12. Wiener Gemeinderat: Rechnungsabschluss 2020 (2)

Generaldebatte

Wien (OTS/RK) – StR Dominik Nepp, MA (FPÖ) stimmte dem Wunsch von Finanzstadtrat Peter Hanke zu, in unvorhersehbaren Zeiten flexibel und situationsbedingt reagieren zu müssen. Gerade deshalb könne er nicht verstehen, warum auch er „in das alte SPÖ-System verfällt“ und seine Rede „von Beginn an als Ausrede“ konzipiert habe. Mache Hanke so weiter, werde er „vielleicht so scheitern wie Brauner“ (ehemalige SPÖ-Finanzstadträtin Renate Brauner, Anm.). Brauner habe die Weltwirtschaftskrise vom Jahr 2008 „jedes Jahr zum Anlass genommen, das Missmanagement der SPÖ zu rechtfertigen“, so Nepp. Einen hohen Schuldenstand gebe es schon länger – nicht erst seit der Corona-Krise. Schuld daran seien „hausgemachte Probleme“, verursacht z.B. durch Armutszuwanderung. Die Verschuldung von 11 Milliarden Euro sei ein „historischer Höchststand“, das Nettovermögen belaufe sich auf „minus 21 Milliarden Euro“, dazu kämen Haftungen in der Höhe von 5,3 Milliarden Euro. Dieses Budget „ist eine Katastrophe für die Zukunft Wiens“, meinte Nepp. Jetzt stehe man vor den Folgen des „Lockdowns“, im April seien 180.000 Menschen arbeitslos gewesen, außerdem sei die Stadt mit gesundheitlichen Kollateralschäden konfrontiert. Viele Menschen hätten „aufgrund der Panikmache“ der Bundesregierung auf Vorsorgenuntersuchungen verzichtet, viele Fälle von schwarzem Hautkrebs seien deshalb nicht frühzeitig erkannt worden. Nepp fand, man habe „einzig und allein auf Covid geschaut“, nicht aber auf andere Kranke in der Stadt. Die FPÖ habe zu Anfang der Krise Maßnahmen präsentiert, z.B. den Corona-Tausender für jede/n StaatsbürgerIn; Gebührensenkungen um bis zu 20 Prozent; Bevorzugung von Wiener Unternehmen; Sanierungsoffensive im Bereich der Gemeindebauten.

GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS) sagte, der Ausbruch der Krise habe im vergangenen Jahr „die gesamte Welt vor gewaltige Herausforderungen gestellt“. Einer Gesundheitskrise sei eine Weltwirtschaftskrise gefolgt, die Welt sei folglich in eine Rezession geschlittert. Der Wirtschaftseinbruch in Wien habe vor allem Tourismus, Hotellerie, Gastronomie sowie den Kultur- und Freizeitbereich betroffen. Inmitten dieser Krise habe die Stadt auf „stabilisierende und zukunftsorientierte Maßnahmen“ gesetzt. Besonders wichtig sei das Sicherstellen der medizinischen Versorgung gewesen, dazu habe auch die Wiener Teststrategie einen wesentlichen Beitrag geleistet. Genauso habe die Stadt Wien sich zum Ziel gesetzt, Arbeitsplätze zu sichern, Unternehmen bei Umsatzausfällen unter die Arme zu greifen sowie die öffentlichen Dienste aufrechtzuhalten. Das Budgetvolumen der Stadt habe im Vorjahr 14,9 Milliarden Euro betragen – mit hohen Investitionen und krisenresistenten Schwerpunkten. 31 Prozent seien nachfragewirksame Ausgaben gewesen, rund 50 Prozent seien in Gesundheit (2,5 Milliarden Euro), Soziales (2,2 Milliarden Euro) und Bildung (2,7 Milliarden Euro) geflossen. Die Stadt hätte auch neue Schulden aufnehmen müssen, gleichzeitig seien aber die Rücklagen auf 1,9 Milliarden Euro erhöht worden. Zu kämpfen hätte die Stadt mit Steuerausfällen in der Höhe von 782 Millionen Euro gehabt, die in Kombination mit den coronabedingten Mehrausgaben zum Defizit von 1,1 Milliarden Euro geführt hätten. Die „Fortschrittskoalition“ habe ein 600 Millionen Euro schweres Konjunkturpaket auf den Weg gebracht mit dem Ziel, die Wiener Wirtschaft zu stabilisieren und zu beleben. Mit dem Arbeitsmarktpaket habe man den Fokus auf Junge und ältere ArbeitnehmerInnen gelegt, außerdem sei die überbetriebliche Lehre ausgebaut worden. Auch das Thema Frauen in der Krise habe viel Beachtung im Konjunkturpaket gefunden. Frauen seien während der Pandemie öfter einer Doppelbelastung ausgesetzt gewesen und häufiger von Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit betroffen gewesen. Das Wifo habe für 2021 einen Anstieg der Wiener Wirtschaftsleistung von 1,3 prognostiziert – ein Wert „mit dem man positiv in die Zukunft blicken kann“, so Emmerling.

StR Peter Kraus, BSc (Grüne) sagte, die Grünen würden dem Rechnungsabschluss für das Jahr 2020 zustimmen, weil er eine Phase beschreibe, „in der wir über alle Parteien hinweg zusammengehalten haben“. Gleichzeitig sei aber der Moment gekommen, „um nach vorne zu blicken“. Wien befinde sich „an einer Weggabelung“ und man müsse sich die Frage stellen, wie man aus Krise herauskommt. Kraus war sich sicher, dass es dafür einen „Aufbruch“ brauche. „Einfach so weitermachen, geht sich nicht mehr aus“ – weder beim Verkehr beim Klimaschutz, bei der Gestaltung des öffentlichen Raums oder bei den Zukunftschancen der Jungen. Wien brauche am Beginn der 2020er-Jahre „einen mutigeren Weg“, forderte Kraus. Die Wienerinnen und Wiener wünschten sich „weniger Betonieren und dafür mehr Nachhaltigkeit statt fossiler Großprojekte“. Für ihn, Kraus, müsse es im Jahr 2030 selbstverständlich sein, dass alle Wiener rasch, sicher, günstig und klimaneutral unterwegs sein können. Die Grünen hätten „da viel auf den Weg gebracht“, so Kraus, der etwa die Begegnungszonen oder die 365-Euro-Jahreskarte als Beispiele heranzog. Kraus fragte sich, wo „die Meilensteine der neuen Regierung“ seien. Viele unter grüner Regierungsbeteiligung auf den Weg gebrachte Zukunftsprojekte seien „in den letzten Monaten in den Schubladen des Rathauses verschwunden“, kritisierte er. Gerade vor dem Hintergrund immer häufiger werdender Hitzewellen, brauche es mehr Mut zur Veränderung:
„Es geht darum, die Lebensqualität der Wiener zu retten“, so Kraus. Die rot-pinke Stadtregierung laufe Gefahr, den „Vorsprung der letzten zehn Jahre mit Zubetonieren und fragwürdigen Bildungsreformen zu verspielen“. Kraus kritisierte „Kürzungen“ im Bildungsbereich der Stadt Wien – gerade nach einem „herausfordernden Coronajahr“. NEOS-Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr habe im Zuge der Debatten rund um die Reform der Lehrplanstellen-Verteilung gesagt, es werde Gewinner und Verlierer geben. Kraus aber ist der Meinung: „Bei der Bildung darf es niemals Verlierer geben.“ Insgesamt erwartete sich Kraus für die herausfordernde Zeit nach der Pandemie eine „Weichenstellung für den Klimaschutz und Zukunftschancen“. Er wünschte sich, dass auch die nächsten Generationen sagen können: „Ich wohne in der leiwandsten Stadt der Welt.“

GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP) sagte, es sei nicht im Interesse der Stadt, „alte SPÖ-Methoden weiterzudenken“. Statt alter „SPÖ-Hadern“ wie die Forderung nach Vermögenssteuer und einer Reduktion der Arbeitszeit brauche es laut Wölbitsch Entlastungen und Investitionen. Allein, dafür fehle es an Geld und damit an Spielraum. Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) habe gemeint, der Wiener Haushalt stehe „auf einem solidem Fundament“. Wölbitsch fand jedoch, dass „zehn Milliarden Euro Schulden höchstens eine Deponie sind, auf der die Altlasten seit Jahren nicht entsorgt werden“. Dafür sei „nur SPÖ verantwortlich“. Die ÖVP werde deshalb dem Rechnungsabschluss nicht zustimmen. Die SPÖ habe den „Schuldenrucksack verdoppelt“, weil sie in guten Zeiten keine Schulden abgebaut hätte. Dazu kämen ein mangelhafter Umgang mit den Stadtfinanzen, schlechtes Baumanagement und Misswirtschaft bei Großprojekten. Laut Rechnungshof sei so eine Summe in der Höhe von fünf Milliarden Euro, „fahrlässig versenkt“ worden. Geld, das nun fehle und mit dem man in Wien noch mehr „Coronahilfen“ auf den Weg bringen hätte können, meinte Wölbitsch. Kritik äußerte er an der „Stolz auf Wien“ Beteiligungs-GmbH. Nach wie vor sei nicht bekannt, wie viele Unternehmen in welchem Ausmaß von ihr profitiert hätten. Wölbitsch räumte zwar ein, dass „auch im Bund nicht alles optimal gelaufen sei“. Der Unterschied sei aber, dass die Auszahlung von Hilfen auf Bundesebene „tendenziell besser geworden“ sei. Ferner fehle es an Plänen, mit Steuergeldern künftig effizienter umzugehen. „Niemand“ wolle, dass das Wirtschaftswachstum mit neuen Steuern und Gebühren finanziert werde. Viel mehr brauche es nun Entlastungen für die Wiener Bevölkerung und die Wirtschaft. Notwendig seien eine Gebührenbremse sowie die Abschaffung des Valorisierungsgesetzes, eine Steuerreform u.a. mit dem Ziel, „unnötige symbolische Steuern abzuschaffen“.

GR Mag. Josef Taucher (SPÖ) versicherte, ihm sei es wichtig, die hohe Lebensqualität in Wien zu erhalten und die Stadt für nächste Generationen weiterzuentwickeln. Wesentlicher Eckpfeiler sei hier der Erhalt einer starken Daseinsvorsorge. Dank ihr seien auch in der Krise die U-Bahnen weitergefahren, Strom und Wasser hätten weiter funktioniert und der Müll sei wie üblich entsorgt worden. Die Stadt habe „hervorragend funktioniert“, und zwar nicht „weil wir sie totgespart haben“, sondern weil Wien die Daseinsvorsorge seit Jahrzehnten ausbaue. Die Daseinsvorsorge sei das „Rückgrat für ein sicheres Leben“, so Taucher. Die Oppositionsparteien FPÖ und ÖVP dagegen hätten schon vor der Krise immer wieder Einsparungen – speziell im Gesundheitsbereich – gefordert. Während der Pandemie habe sich gezeigt, wie wichtig dessen Erhalt und Ausbau sei, so Taucher. Die Stadt Wien habe „massiv“ in eine hochqualitative Gesundheitsvorsorge investiert und eine Teststrategie auf die Beine gestellt, die in Österreich ihresgleichen suche. „Wir sind hervorragend durch die Krise gekommen“ und zwar nicht wegen der Bundesregierung, so Taucher, sondern wegen des hervorragenden Krisenmanagements von der Stadtregierung. Taucher wies auch darauf hin, dass die Rathauskoalition „massive Investitionen in den Arbeitsmarkt“ getätigt habe und dabei nicht als „Kapitalistenfresser“ in Erscheinung getreten sei, da sie um die Dichotomie von Arbeitsplätzen und Wirtschaft wisse. Der Forderung der ÖVP nach Steuerreduzierungen hielt Taucher entgegen: „Welches Geld soll wir investieren, wenn wir nichts einnehmen?“ Dass die ÖVP gegen die Reichensteuer sei, sei „klar“. Man sehe, dass die Reichen während der Krise noch reicher geworden seien, während manch andere/r nicht einmal mehr wisse, er oder sie ihre Kinder versorgen solle. „Schämt euch!“, sagte Taucher in Richtung ÖVP. Die Stadt Wien investiere in Krankenhäuser, Schulbau, U-Bahn-Ausbau – alles „für die jetzige und die nächste Generation“. Diese Fortschrittskoalition habe außerdem ein „ambitioniertes Klimaschutzprogramm“ auf den Weg gebracht, das wirkungsvoller sei als es mit dem Ex-Koalitionspartner Grüne „je zusammengebracht wurde“. Das tue den Grünen nun „weh“, schloss Taucher.

GR Maximilian Krauss (FPÖ) fand, es entstehe der Eindruck, die SPÖ sei froh darüber, einen neuen Grund zu haben, um „die Probleme in der Stadt“ zu rechtfertigen. Krauss aber sagte, Verschuldung und Arbeitslosigkeit seien „hausgemacht“. Den Rechnungsabschluss nannte Krauss “über weite Teile lückenhaft“. Zwar habe er Verständnis, dass es „in außergewöhnlichen Zeiten außergewöhnliche Belastungen gebe“ und budgetär man umplanen müsse. Kein Verständnis habe er aber dafür, dass die Regierung Probleme „verschleiern“ wolle. Dadurch würden die „Probleme weder besser noch werden sie gelöst“, so Krauss. Die Verschuldung sei schon vor Corona „so hoch wie noch nie gewesen“ und auch jetzt gebe es wieder Beispiele für Misswirtschaft in der Stadt:
Die Kosten für die neue Event-Arena hätten sich schon vor dem Spatenstich von ursprünglich 250 Millionen Euro auf 740 Millionen Euro verdreifacht. Das sei ein „Paradebeispiel für rote Misswirtschaft“, dafür brauche es Corona nicht, so Krauss. Über 11 Milliarden Euro Gesamtverschuldung und mehr als 5,3 Milliarden Euro an Haftungen: Diese Zahlen seien „nicht erst im Coronajahr entstanden“, sondern „unter roter Alleinregierung oder unter grünem Beitrag“. Auch die rot-pinkte Koalition führe diesen Weg nun fort. Krauss konnte keinen politischen Willen seitens der Regierung nach einem Konsolidierungsplan erkennen. Es werde auch jetzt die „alte Politik der SPÖ fortgesetzt“. (Forts.) sep

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