TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Das etwas andere Wahlkampf-Budget“, Ausgabe vom 9. November 2021 von Peter Nindler.

Innsbruck (OTS) – Wahlzuckerln wird es im Tiroler Doppelbudget 2022/2023 keine geben, vielmehr sollen die Schulden unter einer Milliarde bleiben. Trotz der Rekord-Schuldenlast wird Schwarz-Grün um Stabilität bemüht sein. Schon allein wegen der Landtagswahl 2023.

Für Landeshauptmann und Finanz­referent Günther Platter (VP) ist die Situation nicht neu: Auch in den ersten Jahren seiner Amtszeit zwischen 2008 und 2011 war er wegen der Finanz- und Wirtschaftskrise mit einer davongaloppierenden Neuverschuldung konfrontiert. Ab 2012 bilanzierte das Land dann wieder ausgeglichen, der Schuldenstand pendelte sich bei rund 250 Millionen Euro ein. Tirol gilt deshalb als finanzielles Muster-Bundesland, das im Budget nicht tricksen und keine Schulden auslagern musste. Und das Familiensilber von Hypo Tirol Bank, der Wohnbauförderung oder des Landesenergieversorgers Tiwag eisern zusammenhält.
Doch die Corona-Krise stellt alles in den Schatten: Im Doppelbudget 2022/2023 geht es schlichtweg darum, die Schulden unter eine Milliarde Euro zu drücken. Trotzdem soll die schwarz-grüne Landesregierung zugleich investieren und abfedern, den Sozial- und Gesundheitsbereich stabil halten und bei den Ausgaben die Zügel fester anziehen. Die erste Etappe der ökosozialen Steuerreform macht es für die Länder nicht einfacher, weil die Einnahmen aus den Bundessteuern weniger werden. Dazu fehlen noch rund 100 Millionen Euro für die Tiroler Spitäler. Das Land hat ihre Corona-bedingten Ausfälle vorerst kompensiert, wartet aber immer noch auf Geld aus Wien. Die Krankenhausmilliarde ist zwar ein Versprechen, sie liegt freilich nach wie vor auf der langen Bank. Auszahlungstermin ungewiss.
Platter wird sich dennoch keine Blöße geben und die Schulden-Milliarde wohl unterschreiten. Zumindest in dieser Hinsicht könnte es ein Wahlkampfbudget sein, schließlich stehen Anfang 2023 planmäßig die nächsten Landtagswahlen an. Vielleicht schon früher. Für Wahlzuckerln im herkömmlichen Sinn hat Schwarz-Grün diesmal keinen Handlungsspielraum, die Koalition kann lediglich ein Stabilitätsversprechen abgeben. Entlang dieser politischen Absicht dürften ÖVP und Grüne in den Wahlkampf ziehen: Stabilität in schwierigen Zeiten.
Im Budget-Landtag im Dezember wird deshalb schon Wahlstimmung spürbar sein, denn der Landeshaushalt symbolisiert schließlich die in Zahlen gegossene Politik. Corona hin oder her: Eine Schuldenlast in Rekordhöhe macht stets politisch angreifbar, SPÖ, FPÖ, Liste Fritz und NEOS müssen aus ihrem Selbstverständnis heraus das Budget einfach ablehnen. So sind nun einmal die Spielregeln zwischen Regierung und Opposition. Am Doppelbudget könnte sich die nächste Phase eines langen Landtagswahlkampfs entzünden. Begonnen hat er schon im Vorjahr mit Ischgl und dem Corona-Krisen­management der Regierung.

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