Medienberichte über „schmutzige Geschäfte“ in der Steiermark

Unabhängige Prüfung von Genehmigungsverfahren für Windparkprojekte in Niederösterreich gefordert

Waldviertel (OTS) – Politisch und wirtschaftlich gewollte Großprojekte wie Windkraftanlagen gegen Widerstand durchzusetzen und sich dabei möglicherweise unlauterer Methoden in Scheinverfahren zu bedienen – wie die Kronen Zeitung und andere Medien aus der Steiermark berichteten – stellt für Naturschützer keine Überraschung dar.

Wie die Umweltorganisation Pro Thayatal und mehrere Bürgerinitiativen aus dem Waldviertel berichten, ist auch in Niederösterreich im Wesentlichen nur ein einziges Planungsbüro für die Raumordnung tätig; seit Jahren werden von den verschiedenen Projektwerbern in NÖ immer dieselben zwei „Gutachter“ für den Naturschutz herangezogen, beide keine gerichtlich beeideten Sachverständigen sondern Privatunternehmer mit Biologie-Hintergrund. Die „Gutachten“ fallen immer im Interesse der Projektwerber aus und werden bei Beschwerdeverfahren vom zweiten „Gutachter“ bestätigt, der von den Behörden und dem Landes- und Bundesverwaltungsgericht meist als nichtamtlicher Sachverständiger herangezogen wird. Anderslautende Fachexpertisen im Rahmen von Gegengutachten seitens der Umweltorganisationen werden als „nicht auf gleicher fachlicher Ebene“ vom Tisch gewischt oder die mögliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und der Vogelwelt als „unbedenklich“ oder „unerheblich“ bezeichnet. Für Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen entsteht das Bild von längst entschiedenen Scheinverfahren, die in der Öffentlichkeit seitens der Projektwerber und der Politiker aber als „außergewöhnlich strenge Prüfung der Gegebenheiten“ dargestellt werden.

Derzeit aktuelle Verfahren, die die genannten Charakteristika aufweisen, sind laut Pro Thayatal und vor Ort tätigen Bürgerinitiativen die Windkraft-Projekte Grafenschlag II und Japons. Beim Verfahren Grafenschlag II mit 200 m hohen Windrädern hat der für die Projektentwicklung und Projektleitung zuständige Mitarbeiter der Betreiberin selbst die naturschutzrechtlichen Unterlagen zur Genehmigung der Netzanbindung erstellt – zu welchem Schluss er gekommen ist, dürfte damit niemanden überraschen. Überraschend ist aber laut Dr. Manfred Maier, Obmann von Pro Thayatal, dass die Bescheid-ausstellende Behörde in Zwettl hier keinen Interessenskonflikt sieht. Nachdem der in unmittelbarer Nähe zu den geplanten Windrädern lebende und brütende Schwarzstorch zuerst „übersehen“ und dann im Frühjahr dieses Jahres durch den Baubeginn vertrieben wurde, wird weitergebaut, obwohl das Verfahren über die Verkabelung des Windparks und damit über die Ableitung des produzierten Stroms noch gar nicht abgeschlossen ist. Dr. Manfred Maier: „Auf andere streng geschützte Vögel in der Region wie Seeadler oder Weihen und deren Lebensraum wird beim Bau überhaupt keine Rücksicht genommen, obwohl in den Gegengutachten darauf hingewiesen wird.“

Beim Projekt in Japons liegt laut mehreren Fachexpertisen in den Gegengutachten der Umweltorganisation ein „faktisches Vogelschutzgebiet“ für die streng geschützte Wiesenweihe vor. Trotzdem ist das Landesverwaltungsgericht NÖ dem „Gutachten“ der Projektwerber gefolgt, welches vom zweiten in NÖ tätigen nichtamtlichen Sachverständigen bestätigt wurde. Diese immer wiederkehrende Konstellation und „Zusammenarbeit“ derselben „Gutachter“ weckt für die involvierten Bürgerinitiativen den Verdacht der Kartell-Bildung. Die involvierten Behörden finden das offensichtlich in Ordnung.

Die Umweltorganisationen und Bürgerinitiativen beobachten deshalb aufmerksam, welche Ergebnisse die in der Steiermark laufenden Ermittlungen der WKStA bringen werden. Sie sind beunruhigt, weil ihrer Erfahrung nach auch bei den UVP- und Naturschutzverfahren in NÖ nicht korrekt vorgegangen wird und die Europäischen Rechtsnormen für den Natur- und Landschaftsschutz und für die Beteiligung von Umweltorganisationen permanent missachtet werden. Die Umweltorganisation Pro Thayatal fordert deshalb von der Landesregierung eine unabhängige Prüfung der Genehmigungsverfahren mehrerer Windparkprojekte in NÖ und die obligate Bestellung von unabhängigen Gutachtern, um ähnlichen Vorwürfen wie in der Steiermark vorzubeugen.

Dr. Manfred Maier, Umweltorganisation Pro Thayatal
manfred.maier@meduniwien.ac.at, Tel 06643081884

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