TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ Donnerstag, 1. April 2021, von Peter Nindler: „Bereits mitten im Landtagswahlkampf“
Innsbruck (OTS) – Corona hat die Politik in Tirol polarisiert. Die Opposition wittert die Chance, den vor der Pandemie einzementierten Landes-hauptmann Platter zu erschüttern. Platter selbst kämpft mit dem Handicap eines ziemlich abgearbeiteten Regierungsteams.
Wirtschaft und Arbeit, Verkehr, Wohnen, Gesundheit und Soziales:
Viele Ziele, die sich Schwarz-Grün bei der Neuauflage ihrer Koalition vor drei Jahren gesteckt hat, wurden von der Corona-Pandemie schlagartig überholt. Deshalb sollte der Blick vor allem nach vorne gerichtet werden. Entscheidend wird nämlich die Krisenbewältigung bis zur Landtagswahl in spätestens zwei Jahren sein. Deshalb müssen sich ÖVP und Grüne jetzt eine zentrale Frage stellen: Sind wir für diese Verantwortung gegenüber Tirol und seinen Menschen bestmöglich aufgestellt?
Die Antwort darauf lässt sich aus der Bilanz der vergangenen drei Koalitionsjahre ableiten. Und da haben sich zweifellos Ermüdungserscheinungen offen ausgebreitet. Regierungschef und Landeshauptmann Günther Platter (VP) kämpft mehr denn je mit einem „eingefahrenen“ und fast schon stereotypen Regierungsteam. Vielleicht hätte er das von Corona einigermaßen begünstigte Zeitfenster im Juli und August des Vorjahres nützen sollen, um seine Landesregierung neu aufzustellen. Das gilt gleichermaßen für die Grünen. Neue Köpfe und erfrischende inhaltliche Impulse für große Herausforderungen wie Ankurbelung der regionalen Wirtschaft, des Tourismus, der Durchimpfung der Bevölkerung, ein pandemieoptimiertes Gesundheits-und Spitalswesen sowie soziale Schutzschirme wären notwendig.
Die Zwischenbilanz ist deshalb nur eine politische Fleißaufgabe. Nicht der Transitverkehr wird die nächste Landtagswahl entscheiden, sondern wie die Landesregierung die größte Gesundheits-, Sozial- und Wirtschaftskrise seit 1945 gemeistert hat. Andererseits zeigen Krisen auch Schwachstellen schonungslos auf. Leistbares Wohnen, ein Studentencampus und die Eindämmung der Spekulation mit Immobilien waren die großen Ansagen der schwarz-grünen Landesregierung im Frühjahr 2018. Herausgekommen ist noch wenig, auf die Pandemie kann diese Problemverschleppung allerdings nicht abgewälzt werden. Corona hat die Politik im Lande jedoch zusätzlich polarisiert: Die Folgen von Ischgl, das Tiroler Krisenmanagement und jetzt die Impfstrategie haben die politischen Abstände zu breiten Gräben vertieft. Nachvollziehbar wittern SPÖ, FPÖ, Liste Fritz und NEOS für sich die Chance, den vor Corona beinahe unverrückbaren LH Günther Platter mit seiner Tiroler ÖVP zu erschüttern. An dieser bewussten Zuspitzung wird sich bis zur Landtagswahl nichts ändern. Bilanz hin oder her, der Landtagswahlkampf hat schon längst begonnen.
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