Parteien wollen Begutachtung von Gesetzentwürfen ausbauen
Nationalrat beendet Sitzungstag mit Ersten Lesungen und Abstimmung über Fristsetzungsanträge
Wien (PK) – Geht es nach den fünf Parlamentsparteien, soll es künftig möglich sein, zu allen Gesetzesinitiativen im Nationalrat Stellungnahmen abzugeben. Und zwar solange, bis das parlamentarische Verfahren zu Gänze abgeschlossen ist, also der Gesetzentwurf entweder den Bundesrat passiert hat oder in anderer Art und Weise erledigt wurde. Ein entsprechender Antrag wurde in der heutigen Nationalratssitzung erstmals in Verhandlung genommen und soll nun im Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrats weiterberaten werden. Auch mit einer von der Opposition beantragten Ausweitung der parlamentarischen Kontrolle der Geheimdienste wird sich der GO-Ausschuss befassen.
Beendet wurde der Sitzungstag mit der Abstimmung über Fristsetzungsanträge, wobei jene der Koalitionsparteien angenommen und jene der Oppositionsparteien abgelehnt wurden.
Gemäß der Fünf-Parteien-Initiative (1178/A) sollen ExpertInnen und BürgerInnen in Hinkunft nicht nur wie bisher die Möglichkeit haben, zu Ministerialentwürfen der Regierung Stellungnahmen abzugeben, sondern auch zu Gesetzesanträgen von Abgeordneten und Ausschüssen, fertigen Regierungsvorlagen, Gesetzesanträgen des Bundesrats und Volksbegehren. Diese sollen auf der Parlaments-Website veröffentlicht werden – kommen sie von Privatpersonen, allerdings nur mit deren Einwilligung.
In der Debatte wies Karl Mahrer (ÖVP) darauf hin, dass mit dem vorliegenden Antrag Empfehlungen der Staatengruppe des Europarats gegen Korruption Greco umgesetzt würden. Grundsätzlich sei Transparenz in Bezug auf Gesetzesanträge schon jetzt gelebte Praxis im Hohen Haus, nun komme es zu weiteren Verbesserungen, meinte er. Sigrid Maurer (Grüne) wies darauf hin, dass es durch die Novelle künftig nicht mehr möglich sein werde, ein Begutachtungsverfahren durch die Einbringung eines Initiativantrags anstelle einer Regierungsvorlage zu umgehen. Außerdem erwartet sie sich eine Qualitätssteigerung bei Gesetzentwürfen im Falle einer regen Beteiligung an der Begutachtung.
Erfreut über den Gesetzesantrag zeigten sich auch Christian Drobits (SPÖ) und Felix Eypeltauer (NEOS). Allerdings hätten sich beide Abgeordnete weitergehende Regelungen gewünscht. Zustande gekommen sei nur ein „Minimalkompromiss“, bedauerte Eypeltauer. So seien „überfallsartige“ Gesetzesanträge weiterhin nicht ausgeschlossen, wie Drobits anmerkte. Zudem habe man sich mit der Forderung nach strengeren Offenlegungspflichten für Regierungsmitglieder im Sinne von mehr Transparenz nicht durchsetzen können.
Teil des Antrags ist auch eine Bestimmung, dass sich die Mitglieder des Immunitätsausschusses bzw. des Unvereinbarkeitsausschusses vertreten lassen sollen, wenn sie selbst von einem Auslieferungsbegehren oder einer Meldung über berufliche Tätigkeiten bzw. Nebeneinkünfte betroffen sind.
Opposition will parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste stärken
Auch was die von NEOS, SPÖ und FPÖ geforderte Ausweitung der parlamentarischen Kontrollrechte gegenüber den österreichischen Nachrichtendiensten betrifft, ist ein Konsens nicht ausgeschlossen. So zeigten sich sowohl Michael Hammer (ÖVP) als auch Georg Bürstmayr (Grüne) verhandlungsbereit.
Dem Antrag (1086/A) zufolge sollen sowohl der Verteidigungsminister als auch der Innenminister verpflichtet werden, dem jeweils zuständigen parlamentarischen Kontrollausschuss regelmäßig über die allgemeine Tätigkeit der Geheimdienste und über Vorgänge von besonderer Bedeutung zu berichten, wobei die bestehende Systematik -ein Unterausschuss für die beiden Heeres-Dienste, ein Unterausschuss für den Verfassungsschutz – beibehalten werden soll. Zudem soll den Abgeordneten auf Verlangen eines Viertels der Ausschussmitglieder Einsicht in einschlägige Unterlagen gewährt werden. Eine Verweigerung von Auskünften und Einsichtnahmen wäre dem Antrag zufolge nur in Ausnahmefällen möglich und müsste begründet werden.
Stephanie Krisper (NEOS) machte im Plenum geltend, dass die derzeitigen Kontrollrechte des Parlaments unzureichend seien. Derzeit würden die Abgeordneten kaum Informationen über die Arbeit des BVT oder dessen Einschätzung der Sicherheitslage in Österreich erhalten. Das BVT sei eine „Blackbox“ im doppelten Sinn, kritisierte sie. Man könne eine Behörde aber nicht kontrollieren, wenn man nicht wisse, was sie mache. Insofern sei es wesentlich, von einem Auskunftsrecht der Abgeordneten zu einer Unterrichtungspflicht des Ministers zu kommen.
Auch Reinhold Einwallner (SPÖ) forderte einen Paradigmenwechsel bei den Kontrollrechten. Ob die geplante BVT-Reform im Nationalrat breite Zustimmung erhalten wird, wird seiner Meinung nach wesentlich davon abhängen, wie die parlamentarischen Kontrollrechte ausgestaltet werden. In diesem Sinn begrüßte er die positiven Signale von ÖVP-Abgeordnetem Hammer, wiewohl er angesichts der bisherigen Vorgangsweise am guten Willen der ÖVP seine Zweifel hat.
Optimistischer in Bezug auf einen Konsens äußerte sich Hannes Amesbauer (FPÖ), auch er ist aber noch „ein bisschen skeptisch“. Es brauche jedenfalls einen ordentlichen Verfassungsschutz, und ohne Ausbau der parlamentarischen Kontrolle werde es sicher nicht gehen, sagte er.
Michael Hammer (ÖVP) hatte zuvor betont, dass im Antrag wichtige und interessante Punkte enthalten seien. Man werde diesen im Ausschuss intensiv diskutieren. Auch der ÖVP sei die parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste wichtig, versicherte er und zeigte sich bezüglich eines Konsenses zuversichtlich. Seitens der Grünen hob Georg Bürstmayr hervor, dass man auch das Interesse der Geheimdienste an der Vertraulichhaltung mancher Details im Blick behalten müsse, die Kontrolle müsse sich aber in jedem Fall verbessern.
Auch dieser Antrag wurde nach der Ersten Lesung dem Geschäftsordnungsausschuss zugewiesen. Ein begleitender Antrag zur Änderung des Polizeilichen Staatsschutzgesetzes steht im Innenausschuss zu Diskussion.
Abstimmung über vier Fristsetzungsanträge
Abgelehnt hat die Mehrheit im Nationalrat zwei Fristsetzungsanträge der Opposition. Zum einen ging es dabei um den COVID-19-Unterausschuss zur Kontrolle von Coronahilfen, auf dessen Einsetzung SPÖ, FPÖ und NEOS schon seit April letzten Jahres drängen (421/A). Zum anderen wäre den drei Oppositionsparteien die rasche Beratung über einen dem Justizausschuss zugewiesenen Entschließungsantrag (1219/A(E)) ein Anliegen gewesen, der die Abschaffung von Berichtspflichten von Staatsanwaltschaften zum Inhalt hat.
Schließlich nahmen die Abgeordneten zum Abschluss des Sitzungstags noch zwei Fristsetzungsanträge der Regierungsfraktionen an. Sie betreffen die Anträge 1241/A und 1252/A, die beide in Zusammenhang mit der Corona-Krise stehen und erst heute eingebracht worden sind. Sie sehen unter anderem Änderungen im Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, im Bundespflegegeldgesetz, im Führerscheingesetz, im 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, im Einkommensteuergesetz, in der Bundesabgabenordnung, im Umsatzsteuergesetz und im Investitionsprämiengesetz vor. Der Gesundheitsausschuss bzw. der Finanzausschuss sind demnach angehalten, die Beratungen über die beiden Anträge bis zum 23. Februar, also noch vor den nächsten regulären Plenarsitzungen, abzuschließen.
Zahlreiche Anliegen von BürgerInnen in Petitionen und Bürgerinitiativen
Zuvor hatten sich die Abgeordneten anhand eines Sammelberichts des Petitionsausschusses mit einem breiten Spektrum an Anliegen von BürgerInnen befasst. Der Ausschuss berichtet darin über den Abschluss der Beratungen zu insgesamt sechs Bürgerinitiativen (5/BI, 11/BI, 12/BI, 20/BI, 28/BI und 30/BI) sowie zehn Petitionen (1/PET, 3/PET, 6/PET, 12/PET, 13/PET, 18/PET, 19 PET, 33/PET, 35/PET und 38/PET).
Der Bericht wurde nur mehrheitlich zur Kenntnis genommen. Ausschussobmann Michael Bernhard (NEOS) kritisierte, dass keines der Anliegen, die auf der Tagesordnung des letzten Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen standen, einem Fachausschuss zugewiesen wurde. Um ein Zeichen gegen diese Praxis zu setzen, nehme seine Fraktion daher erstmals einen Sammelbericht des Ausschusses nicht zur Kenntnis. Seitens der SPÖ forderten die Abgeordneten Andreas Kollross und Robert Laimer die Koalitionsparteien auf, in Zukunft wieder Anliegen von BürgerInnen den entsprechenden Fachausschüssen zuzuweisen.
Das Themenspektrum der zur Verhandlung stehenden Petitionen reichte von einem Abschiebestopp von Auszubildenden in Pflegeberufen über eine diskriminierungsfreie Blutspende bis hin zum Abbau von Hürden beim Familienhärtefonds sowie der Forderung nach einer gesetzlichen Einlagensicherung und Ausfallshaftung für Gemeinden. Weitere Petitionen betreffen eine Nominierung des Otto-Wagner-Spitals am Steinhof als UNESCO-Weltkulturerbestätte, die Wiedereinführung der Mutterkuhprämie, einen Stopp von „Mautflüchtlingen“ in Kittsee, einen Ausbau der Verbindungsbahn in Hietzing sowie eine Öffnung des Engelstors als Eingang in den Schlosspark Schönbrunn.
Auch die Anliegen der Bürgerinitiativen waren breit gefächert. So setzen sich TierschutzaktivistInnen für ein Verbot des aus ihrer Sicht tierquälerischen betäubungslosen Schächtens sowie ein Verbot der „Post-Cut-Stunning“-Methode beim Schächten ein. Weitere Forderungen betreffen eine Erhöhung der derzeitigen Zahl der Polizeiplanstellen in Villach, das Heumarkt-Hochhausprojekt, das Thema Pensionen sowie die Erhaltung des Bezirksgerichts am Standort Telfs. Unter dem Titel „ohne Kunst wird’s still – Forderungen:
Schweigemarsch 2020″ thematisierte eine Initiative die aktuelle Situation im Kunst- und Kulturbereich.
Entschließungsanträge, die im Rahmen der Debatte von der FPÖ bzw. den NEOS eingebracht worden waren, fanden keine Mehrheit. So sprach sich FPÖ-Abgeordneter Peter Schmiedlechner für die Wiederaufnahme der Fördermaßnahmen für Mutterkuhhaltung aus. Sein Fraktionskollege Alois Kainz wies darauf hin, dass immer mehr EU-Staaten das Schächten von Tieren verbieten. Österreich solle diesem Beispiel folgen, meinte er und plädierte dafür, jede Form der rituellen Schlachtung ohne Betäubung zu verbieten.
Die NEOS-Abgeordneten Yannick Shetty und Michael Bernhard forderten den Gesundheitsminister erneut auf, die diskriminierungsfreie Blutspende verbindlich umzusetzen, wobei sie als Stichtag den 28. Februar 2021 anstreben. Der standardisierte Fragebogen zur Blutspende sei so anzupassen, dass er auf das individuelle Risikoverhalten einer Person abstelle und nicht pauschal auf die sexuelle Orientierung, erklärte Bernhard. (Schluss Nationalrat) gs/sox
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