16. Wiener Gemeinderat (13)

Beratung der Geschäftsgruppe Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen; Wirtschaftsplan „Stadt Wien – Wiener Wohnen“ für 2022

Wien (OTS/RK) – Nach der Unterbrechung gestern Abend wurde heute die Debatte zum Doppelbudget 2022 und 2023 um 9 Uhr im Gemeinderat fortgesetzt.

GR Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ) sagte, dass das Thema Wohnen und Wohnbau wohl für jede Kommune von zentraler Bedeutung sei, der stetig anhaltende Zuzug nach Wien würde dafür sorgen. Deshalb stehe die Verfügungsstellung und Verwaltung von Wohnraum nach seiner Meinung im Mittelpunkt des kommunalen Interesses. Das städtische Unternehmen Wiener Wohnen verwalte die knapp 220.000 Gemeindewohnungen, die wohl von allen als wesentliches Asset in der Wohnbaupolitik anerkannt seien. Wichtig wäre es in diesem Bereich „genau“ zu arbeiten, doch da gebe es „Probleme“. Gemeindebauten seien ein Erfolgsmodell, deshalb sei es nicht verständlich, dass so lange auf dem Gebiet des Neubaus nichts geschehen sei. Im Jahr 2015 gab es die Ankündigung, bis 2020 mehr als 4.000 Gemeindebauten Neu auf den Weg zu bringen. Bisher seien davon aber erst knapp 300 Wohnungen umgesetzt und übergeben worden – „von 4.000 Wohnungen sind wir also weit entfernt“. Selbst wenn man die geplanten Einheiten bis 2026 einrechnen würde, bliebe es bei 2.224 Gemeindewohnungen. „Hier sollte man wesentlich mehr Schwerpunkte ansetzen und schneller und intensiver an der Umsetzung arbeiten.“ Auch beim Erhalt von bestehenden Gemeindebauten sieht Kowarik Probleme; der von Wiener Wohnen selbst auferlegte Sanierungszyklus von 7.300 im Jahr sei nur einmal erreicht worden, derzeit betrage der Sanierungszyklus 67 Jahre, was auch vom Stadtrechnungshof kritisiert worden sei. „Erstaunen“ hätten die 53 Korruptionsanklagen hervorgerufen, die im September bekannt geworden seien, davon seien 45 Angestellte von Wiener Wohnen betroffen. Bei der Aufsicht über die Wohnbauträger durch die MA 50 habe man „herumgeeiert“, selbst die Causa Commerzialbank Mattersburg habe keine Sonderprüfung ausgelöst, sondern es sei lediglich auf die normale Prüfung verwiesen worden. Die Inseratenpolitik der Stadt bezeichnete Kowarik als „bezeichnend“, selbst ein Höchstgericht sei erfolglos bemüht worden, um Transparenz in diesem Bereich zu verhindern. „Das sollte im 21. Jahrhundert nicht mehr vorkommen, das ist eigentlich peinlich“, sagte Kowarik. Er brachte vier Anträge ein, die sich mit der Wohnhausanlage Ottilie-Bondy-Promenade in Floridsdorf, dem Napoleonwald in Hietzing, dem Montecuccoli-Platz in Hietzing und der rechtskonformen Handhabung des Wohnregistergesetzes befassen.

GRin Dipl.-Ing. Selma Arapovic (NEOS) stellte fest, dass Wien wachsen würde, bereits im Jahr 2023 werde Wien zur Zwei-Millionen-Stadt. Um diese Veränderung zu bewältigen, brauche es neue Wohnungen, die mit erneuerbaren Energien ausgestattet werden. Die drei „K“ – Klimaschutz, Klimawandelanpassung und Kreislaufwirtschaft – sollen für die klimaneutrale Stadt im Jahr 2040 sorgen, sagte Arapovic. Um die Resilienz der Stadt, der Bezirke und der Grätzel zu steigern, seien auch „analoge und digitale Strukturen“, etwa ein generationenübergreifendes Wohnen, zu schaffen. Die 400.000 Wohnungen in Wien, die immer noch mit Gas heizen, sollen bis 2040 – „eine sehr sportliche Herausforderung“ – mit Fernwärme oder mit Energie aus Wärmepumpen versorgt werden. Durch die Novelle der Sanierungsförderung werde der Tausch von Heizungssystem noch stärker gefördert und erstmals die Erstellung eines Sanierungskonzepts gefördert. Die „Hauskunft“ sei die neue kostenfreie Servicestelle für alle Häuser der Zukunft in der Stadt. Auch große Grätzel-Sanierungsprojekte wie etwa in Inner-Favoriten, wo es einen hohen Erneuerungsbedarf gebe, sollen für bessere Aufenthaltsqualität und damit der Bildung gelebter Nachbarschaft sorgen.

GR Georg Prack, BA (GRÜNE) sagte, der hohe Anteil an Gemeindewohnungen und geförderter Wohnungen in Wien wirke preisstabilisierend auf Mieten, ebenso wie die Wohnbauförderung der Stadt, was von den Grünen auch unterstützt werde. „Nicht zufrieden“ zeigte sich Prack aber mit dem in seinen Augen mangelndem Fortschritt beim Gemeindebau Neu, „erhöhen Sie hier das Tempo“. Die Sanierung des Gebäudebestands sei vielleicht die größte Herausforderung auf dem Weg zur Klimaneutralität 2040, doch mit den vorliegenden Plänen von Wiener Wohne könne dieses Ziel „sicher nicht“ erreicht werden – „das ist unterlassene Hilfeleistung“. Die Sanierungsquote von 7.300 Wohnungen pro Jahre sei dafür viel zu gering, die öffentliche Hand müsse massiver als Nachfragerin für Produkte und Dienstleistungen in diesem Sektor auftreten und das Feld nicht den privaten Bauträger überlassen. Durch thermische Sanierung könnte die gerade stark steigenden Kosten für fossile Brennstoffe einbremsen, denn „die beste Energie ist nicht die erneuerbare Energie, sondern die Energie, die wir nicht verbrauchen“, so Prack, „denn wir können entscheiden, ob das Geld zur russischen Oligarchen oder zu österreichischen Unternehmen, die die Klimakrise bekämpfen, fließt“. Prack brachte einen Antrag ein, der die zuständige Stadträtin auffordert, einen konkreten Plan für die Klimaneutralität von Wiener Wohnen vorzulegen. Eine Leerstandsabgabe in Wien könne rund 50 Millionen Euro in die Kasse von Wiener Wohnen spülen, selbst bei niedrigen Abgabe wie in Tirol, auch dazu brachte er einen Antrag ein. „Geben Sie sich einen Ruck und sorgen Sie dafür, dass Wien in Sachen Wohnen auch im 21. Jahrhundert vorangeht“, appellierte Prack in Richtung der beiden Regierungsparteien.

GR Dr. Peter Sittler (ÖVP) blickte auf das Budget der Wohnbauförderung von 770 Millionen im Jahr 2021, „doch das ist nur die halbe Wahrheit, denn diese Höhe wird durch einen Einmaleffekt einer Anleihenrückzahlung erreicht.“ 2022 würde dieser Teil des Budgets wieder auf dem Niveau von 2020 liegen, also etwa bei 452 Millionen Euro. Das „günstige und leistbare“ Wohnen im Gemeindebau im Vergleich zu anderen Ländern oder dem privaten Bereich werde durch die jährliche Erhöhung der Gebühren erschwert. Die Einkommensgrenzen für den Bezug einer Wohnung im Gemeindebau betrage für eine Person netto 3.410 Euro, 97 Prozent der Menschen würden weniger verdienen. „Doch selbst wenn wer darüber liegt, wird das nicht überprüft. Besserverdiener zu fördern kann nicht Aufgabe der Stadt sein“, sagte Sittler, der einen Antrag einbrachte, dass Mieterinnen und Mieter alle fünf Jahre einen Gehaltszettel vorlegen müssten und im Fall der Überschreitung der Grenze einen Solidaritätsbeitrag leisten sollten. Sittler kritisierte die Tatsache, dass seit 2018 Betriebskosten bei Wiener Wohnen nur „exemplarisch und unvollständig“ aufgeführt werden, „wo ist hier die Transparenz der Fortschrittskoalition, zu der sich die beiden Koalitionsparteien in ihrem Koalitionsprogramm bekannt haben?“, fragte Sittler. Dazu brachte er den Antrag ein, die Betriebskosten von Wohnhausanlagen umfassend und transparent bekannt zu geben. „Bekennen Sie sich zur Transparenz. Oder wie Meister Yoda in Star Wars sagen würde: Tu es oder tu es nicht, es gibt kein Versuchen.“ Eine Studie der Arbeiterkammer Wien würde zeigen, dass in den bereits bestehenden Wohnbauten der Stadt durch „Nachverdichtung und Dachgeschossaufstockung“ 130.000 zusätzliche Wohnungen geschaffen werden können. Doch die Stadt Wien bliebe in dieser Sache untätig, obwohl bei Aufstockungen und Nachverdichtung die Grundstückskosten entfallen und dadurch das Wohnen günstiger werden würde.

GR Mag. Marcus Schober (SPÖ) betonte, dass die gesetzliche Einführung einer Leerstandsabgabe Bundessache sei und deshalb die Stadt Wien nicht tätig werden könne. Die vielfältigen Investitionen in die Daseinsvorsorge wie etwa im Bereich Wohnen würden Wien trotz der Pandemie lebenswert machen, denn die Metropole Wien betreibe eine „vorausschauende Politik“. Wohnraum werde in Wien ständig weiterentwickelt, derzeit würden sich rund 24.000 neue Wohnungen in Bau oder Planung befinden, die mit 900 Millionen Euro gefördert seien. Es brauche „mutige Entscheidungen“, damit das Wohnen in Wien günstig bleibe. Solche Entscheidungen seien die Einführung der Flächenwidmungskategorie „geförderter Wohnbau“ seit dem März 2019 oder die verstärkte Vergabe von Baurechte. Neue Wohnungen würden für alle geschaffen, für Junge oder Alleinerziehende oder die ältere Generation. Beim Thema Wohnen sei aber nicht nur das Tempo bei der Errichtung von neuen Wohnungen wichtig, sondern auch Erhalt der bestehenden Wohnungen, etwa mit der Förderung für innovative Heizungsanlagen, um damit weg von den fossilen Brennstoffen zu kommen und die Energiewende 2040 zu schaffen. Durch den „geschickten Mix“ an geförderten Sanierungen im Wohnbereich seien in den letzten 36 Jahren bereits 385.000 Tonnen CO2 eingespart worden. „Das ist keine Bla-bla-bla-Politik, wie von den Grünen kritisiert, sondern realer Klimaschutz.“ Das „Erfolgsprojekt Wiener Wohnen“ ginge mit der Weiterführung des Baus von Gemeindebauten weiter, „und ich bin froh, dass Opposition sich dazu bekennt“. 2021 seien 325 Wohnhausanlagen in Sanierung, gefördert mit 183 Millionen Euro. 4.480 neue Wohnungen seien aktuell fertiggestellt oder in Umsetzung, Schober zeigte sich „sehr zuversichtlich, dass bis 2025 1.500 weitere Wohneinheiten auf den Weg gebracht werden“. „Die Wohnungen müssen auch vor illegaler Weitervermietung geschützt werden, das haben wir vor Gericht erfolgreich erstritten“, sagte Schober anspielend auf ein vom Oberlandesgericht Wien bestätigtes Urteil gegen die Plattform Airbnb. Der Klimaschutz stehe bei Wiener Wohnen „hoch im Kurs“, ebenso wie der Grünraum: „Es gibt eine Million Sträucher und 68.000 Bäume im Bereich von Wiener Wohnen, also man sieht, das ist ein sehr grünes Wohnen“, sagte Schober. In der Pandemie sei auch die Beratungsfunktion der Stadt „sehr wichtig“, so seien zum Beispiel mehr als 350.000 Beratungen durch den Service der Wohnberatung erfolgt. (Forts.) nic

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