwatch im Internet.
Quellen und weiterführende Informationen:
– Foto: Protestaktion bei Hochland: http://ots.de/Ldbqmo
– Stellungnahme von Hochland: http://ots.de/6b9Gzh
– Repräsentative Umfrage zu „Freilaufkühen“ von Kantar: t1p.de/ooj2 (http://mailings.foodwatch.de/c/40133193/0b53f5e61dd3f-1flela0)
– Foto: Grünländer-Käse mit Windbeutel-Auszeichnung: t1p.de/m6pc (http://mailings.foodwatch.de/c/40133194/0b53f5e61dd3f-1flela0)
– Grafik Abstimmungsergebnis aller 5 Windbeutel-Kandidaten: t1p.de/4fvb (http://mailings.foodwatch.de/c/40133195/0b53f5e61dd3f-1flela0)
– foodwatch-Pressemitteilung zur Anzeige der Produkte von Hochland, Arla und Danone bei den zuständigen Lebensmittelbehörden: t1p.de/utf1 (http://mailings.foodwatch.de/c/40133196/0b53f5e61dd3f-1flela0)
– Pressemappe mit Infos zu Hochland und weiteren Windbeutel-Kandidaten: http://ots.de/BdEek0
Pressekontakt:
foodwatch e.V.
Andreas Winkler
E-Mail: presse@foodwatch.de
Tel.: +49 (0)174 – 3 75 16 89
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