7. Wiener Landtag (1)

Fragestunde

Wien (OTS/RK) – Die 7. Sitzung des Wiener Landtags in der 21. Legislaturperiode begann heute, Donnerstag, um 9 Uhr mit der Fragestunde.

Die erste Anfrage stellte LAbg. Stefan Berger (FPÖ) an Landeshauptmann Dr. Michael Ludwig (SPÖ) und betraf das Thema Aberkennung der österreichischen Staatsbürgerschaft von mutmaßlichen IS-Kämpfern. Etwa 300 österreichische Staatsbürger hätten sich laut Berger der Terrormiliz angeschlossen, 100 von ihnen seien nach Österreich zurückgekehrt, viele von ihnen lebten in Wien. Ludwig habe gesagt, wer sich einer Terrororganisation anschließt, habe sein Recht auf die österreichische Staatsbürgerschaft verwirkt, so Berger. Die für Einbürgerungen zuständige MA 35 habe bislang aber nur 17 Verfahren dieser Art eingeleitet. Berger wollte wissen, warum das nicht auch in den übrigen Fällen passiere.

Vor der Beantwortung der Anfrage nahm Ludwig auf eine Greenpeace-Aktion beim Wiener Rathaus Bezug, die sich unmittelbar vor Beginn des Wiener Landtages ereignete: Als Bürgermeister und Landeshauptmann sei er, Ludwig, dazu verpflichtet, sich nicht unter Druck setzen zu lassen – weder von Parteien noch von Medien oder „Aktivitäten auf der Straße“. Er wolle gewährleisten, dass politische Entscheidungen auch in Zukunft anhand der Ausübung des freien Mandats getroffen werden. Aus diesem Grund wolle Ludwig nun die Sicherheitsvorkehrungen verstärken. Er bedauere das zwar, weil das Wiener Rathaus nicht nur ein Ort der Verwaltung und Politik sei, sondern auch einer, wo „vor Corona“ mehrere Tausend Veranstaltungen abgehalten worden seien. Es müsse aber sichergestellt sein, dass die Gemeinderatsmitglieder und Landtagsabgeordneten von politischem Druck unbeeinflusst bleiben. „Man sollte sich gut überlegen, ob man diese Offenheit durch Aktivitäten gefährdet“, so Ludwig.

Die Anfrage von Gemeinderat Berger beantwortete Ludwig wie folgt:
Er betonte, dass es sich hierbei um „schwierige und komplexe Verfahren“ handle, die nur dann eingeleitet werden könnten, wenn ein entsprechender Sachverhalt vorliege. Die MA 35 befinde sich dazu in einem engen Dialog mit den sicherheitspolizeilichen Organisationen, insbesondere dem Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Die MA 35 habe bisher 17 Entziehungsverfahren eingeleitet, in neun Fällen sei die österreichische Staatsbürgerschaft rechtskräftig entzogen, in zwei Fällen seien Beschwerdeverfahren gegen die Entziehung beim Verwaltungsgericht anhängig. Ein Fall sei vom Gericht aufgehoben und ein weiterer wegen Minderjährigkeit eingestellt worden. Vier der 17 Fälle seien noch „im Laufen“, so Ludwig. Die MA 35 habe von anderen Behörden 95 potenzielle Fälle mit IS-Zusammenhang mitgeteilt bekommen, abgesehen von den erwähnten 17 habe eine erste Prüfung aber keine Grundlage für ein Entziehungsverfahren ergeben. Als Gründe dafür nannte Ludwig z.B., dass erst gar keine österreichische Staatsbürgerschaft vorlag bzw. keine Doppelstaatsbürgerschaft, die für einen Entzug Voraussetzung sei. Oft mangele es auch an Beweisen, dass „tatsächlich an Kampfhandlungen teilgenommen“ wurde. Andere Fälle wiederum fielen in die Zuständigkeit anderer Bundesländer. Die MA 35 sei generell „stark an österreichische und internationale Rechtsgrundlagen gebunden“, Ludwigs Wunsch sei es jedenfalls, „in allen Fällen, wo es möglich ist, die Staatsbürgerschaft abzuerkennen.“

Die zweite Anfrage kam von LAbg. DI Martin Margulies (Grüne) und richtete sich an Finanzstadtrat KR Peter Hanke (SPÖ). Margulies fragte: „Wird eine deutliche Erhöhung der Dienstposten von Landeslehrer*innen im Zuge der anstehenden Finanzausgleichsverhandlungen zwischen Land Wien und Bund eingefordert werden?“ Hanke betonte eingangs, dass es ihm „sehr wichtig“ sei, den Finanzausgleich um zwei weitere Jahre zu verlängern. Diese Initiative gehe von Wien aus und werde von allen Bundesländern mitgetragen. Er nämlich glaube, dass das „Covid-Thema, das uns in den letzten Monaten massiv gefordert hat“, auch in den nächsten Monaten noch bestehen bleiben werde. „Natürlich“ sei Bildung das Thema, „für das wir hier alle brennen“, gerade deshalb sei es so wichtig, ein Zeichen zu setzen. Kurz gesagt: Ja, er, Hanke, werde sich dafür einsetzen, dass die Anpassung der Verhältniszahlen an die tatsächlichen Erfordernisse vehement eingefordert werden.

In der dritten Anfrage thematisierte LAbg. DI Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP) die Verankerung des Welterbebegriffs in den Zielen der Stadtplanung. Konkret sprach sie den Entwurf des Managementplans für das historische Zentrum von Wien an, der noch weitere rechtliche Anpassungen der Wiener Bauordnung vorsehe. Von der für Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung zuständigen Stadträtin Kathrin Gaál wollte Olischar wissen, wann dem Wiener Landtag ein Gesetzesentwurf vorgelegt werde, mit dem diese Vorhaben in der Wiener Bauordnung implementiert werden. In Vertretung für Stadträtin Gaal beantwortete Planungsstadträtin Mag. Ulli Sima (SPÖ) die Anfrage. Sima sagte, die Frage erwecke den Eindruck, dass das Weltkulturerbe in der Wiener Bauordnung bisher „keine Berücksichtigung“ gefunden habe. Das treffe aber nicht zu, denn es seien schon jetzt einige entsprechende Punkte verankert. Zum Beispiel gebe es eine Gewährleistung des Bestandes von Gebieten, die wegen ihres Stadtbildes erhaltungswürdig sind. Außerdem werde die Welterbekonvention bei der Ausarbeitung von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen berücksichtigt. Darüber hinaus könnten sogenannte „Schutzzonen“ ausgewiesen werden, von den Bezirken werde dieses Instrument schon „oft in Anspruch genommen“, so Sima. Ein weiterer Paragraf normiere, dass die Errichtung von Bauwerken und deren Änderung nur zulässig sei, wenn das mit dem Bebauungsplan beabsichtigte Stadtbild weder gestört noch beeinträchtig werde. Das gelte besonders im Nahebereich von Schutzzonen, erklärte Sima. Der von Olischar angesprochene Managementplan befinde sich derzeit in „Verhandlungen“, geplant seien weitere Gesprächsrunden mit sämtlichen Parteien. Ziel sei, ihn noch heuer „mit breitem Konsens“ im Gemeinderat einzubringen und zu beschließen.

In der vierten Anfrage wollte LAbg. Mag. Patrick Gasselich (ÖVP) von Landeshauptmann Dr. Michael Ludwig wissen, wann mit der Umsetzung der angekündigten eigenständigen Reform des Interpellationsrechts in Wien gerechnet werden könne. Ludwig erinnerte, dass das Land Wien bei der Schaffung von Interpellationsrechten an die bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben gebunden sei. Der Landesgesetzgeber könne kein dem Inhalt des entsprechenden Artikels 52 der Bundesverfassung widersprechendes und weitergehendes Interpellationsrecht vorsehen, als es dem Ingerenzprinzip entspreche. Das Land Wien habe dieses Ingerenzprinzip in der Wiener Stadtverfaassung „implizit und deutlich übernommen“. Über Änderungen könne daher nur der Bundesgesetzgeber verfügen. Der rechtliche Rahmen sei „diffizil“, Änderungen an den Bestimmungen der Wiener Stadtverfassungen bedürfen daher einer sorgfältigen Prüfung.

Die fünfte Anfrage stellte LAbg. David Ellensohn (Grüne) an Transparenz-Stadtrat Christoph Wiederkehr, MA (NEOS). Ellensohn fragte, ob Wiederkehr im Bereich der Landesverwaltung für mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit bei behördlich eingeholten Gutachten sorgen wolle. Wiederkehr sagte, er sei „stolz“ auf die Transparenzinitiative der drei Parteien SPÖ, NEOS und Grüne, die in der heutigen Landtagssitzung beschlossen werden soll, und „froh“ darüber, dass die Transparenz in der Stadt in den ersten zehn Monaten der Regierungskoalition dank zahlreicher Initiativen vorankomme. So sei eine Whistleblower-Plattform der Stadt eingerichtet worden, diese habe sich als sehr nützlich erwiesen, um Missstände effektiv beseitigen zu können. Das momentan gültige Amtsgeheimnis stelle oft einen Hinderungsgrund dar, um gewisse Informationen zu veröffentlichen, sagte Wiederkehr. Es fehle an einem Informationsfreiheitsgesetz durch den Bund, denn durch das Fehlen wären auch die Möglichkeiten der Stadt Wien eingeschränkt. Sollte das Bundesgesetz in nächster Zukunft nicht kommen, werde Wien „eigene Schritte“ gehen. Sein Ziel sei es, Studien und Gutachten, die als Grundlage für Entscheidungen dienen, der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen.

(Forts.) sep/nic

PID-Rathauskorrespondenz
Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien (MA 53)
Stadtredaktion, Diensthabende/r Redakteur/in
01 4000-81081
dr@ma53.wien.gv.at
www.wien.gv.at/presse

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender