Nationalratspräsident Sobotka setzt Zeichen gegen Antiziganismus
Virtuelle Veranstaltung zu 50 Jahren Romapolitik im Hohen Haus
Wien (PK) – Anlässlich des Welt-Roma-Tages lud Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka zur virtuellen Veranstaltung „50 Jahre Romapolitik -Romnja und Roma in der EU. Chancen und Herausforderungen“ ins Parlament. Bei dem Festtag gehe es nicht nur um einen Rückblick, sondern auch um einen Ausblick in drei Facetten: die Gedenkkultur, den Kampf gegen den Antiziganismus sowie die Absicherung von Identität, Sprache, Kultur und der sozialen Struktur der Romnja und Roma, so Sobotka.
In Bezug auf das Gedenken sei es wichtig, das Bewusstsein über die Ermordung von Roma und Sinti durch die Nationalsozialisten -Stichwort Lackenbach – in der Gesellschaft zu verankern, weshalb der Präsident des Nationalrats die Verortung eines nationalen Denkmals zur Erinnerung als auch für den andauernden Kampf gegen den Antiziganismus als besonders bedeutsam hervorhob. Dieser sei mit anderen rassistischen Vorurteilen nicht eins zu eins zu vergleichen, da er über Jahrhunderte gewachsen sei. Das Momentum sei nicht nur in Randgruppen verbreitet, antiziganistische Haltungen würden auch in der Mitte der Gesellschaft – teilweise bedachtlos, teilweise bewusst – gesetzt.
Der Nationalratspräsident versteht es daher als Aufgabe des Parlaments, gesamtheitlich gegen Antiziganismus aufzutreten. „Nur aus Vielfalt kann friedliches Zusammenleben möglich werden“, sagte er. Die reiche Tradition der Roma sei Teil des vielfältigen Europas, was sich am Beispiel der stark kulturell integrierten Musik besonders schön zeige. Das Parlament nehme sich dem Thema an, so werde der Westbalkan mit Stipendien unterstützt oder die Demokratiewerkstatt als Export-Artikel bereitgehalten. Wichtig sei es laut Sobotka auch, die Sprache und die soziale Absicherung der Volksgruppe weiterhin zu fördern. Dabei brauche es eine breite Bewegung der gesamten Bevölkerung für höhere Sensibilität bei der Verwendung von Bildern und Sprache.
Es herrsche teilweise nach wie vor Ungewissheit darüber, dass der Begriff „Zigeuner“ mit rassistischen Zuschreibungen verbunden ist, erklärte die Leiterin der Romapastoral der Diözese Eisenstadt, Manuela Horvath. Diese Ungewissheit könne schnell zu Hass gegenüber einer ethnischen Minderheit übergehen, warnte sie. Der Antiziganismus sei in den EU-Mitgliedsländern unterschiedlich stark ausgeprägt, wobei es keine Sanktionen für jene Länder gebe, die keine Maßnahmen dagegen setzen. Die Diskriminierung habe allgemein zwar abgenommen, jedoch hätten beinahe alle der 6 Mio. Roma in der Europäischen Union Erfahrungen damit gemacht. Die junge Generation animierte Horvath, sich für die Belangen der Volksgruppe und die kulturelle Vielfalt einzusetzen.
Die für Volksgruppen zuständige Bundesministerin Susanne Raab zeigte sich erfreut, dass sich das Hohe Haus diesem Anliegen öffne. Sie erinnerte an die brutale Verfolgung im NS-Schreckensregime wie auch an das Roma-Attentat in Oberwart. Die Gedenkkultur habe seither einen besonders hohen Stellenwert, meinte sie. Mit einem Blick nach vorne müsse weiterhin gegen Diskriminierung vorgegangen und gegen Hass und Hetze gekämpft werden. Von Vorurteilen dürfe man sich nicht abschrecken lassen, sondern voneinander lernen, so Raab. Österreich sei bei der Umsetzung der EU-Roma-Strategie vorbildlich, etwa durch die Förderung der Kultur und der Sprachvarianten, die Roma-Dialogplattform sowie die aktive Mitgestaltung der Roma-Zivilgesellschaft. Das Volksgruppenbudget sei kürzlich verdoppelt und die Antiziganismus-Arbeitsdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) angenommen worden. Um die Roma-Inklusion noch weiter voranzutreiben, werde die österreichische Roma-Strategie derzeit wissenschaftlich evaluiert. Neben den nationalen Bemühungen werde sich die Ministerin auch auf europäischer Ebene dafür einsetzen, Bewusstsein für die größte europäische Minderheit zu schaffen.
Die europäische Dimension der gegenwärtigen Romapolitik wurde von Sabine Schweitzer (Zeithistorikerin), Emmerich Gärtner-Horvath (Vorsitzender des Volksgruppenbeirats der Roma), Ursula Till-Tentschert (Stv. Abteilungsleiterin an der EU-Grundrechteagentur) und Usnija Buligovic (THARA Arbeitsmarktprojekt für Roma und Sinti, Volkshilfe) im Zuge einer Podiumsdiskussion thematisiert. Aspekte der gesellschaftlichen Integration, der Bildungsförderung sowie der Chancengleichheit am Arbeitsmarkt wurden ebenso beleuchtet wie die Roma-Strategie der Europäischen Kommission.
Vor genau 50 Jahren fand der erste Welt-Roma-Kongress in London statt, wo die Bezeichnung Roma als Eigenname wie auch die Flagge und Hymne festgelegt wurden. Seit dem Jahr 1990 wird am 8. April der Internationale Tag der Roma begangen. Die Volksgruppe der Roma ist in Österreich seit 1993 anerkannt. (Schluss) fan
HINWEIS: Fotos finden Sie auf der Website des Parlaments. Als Video-on-Demand ist die Veranstaltung in der Mediathek abrufbar.
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