TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Schluss mit, bla, bla bla“, von Nina Werlberger

Ausgabe vom Mittwoch, 3. November 2021

Innsbruck (OTS) – Die Weltklimakonferenz in Glasgow hat mit dramatischen Appellen begonnen. Jetzt müssen die Regierenden liefern, ein für alle Mal. Die Dramatik der Klimakrise lässt ihnen nur eine einzige Option: Handeln, sofort.

Wir schaufeln uns unser eigenes Grab. Mit diesen düsteren Worten hat António Guterres die Staats- und Regierungschefs bei der Weltklimakonferenz in Glasgow auf einen verschärften Klimakampf eingeschworen. Die Mächtigen reagierten routiniert mit emotionalen Appellen und feierlich-betroffenen Gesichtern auf den Appell des UN-Generalsekretärs. Fast klang es da so, als stehe der Klimaschutz konsequent ganz oben auf der Prioritätenliste der Regierungen weltweit.
Tatsächlich hat die Menschheit aber ihr eigenes Grab längst ausgehoben. Die Erde hat sich im Vergleich zur Zeit vor der Industrialisierung schon jetzt um etwa 1,1 Grad aufgeheizt. Überschwemmungen, Hitzewellen, Dürren, schmelzende Gletscher und Pole sind längst Realität. In Paris hatte sich die Staatengemeinschaft vor sechs Jahren darauf geeinigt, die Erderwärmung auf maximal zwei Grad, besser 1,5 Grad, zu begrenzen. Doch alle zugesagten Anstrengungen der Staaten reichen bei Weitem nicht aus. Schlimmer noch: Die Erde erwärmt sich noch schneller als befürchtet. Die Treibhausgas-Emissionen werden bis 2030 sogar nochmal um ein Sechstel ansteigen, wenn nicht sofort und radikal gegen­gesteuert wird. Ja, wenn.
Die Gipfelteilnehmer müssen jetzt liefern. Begonnen hat das Treffen in Schottland jedoch unter keinen guten Vorzeichen. Die führenden Wirtschaftsnationen haben es auf ihrem G20-Gipfel in Rom verabsäumt, sich auf konkrete Daten für den Ausstieg aus der Kohle oder die Kohlendioxidneutralität zu einigen. Die größten Klimaverschmutzer bleiben einmal mehr vage. In den kommenden zwei Wochen sollen nun die Verhandle­r der Länder die schmerzhaften Details aushandeln.
Herauskommen muss ein Ergebnis, das es möglich macht, die galoppierende Erderwärmung noch einzufangen. Experten wie Georg Kaser, heimischer Klimaforscher und Weltklimarat-Mitglied, drängen darauf, dass die Emissionen auf der ganzen Welt innerhalb von zehn bis 15 Jahren auf null gesenkt werden. Die gute Botschaft dabei:
Möglich ist das noch. Aber dafür sind viel ambitioniertere Strategien notwendig. Es wird nicht ohne radikale Einschnitte ablaufen – ja, und auch nicht ohne Verzicht. Technologische Innovationen allein werden die Probleme nicht lösen.
Um es angelehnt an Greta Thunbergs legendäre Rede zu sagen: Es muss Schluss sein mit bla, bla, bla. Es muss jetzt gelingen, die Grube zumindest so weit
wieder zuzuschütten, dass der Planet bewohnbar bleibt. Handeln ist die einzige Optio­n. Jetzt, sofort.

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