Rechtliche Schritte: Apotheker geht gemeinsam mit NOWEDA gegen TeleClinic vor
Essen (ots) – Mit dem Kauf des Telemedizinanbieters TeleClinic hat die Zur Rose AG, Mutterkonzern von DocMorris, für massive Proteste in der Apothekerschaft gesorgt. Schließlich droht die im deutschen Gesundheitswesen tief verwurzelte und bewährte Trennung von Arzt und Apotheker damit ausgehebelt zu werden. Und so scheint es tatsächlich auch zu kommen: Vor kurzem wurde bekannt, dass Vor-Ort-Apotheken in Sachen Rezeptvergabe bei TeleClinic außen vor bleiben. Denn der Anbieter leitet aktuell keine Rezepte an stationäre Apotheken weiter. Statt die Rezeptausstellung deshalb einzustellen, lässt TeleClinic den Patienten allerdings nur eine Wahl: Entweder sie schicken ihr Rezept an eine Versandapotheke – oder sie können es gar nicht einlösen. Besonders brisant: Die Patienten werden darüber nicht oder nur unzureichend informiert. Mit dramatischen Folgen. So konnte eine Akutmedikation eines 6-jährigen Mädchens nur durch den engagierten Einsatz des Apothekers Thomas Grittmann, Inhaber der Park-Apotheke in Miltenberg, gewährleistet werden. Thomas Grittmann, Mitglied der NOWEDA, will das Gebaren der TeleClinic nicht widerstandslos hinnehmen und hat sich mit Bitte um Unterstützung an die Apothekergenossenschaft gewandt. Dieser Bitte kam NOWEDA gerne nach und engagierte Dr. Morton Douglas, der die Rechtsvertretung von Herrn Grittmann im Auftrag der NOWEDA übernimmt und nun gegen TeleClinic vorgeht.
Zum Sachverhalt: Unter der Rubrik „So funktioniert’s“ auf teleclinic.de erklärt der Anbieter, man könne nach erfolgter Online-Sprechstunde das Rezept einfach direkt in der Apotheke der Wahl einlösen. Alles scheint zunächst ganz unkompliziert. Beim kleingedruckten Zusatz „Medikamente in Wunschapotheke einlösen oder liefern lassen“, weichen die Versprechungen dann allerdings fundamental von der Realität ab. Denn eine Rezepteinlösung in den Vor-Ort-Apotheken ist aktuell schlicht nicht möglich. Auch in den FAQs betont TeleClinic, dass der Patient frei entscheiden kann, ob er sein Rezept in einer Vor-Ort-Apotheke oder beim Versandhandel einlösen möchte.
„Patienten wird suggeriert, dass sie ihr Rezept nach der Online-Sprechstunde direkt bei mir oder bei meinen Kolleginnen und Kollegen einlösen können. Oft handelt es sich um akute Erkrankungen, bei denen das Arzneimittel sofort benötigt wird und nicht auf eine Lieferung des Versandhandels gewartet werden kann“, so Apotheker Thomas Grittmann. „Es ist naheliegend, dass solche Patienten – wären sie im Vorfeld gut und umfassend informiert worden – auf eine ärztliche Online-Konsultation verzichtet bzw. einen anderen Anbieter gewählt hätten.“
Konkret fordert Dr. Douglas im Namen des Apothekers von der TeleClinic GmbH eine Unterlassung von Online-Sprechstunden mit Vergabe apothekenpflichtiger Rezepte, sofern keine Möglichkeit für jede niedergelassene Apotheke in Deutschland besteht, diese Verschreibung auch tatsächlich einzulösen. Zudem wird gefordert, dass Werbemaßnahmen – die Patienten suggerieren, die Verschreibungen könnten bei einer Apotheke seiner Wahl eingelöst werden – unterlassen werden müssen. Weiterhin fordert er, dem Patienten transparent zu vermitteln, dass die verschriebenen Arzneimittel selbst zu bezahlen sind. Auch dies sei bei TeleClinic nicht transparent gekennzeichnet.
„Dieses Geschäftsgebaren passt ins Bild des Zur-Rose-Konzerns. Es geht nicht um das Wohl der Patienten, es geht nicht um das Wohl der Apotheken, es scheint vielmehr nur um die eigene Profitmaximierung zu gehen“, so Dr. Michael Kuck, Vorstandsvorsitzender der NOWEDA. „Man muss unweigerlich an die Aktivitäten von DocMorris in Hüffenhardt 2017 denken. Es war erschreckend, mit welcher Vehemenz hier versucht wurde, die Installation eines ‚Apothekenautomaten‘ ohne Rücksicht auf geltendes Recht und auf bestehende, gut funktionierende Versorgungsstrukturen durchzusetzen. Vor diesem Hintergrund ist es für uns als NOWEDA mehr als selbstverständlich, gemeinsam mit Herrn Grittmann gegen TeleClinic vorzugehen.“
Nachdem TeleClinic auf die Abmahnung nicht reagiert hat, wurde inzwischen ein gerichtliches Verfahren angestoßen, in dem es nunmehr am 13. Oktober 2020 zur mündlichen Verhandlung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung kommen wird.
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