Leitartikel „Neue Pflöcke auf dem „Tiroler Weg““ vom 10. Juni 2021 von Alois Vahrner

Innsbruck (OTS) – Tirols Tourismus soll nach dem Corona-Schock und gestiegenen Widerständen im Land auch neue Schwerpunkte bekommen. Die gewählte Abzweigung ist richtig, jetzt müssen den Ankündigungen aber auch Taten folgen.

Wie wichtig Tirols Tourismus für das Land ist, hat man ausgerechnet in seiner allerschwierigsten Zeit noch deutlicher gesehen: Ganze neun Monate waren Hotellerie und Gastronomie durch Lockdowns und Reisebeschränkungen seit März 2020 lahmgelegt. Ohne Milliarden-Staatshilfen wären auch Tausende Betriebe anderer, vom Tourismus profitierender Branchen mit unzähligen Arbeitsplätzen kollabiert.
Tirols Tourismus ist zweifellos eine große, langjährige Erfolgsgeschichte. Eine, die vorher bettelarmen Tälern wie auch dem ganzen Land Wohlstand gebracht und die Abwanderung der Jungen in die Städte stark abgebremst hat. Jeder dritte Euro, der in Tirol verdient wird, hängt laut Studien direkt oder indirekt vom Tourismus ab. Gerade weil Tirols Tourismus von den Pionieren bis heute so erfolgreich war und ist, wurde genau dieser Tourismus letztlich teilweise auch ein Opfer des eigenen Erfolges. Etwa bei der Tourismusgesinnung in der Bevölkerung, die aus verschiedenen Gründen (von der von vielen so empfundenen Über­erschließung bis hin zu wöchentlichen Staus) in den letzten Jahren weiter abgenommen hat – die Abfuhr bei der Olympia-Volksbefragung vor wenigen Jahren war dafür ein besonders lautes Alarmsignal.
Die hohe Bekanntheit Tirols und die teils unsensiblen und ungeschickten öffentlichen Reaktionen in der Corona-Krise (von der Caus­a Ischgl bis heuer bei den Covid-Mutationen im Bezirk Schwaz) haben die massive internationale Kritik, ob nun teilweise zu Recht oder zu Unrecht, sicher mit befeuert.
Weiter so wie bisher oder den Tourismus neu ausrichten? Das Land und führende Touristiker haben dazu gestern mit der Neuausrichtung des „Tiroler Wegs“ eine differenzierte Antwort gegeben. Der Tourismus soll starke Leitbranche bleiben, aber künftig seinen Kurs adaptieren (müssen). Mit Obergrenzen, mit einem Riegel für Party-Exzesse und Spekulations-Projekte, mit stärkerem Fokus auf Klima, Umwelt, Nachhaltigkeit, auf lokalen Einkauf und die Zufriedenheit der Mitarbeiter. Ein ganz zentraler und überfälliger Punkt ist auch die stärkere Kommunikation und Einbindung der Bevölkerung.
Die gestern verkündeten Ziele werden etlichen immer noch zu wenig ambitioniert sein, anderen gehen sie sicher viel zu weit. Und Brisantes, wie etwa die Gletscherehe Pitztal-Ötztal und anderes, muss erst geklärt werden.
Gefordert ist, wenn das neue Konzept kein Papiertiger werden soll, jedenfalls neben dem Tourismus vor allem auch LH Günther Platter selbst. Mit seinen gestrigen Ansagen und Versprechen hat er sich die Latte nämlich ganz schön hoch gelegt.

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